Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Berichtigungspflicht gem. § 14c UStG bei fehlender Gefährdung des Steueraufkommens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Steuerschuld nach § 14c UStG kann nicht entstehen, wenn feststeht, dass durch den unberechtigten oder unrichtigen Steuerausweis in einer Rechnung keine Steuergefährdung eintreten kann. Der Rechnungsaussteller muss in diesen Fällen weder die Rechnung berichtigen noch den zu viel vereinnahmten Steuerbetrag an den Rechnungsempfänger zurückzahlen.

2. Eine Gefährdung des Steueraufkommens ist ausgeschlossen, wenn Rechnungsempfänger Privatpersonen sind oder andere Personen, die keine Vorsteuerabzugsberechtigung haben.

 

Normenkette

UStG § 14c Abs. 1; MwStSystRL Art. 132; UStG § 4 Nr. 11b

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen V R 16/23)

 

Tatbestand

Zwischen der Klägerin, der Z AG, und dem Beklagten ist streitig, ob das Produkt förmliche Zustellung (im Folgenden: PZA-Leistungen) als Post-Universaldienstleistung gemäß § 4 Nr. 11b UStG von der Umsatzsteuer befreit ist, sofern es rabattiert oder DV-freigemacht ist.

Streitig ist auch, ob der Beklagte für steuerfreie PZA-Leistungen gemäß § 4 Nr. 11b UStG, die die Klägerin unter unrichtigem Ausweis von Umsatzsteuer in ihren Rechnungen veräußert hat, gemäß § 14c Abs. 1 UStG Umsatzsteuer festzusetzen hat.

Die Klägerin, die über eine Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gemäß § 4 Nr. 11b Satz 2 UStG verfügt, wendet sich gegen den berichtigten Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 25.07.2023, mit dem die Umsatzsteuer 2016 auf … € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt worden ist.

Der in der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2023 bekannt gegebene Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 25.07.2023 ist gemäß § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden.

Die Klägerin reichte für den Zeitraum 1/16 bis 12/16 Umsatzsteuervoranmeldungen ein. Gegen die entsprechenden Bescheide legte sie zwischen dem 19.04.2016 und dem 06.04.2017 jeweils fristgemäß Einspruch ein.

In einer Stellungnahme der Klägerin zu den bevorstehenden Einspruchsbegründungen ihres Vertreters, auf die verwiesen wird, heißt es bezüglich der PZA-Leistungen unter Tz. 2, bei PZA handele es sich um förmliche Zustellungen nach der Prozessordnung und dem Verwaltungszustellungsgesetz. Der PZA sei nur für Behörden, Gerichte, Gerichtsvollzieher und Schiedsmänner/-frauen vorgesehen.

Auf die Einspruchsbegründung vom 06.11.2017 und die ihr in der Steuerakte nachgeheftete Stellungnahme der Klägerin wird verwiesen.

Am 22.12.2017 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 2016 beim Beklagten ein.

Unter Tz. F. „Berechnung der zu entrichtenden Umsatzsteuer”, Nr. 102, erklärte sie Steuerbeträge gemäß § 14c UStG i.H.v. … €. Ferner erklärte sie unter Tz. E. „Steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug, nicht zum Gesamtumsatz gehörend nach § 4 Nr. 8 – 28 UStG”, Nr. 44, Umsätze i.H.v. … €.

In einem Begleitschreiben zu der Umsatzsteuererklärung teilte die Klägerin mit, dass in den erklärten steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nr. 11b UStG PZA-Leistungen i.H.v. … € enthalten seien.

Auf die Umsatzsteuererklärung und das Begleitschreiben vom 22.12.2017 wird verwiesen.

Der Beklagte teilte der Klägerin unter dem 29.01.2018 mit, dass der am 22.12.2017 eingegangen Umsatzsteuererklärung 2016 am 10.01.2018 zugestimmt worden und Umsatzsteuer 2016 i.H.v. … € festgesetzt worden sei.

Mit Umsatzsteuerbescheid vom 08.02.2018 wurde die Steuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert. Die festgesetzte Umsatzsteuer betrug demnach… €.

In den Erläuterungen zu dem Bescheid wird ausgeführt, dass die aus den Produkten Postzustellungsauftrag, Nachnahmeübermittlungsentgelt, Services Rolle und Sperrgut, DV-Freimachung, Handyporto und Teilleistungen resultierenden Umsätze i.H.v. … € (netto) als umsatzsteuerpflichtig behandelt würden. Die dazugehörigen Vorsteuern i.H.v. … € würden als abzugsfähig behandelt. Aus einer Berechnung des Beklagten hierzu ergibt sich, dass dem Betrag von … € netto u.a. PZA-Leistungen i.H.v. … € brutto zugrunde lagen.

Auf den Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 08.02.2018 und die dazugehörigen Berechnungen des Beklagten, die sich in den (Papier-)Steuerakten befinden, sowie die am 04.12.2019 beim Beklagten eingegangene berichtigte Umsatzsteuererklärung 2016 und die am 16.01.2020 und 23.10.2020 ergangenen Umsatzsteueränderungsbescheide 2016 wird verwiesen.

In dem am 14.12.2021 ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung stellte der Beklagte bezüglich der PZA-Leistungen fest, dass die Klägerin … € steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 11b UStG erklärt habe.

Die von der Klägerin steuerfrei abgerechneten und erklärten PZA-Umsätze haben allerdings unstreitig lediglich ein Volumen von … € (siehe Anl. 27 zum Schriftsatz der Klägerin vom 24.07.2023, Fach A, B, C, F und G, Zeile 2, sowie Fach A, B, C, D, E, F und G, Zeile 7 – 13).

Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Der Beklagte beließ in dem am 14.12.2021 ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheid...

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