Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung nach § 6 Abs. 1 S. 2 AStG bei einer teilentgeltlichen Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i. S. d. Art. 13 Absatz 2 b) DBA USA

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die teilentgeltliche Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i. S. d. Art. 13 Absatz 2 b) DBA USA fällt unter § 6 AStG.

2) Weder ist § 6 AStG insoweit teleologisch zu reduzieren, noch verstößt § 6 Abs. 1 Satz 2 AStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG, noch steht Art. 24 DBA USA der Hinzurechnungsbesteuerung entgegen.

 

Normenkette

GG Art 3 Abs. 1; DBA USA Art 13; DBA USA Art 24; AStG § 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.12.2021; Aktenzeichen I R 30/19)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine teilentgeltliche Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Außensteuergesetz (AStG) unterliegt.

Der inzwischen verstorbene Herr P übertrug mit notarieller Urkunde vom30. September 2009 an seinen Sohn, Herrn P1, einen Geschäftsanteil i.H.v. 28000 € am – insgesamt 50000 € betragenden – Stammkapital der U-Gesellschaft mit Sitz in A. Die Gesellschaft war eingetragen im Handelsregister beim Amtsgericht A. Das Vermögen der Gesellschaft bestand im Zeitpunkt der Übertragung überwiegend aus Grundvermögen.

Die vom Sohn zu erbringende Gegenleistung betrug … €. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hatte Herr P weitere Geschäftsanteile an der Gesellschaft in Höhe von nominal 12000 € an seine Ehefrau, die Klägerin, Frau P2, übertragen.

Herr P1 besaß aufgrund seiner Geburt in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und war im Zeitpunkt der Übertragung in den USA ansässig.

Der Beklagte behandelte die vorstehenden Übertragungen an Herrn P1 und Frau P2 als teilentgeltliche Erwerbe und setzte für Herrn P einen steuerpflichtigen Übertragungsgewinn i.H.v. … € für die Übertragung an den Sohn und i.H.v. … € für die Übertragung an seine Ehefrau an.

Die Übertragungsvorgänge an die Ehefrau, die Klägerin, sind zwischen den Beteiligten unstreitig.

Der Beklagte war für den unentgeltlichen Teil der Übertragung an den Sohn der Auffassung, die Voraussetzungen für eine „Wegzugsbesteuerung” nach § 6 AStG seien gegeben. Er ermittelte auf der Grundlage eines gemeinen Wertes i.H.v. … € einen (weiteren) Veräußerungsgewinn i.H.v. … €.

Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für Herrn P mit Bescheid vom 8. Dezember 2014 entsprechend fest (getrennte Veranlagung § 26a EStG). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Einkommensteuerbescheid vom 8. Dezember 2014 nebst Anlagen Bezug genommen.

Den fristgerecht eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2015 als unbegründet zurück.

Er führte aus, die Voraussetzungen der Wegzugsbesteuerung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 AStG seien vorliegend in der Person des Herrn P erfüllt, da der Sohn zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sei. Es handele sich um einen sogenannten Ersatztatbestand zur eigentlichen Wegzugsbesteuerung.

§ 6 Absatz 1 S. 1 AStG sehe als Grundtatbestand die Besteuerung eines fiktiven, also noch nicht realisierten Gewinns aus der Veräußerung von Beteiligungen im Sinne des§ 17 EStG vor, wenn der Steuerpflichtige durch Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts seine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht verliere. Hierdurch sollte sichergestellt werden, dass Deutschland kein Besteuerungssubstrat, das während der Zeit der unbeschränkten Steuerpflicht aufgebaut wurde, verloren gehe, wenn die Beteiligung erst nach der Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht veräußert werde. Auch im Grundfall des Wegzugs des Steuerpflichtigen ins Ausland bliebe das Besteuerungsrecht an einem etwaigen Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht, also nach nationalem Steuerrecht erhalten. Allerdings stehe Deutschland typischerweise das Besteuerungsrecht an einem entsprechenden Veräußerungsgewinn DBA-rechtlich nicht mehr zu. Ausnahmen bildeten Doppelbesteuerungsabkommen, die dem Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft das Besteuerungsrecht zuwiesen (z.B. mit Argentinien, China, Indien, Korea etc.). Entsprechende Rechtsfolgen könnten sich auch ausnahmsweise aus DBA-rechtlichen Regelungen zur sogenannten Immobilien-Kapitalgesellschaft ergeben. Diese Regelung habe der Gesetzgeber aber nicht gewählt, sondern sich bewusst zu einer Regelung entschieden, die an die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht anknüpfe. Entsprechend gelte dies auch für den in § 6 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 Außensteuergesetz geregelten Ersatztatbestand.

Es könne auch nicht von einer steuerlichen Ungleichbehandlung der unentgeltlichen Übertragung der Anteile auf die Ehefrau und den Sohn ausgegangen werden, da kein vergleichbarer Sachverhalt vorliege. Denn bei der Übertragung an die Ehefrau verliere die Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht an einer Anteilsveräußerung nicht. Hierzu bilde jedoch der Sa...

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