Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug einer Stadtgemeinde. Zuordnung einer Seebrücke und einer öffentlichen Toilettenanlage zu einem Betrieb gewerblicher Art. Wiederherstellung eines Baudenkmals bzw. einer Einrichtung mit Museumscharakter. Umsatzsteuer 1993, 1995 und 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Gebietskörperschaft kann die ihr in Rechnung gestellten Vorsteuern aus der Errichtung von Bauwerken (hier: einer Seebrücke und einer öffentlichen Toilettenanlage) nicht abziehen, wenn diese Bauwerke selbst keinen Betrieb gewerblicher Art (BgA) bilden, und auch nicht einem bereits bestehenden BgA zugeordnet werden können. Eine solche Zuordnung erfordert neben einer hinreichenden Zuordnungsentscheidung bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs auch eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung zwischen BgA und neu errichtetem Bauwerk.

2. Der Abzug von Vorsteuern ist im Hinblick auf die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG ausgeschlossen, soweit diese auf die Kosten der Wiederherstellung eines Baudenkmals mit Museumscharakter entfallen.

 

Normenkette

UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 2 Abs. 3 S. 1, § 4 Nr. 20 Buchst. a; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 5 UAbs. 2; KStR Abschn. 5 Abs. 9 S. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert beträgt … Euro.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen, die die Klägerin – eine Stadtgemeinde – im Zusammenhang mit Baumaßnahmen für die Wiedererrichtung einer Seebrücke, die Errichtung einer öffentlichen Toilettenanlage sowie die Wiederherstellung eines historischen Rathauskellers gezahlt und im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärungen geltend gemacht hat.

Dabei handelt es um einen Vorsteuerabzug von … DM für die Wiedererrichtung der Seebrücke im Seebad … (Umsatzsteuerbescheid für 1993), von … DM für die Errichtung der öffentlichen Toilettenanlage … (Umsatzsteuerbescheid für 1996) und von … DM für die Wiederherstellung des historischen Rathauskellers … (Umsatzsteuerbescheid für 1996). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 22.10.2002 klargestellt, daß es im vorliegenden Klageverfahren lediglich um die vorgenannten Vorsteuerbeträge geht.

Der Beklagte versagte im Anschluß an die Feststellungen der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts … die geltend gemachten Vorsteuerbeträge in seinen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheiden für 1993 und 1996 vom 22.09.1998 mit der Begründung, Seebrücke und öffentliche Toilette könnten nicht dem städtischen Betrieb gewerblicher Art. „Fremdenverkehr” zugeordnet werden. Eine Zuordnung des Toilettenbetriebes zum städtischen Betrieb gewerblicher Art. „Märkte” sei ebenfalls nicht möglich. In beiden Fällen fehle der erforderliche enge Zusammenhang. Auch für die Wiederherstellung des Rathauskellers sei ein Vorsteuerabzug nicht zulässig. Der Rathauskeller diene nach seiner Wiederherstellung als Heimatmuseum, für dessen Besuch Eintrittsgelder erhoben würden, die nach § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG von der Umsatzsteuer befreit seien.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihren Einsprüchen vom 14.10.1998, die das Finanzamt nach Durchführung weiterer Ermittlungen, hierzu gehörte u. a. eine Ortsbesichtigung im Rathauskeller, als unbegründet zurückwies. Wegen des Vorbringens der Klägerin im Verwaltungsverfahren und wegen der Gründe für die Zurückweisung der Einsprüche wird auf die Einspruchsentscheidung vom 29.11.1999 verwiesen.

Mit der rechtzeitig eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und beantragt,

abweichend von den Umsatzsteuerbescheiden 1993 und 1996 vom 22. September 1998 einen weiteren Vorsteuerabzug von … DM (… Euro) für 1993 und von … DM (… Euro) für 1996 zu berücksichtigen. Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Senat haben je ein Band Umsatzsteuer- und Betriebsprüfungsakten vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1996 sind rechtmäßig.

Die von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuerbeträge in Höhe von … DM im Zusammenhang mit der Wiedererrichtung der Seebrücke im Seebad … (Umsatzsteuerbescheid 1993), in Höhe von … DM im Zusammenhang mit dem Bau einer öffentlichen Toilette … (Umsatz Steuerbescheid 1996) sowie in Höhe von … DM im Zusammenhang mit der Wiederherstellung des historischen Ratskellers (Umsatzsteuerbescheid 1996) hat der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Recht versagt.

1. Gesetzliche Grundlage für den von der Klägerin begehrten Vorsteuerabzug ist § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993. Danach kann ein Unternehmer die ihm in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewer...

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