Revision eingelegt (BFH IV R 13/23)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG bei Ausübung steuerlicher Wahlrechte - degressive AfA, Sonderabschreibungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine modellhafte Gestaltung im Sinne des § 15b EStG liegt vor, wenn eine von einem Anbieter/Initiator abstrakt entwickelte Investitionskonzeption für Interessierte am Markt zur Verfügung steht, auf die der Investor/Anleger "nur" noch zugreifen muss, nicht hingegen, wenn der Investor/Anleger eine von ihm selbst oder dem in seinem Auftrag - nicht aber im Auftrag eines Anbieters/Initiators - tätigen Berater entwickelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition umsetzt (vgl. BFH-Urteil VIII R 7/13 vom 17.01.2017).

2. Ein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b EStG kann auch vorliegen, wenn die prognostizierten Verluste durch die Ausübung steuerlicher Wahlrechte (degressive AfA, Sonderabschreibungen) generiert werden.

3. Für die Anwendung des § 15b EStG ist nicht Voraussetzung, dass es sich um eine betriebswirtschaftlich nicht oder wenig sinnvolle Investition handelt.

4. "Anfangsphase" i.S.d. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG ist der Zeitraum, in dem nach dem zugrundeliegenden Konzept nicht nachhaltig positive Einkünfte erzielt werden. Sie ist damit im Regelfall identisch mit der Verlustphase, während der Abschluss der Investitionsphase zur Bestimmung der Anfangsphase ohne Bedeutung ist; die Anfangsphase endet, wenn nach der Prognoserechnung des Konzepts ab einem bestimmten Veranlagungszeitraum dauerhaft und nachhaltig positive Einkünfte erzielt werden (vgl. BFH IV R 59/10 vom 06.02.2014).

5. Liegen im ersten Jahr der Beteiligung die Voraussetzungen eines Steuerstundungsmodells i.S.d. § 15b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG vor, so gilt dies denklogisch grundsätzlich, d.h. ohne nachträgliche Änderung des Modellkonzepts, auch für die Folgezeit der Beteiligung des einzelnen Anlegers (vgl. BFH IV R 7/16 vom 06.06.2019).

 

Normenkette

EStG § 15b Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig ist, ob - insbesondere in Bezug auf die Beigeladene - die Voraussetzungen des § 15b Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegen.

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 22.12.2011 in Form einer GmbH & Co KG gegründet und unter HRA XXXX ins Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb von Windkraftanlagen. Den Gewinn ermittelt sie nach § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG durch Betriebsvermögensvergleich.

Zum Gründungszeitpunkt waren Komplementärin die C-GmbH, Kommanditistin die B GmbH & Co. KG (im Folgenden "Beteiligungs-KG"), die Beigeladene, jeweils vertreten durch den Geschäftsführer D. Gezeichnetes Kapital zum 31.12.2011: xxx €. Die Komplementärin ist an Gewinn und Verlust der Klägerin nicht beteiligt.

Um weitere Kommanditisten zu werben, legte die Klägerin im Februar 2012 einen x-seitigen Emissionsprospekt auf. Die bis zu zwanzig potentiellen Anleger sollten sich als Kommanditisten an einem geschlossenen Fonds beteiligen, der das gesammelte Kapital "als Eigenkapital in der Gesellschaft zur Finanzierung des Kraftwerks X des Windparks Ort 1" einlegen würde. Die Mindestbeteiligung betrug xxx €. Eine Erhöhung war in Schritten zu xxx € möglich. Dem Anleger stand es frei, seine Beteiligung "durch einen Kredit oder auf einem anderen Wege fremd zu finanzieren" (S. x Prospekt). Die Laufzeit der Beteiligung sollte unbefristet sein (Prognoselaufzeit bis 31.12.2037). Die Anteile waren zum Ende des Geschäftsjahres grds. veräußerbar.

Den Anlegern wurden folgende finanziellen Vorteile der Beteiligung in Aussicht gestellt: "Durch eine Beteiligung [...] investieren Sie in einen finanziell attraktiven Sachwert in der Region [...]. Die geplanten Ausschüttungen beginnen bei rund x - x % in den ersten Betriebsjahren und steigen prognosegemäß auf über x % an. Die Ausschüttungen erfolgen jährlich. Die Ertragsprognose [...] wurde auf 25 Jahre berechnet. Treten die in der Wirtschaftlichkeitsprognose errechneten Annahmen ein, so erhalten die Anleger eine Gesamtausschüttung von x %. Die Rendite der Beteiligung liegt dann nach dem internen Zinsfuß bei x % (inklusive Steuererstattung). [...]"

Investitionsvolumen und Finanzierung: Die Emittentin werde ein Kraftwerk des Typs [...] erwerben und damit ökologischen Strom erzeugen. Das Investitionsvolumen des Kraftwerks betrage insgesamt xxx €. Zur Finanzierung des Kraftwerks sei der Einsatz von Eigenkapital i.H.v. xxx € und von Fremdkapital i.H.v. xxx € vorgesehen. Angestrebt werde dabei in Kooperation mit einer lokalen Bank die Verwendung zinsgünstiger Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Am Ende der Lebensdauer der Anlage sei ein Rückbau vorgesehen. Dazu würden eine Rückbaubürgschaft abgeschlossen und zusätzlich gegen Ende der 25 Betriebsjahre Rücklagen eingestellt. Die tatsächlichen Kosten seien derzeit schwer kalkulierbar, angesetzt würden xxx €.

Ertragsprognose für den Anleger (S. x): "Die auf den Kommanditisten entfallenden anteiligen steuerlichen Ergebnisse werden dem Wohn...

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