Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsklage, Anfechtungsklage, geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen, Zurückweisung eines im EU-Ausland niedergelassenen Bevollmächtigten

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine Nichtigkeitsfeststellungsklage, die zeitgleich mit einer Anfechtungsklage erhoben wird, ist wegen fehlendem Feststellungsinteresse bzw. Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.

2) Ein im EU-Ausland niedergelassener Bevollmächtigter ist gemäß § 80 Abs. 7 AO zurückzuweisen, wenn er den Nachweis über seine Berufsqualifikation i.S.v. § 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 6 StBerG sowie den Nachweis, dass er seinen Beruf im Staat der Niederlassung mindestens ein Jahr i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 StBerG ausgeübt hat, nicht erbracht hat und auch nicht in das elektronische Verzeichnis nach § 3 Buchst. b Abs. 1 StBerG eingetragen ist.

3) Eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen kann selbst für den Fall, dass § 3a StBerG aus europarechtlichen Gründen nicht anwendbar wäre, nicht aus der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56, 57 AEUV abgeleitet werden, weil auch in diesem Fall die Vorgaben für eine grenzüberschreitende Hilfeleistung zu beachten wären.

 

Normenkette

AO § 80 Abs. 7; StBerG § 2 S. 1, § 3 Nr. 3; StBerG i.d.F. vom 23.6.2017 § 3a Abs. 1; StBerG i.d.F. vom 23.6.2017 § 3a Abs. 2; StBerG § 32 Abs. 3 S. 1; AEUV Art. 56-57; FGO § 41 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 08.05.2019; Aktenzeichen II B 13/19)

BFH (Aktenzeichen II B 13/19)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Limited Liability Partnership (LLP). Laut ihrem Briefbogen gehört zu ihrem Tätigkeitsbereich „Steuerberatung, Rechtsberatung und Wirtschaftsberatung”; „Members/Advocates” sind u.a. Herr A, Frau B, C, Herr D, Frau E, Herr F und Frau F1. Herr F war in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Steuerberater bestellt gewesen. Seine Bestellung hat das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls bestandskräftig widerrufen (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 SteuerberatungsgesetzStBerG). Der Widerruf ist seit dem Jahr 2002 rechtskräftig. Frau E gehört nicht zu dem Personenkreis des § 3 Nr. 1 StBerG. Die Klägerin wird vertreten durch eine Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Ltd. (im folgenden: Ltd.) mit einem mit der klägerischen Adresse identischen Sitz in G (Niederlande), die dort – nach Angaben der Klägerin – zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist. Im Inland bedient sie sich eines Postempfangsbevollmächtigten, nämlich der H Ltd.. Die Briefkopfbögen der Klägerin und der Ltd. ähneln sich stark.

Sowohl die Klägerin als auch die Ltd. sind nicht in das Verzeichnis nach § 3 Buchst. b StBerG eingetragen.

Die Klägerin ist u.a. in Steuerangelegenheiten der H Ltd. tätig. Sie bestellte sich – nachdem der Beklagte die Ltd. als Bevollmächtigte zurückgewiesen hatte – am 7.12.2017 neben dieser aus ihrer Sicht zu Unrecht zurückgewiesenen Ltd. als Bevollmächtigte und beantragte im Hinblick auf die inzwischen vorliegenden Steuererklärungen 2015 die Aussetzung der Vollziehung, die Stundung und Vollstreckungsschutz. Das Schreiben vom 7.12.2017 ist von Frau E unterschrieben.

Mit Bescheid vom 3.1.2018 wies der Beklagte die Klägerin als Bevollmächtigte wegen ihres Auftretens im Steuerveranlagungsverfahren 2015 der H Ltd. nach § 80 Abs. 7 AO zurück. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung.

Hiergegen richtete sich die beim Finanzgericht Köln im Namen der Klägerin eingereichte Anfechtungs- und Feststellungsklage vom 26.1.2018 (Eingang bei Gericht am 5.2.2018, Az. 4 K 278/18), die als Sprungklage und als Klage auf Feststellung der Nichtigkeit bezeichnet war. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Klageschrift Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Zurückweisungsbescheid nichtig bzw. rechtswidrig sei. Der Beklagte weise die Klägerin mit der Begründung zurück, sie leiste Hilfe in Steuersachen, ohne dazu befugt zu sein. Dies beinhalte die Behauptung ordnungswidrigen Verhaltens und entsprechende Täuschung der Steuerpflichtigen, eine Straftat. Die Behauptung sei und erfolge indes bewusst unwahr, sei also eine ehrenrührige Lüge, die nur den/die Lügner bezeichnen könne. Als Gegenstand und Inhalt des Vortrags werde auf die „Stellungnahme zum Urteil des EuGH vom 17.12.2015” sowie die „Dokumentation zu K-F-Fällen” verwiesen. Diese stelle die Rechtslage dar und lege die Hintergründe offen.

Das widerwärtige und verwerfliche Handeln der Fiskal-Bediensteten gehe weiter; es stehe wohl eine neue „Welle” an. Jeder Teilnehmer an dieser Welle möge sich hier entsprechend beurteilt und bezeichnet sehen. Diesbezüglich werde eine Kopie eines Protokolls des „Regionalkreises M” vom 17.10.2013 vorgelegt, aus dem sich der Hintergrund der „Zurückweisungsorgien” eindeutig ergebe. Die Zurückweisungen erfolgten nicht aufgrund einer gewonnenen Rechtsansicht im jeweiligen Einzelfall, sondern koordiniert und zentral gesteuert, wie auch das rechtswidrige Vorgehen gegen die Mandanten. Ein solches Vorgehen sei aber von allen Fiskalbe...

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