Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung eines einheitlichen von mehreren selbständigen Gewerbebetrieben

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Annahme eines selbständigen Gewerbebetriebes erfordert - in Abgrenzung zu mehreren mitunternehmerisch geführten Gewerbebetrieben - eine vollkommene Eigenständigkeit des einzelnen Betriebs.

2) Zu den Kriterien der Eigenständigkeit eines einzelnen von mehreren Betrieben gehört, dass die Betriebe von verschiedenen Inhabern geführt werden, z.B. Ehemann und -frau, dass kein Personal ausgetauscht wird und dass die Hauptlieferanten die Betriebe strikt getrennt behandeln. Allein unschädlich sind Zweifel an der steuerrechtlichen Wirksamkeit von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen, sowie eine nicht immer sauber getrennte Verbuchung der die einzelnen Betriebe betreffenden Geschäftsvorfälle, die erst beim Jahresabschluß richtig gestellt werden.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1 S. 1; BewG § 95 Abs. 1; GewStG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei den Friseurgeschäften der Kläger um selbständige Gewerbebetriebe handelt, oder ob ein einzelner Gewerbebetrieb vorliegt, der in der Rechtsform einer GbR betrieben wird.

Beide Kläger sind seit 1976 Friseurmeister. Sie wohnen in….., ……100. und unterhalten dort sowie in…. …….. ……Str. und in…..,……….. 45 Friseuergeschäfte. Die Gewerbeanmeldung für den Betrieb „…….100.” erfolgte durch die Klägerin, die für den Betrieb „…….. 45” durch den Kläger. Die den einzelnen Geschäften zuzuordnenden Mietverträge wurden von den Klägern gemeinsam abgeschlossen. Für jedes Geschäft wurden mehrere Darlehensverträge abgeschlossen, und zwar in allen Fällen sowohl vom Kläger als auch von der Klägerin. Zumindest seit 1988 unterhielten die Kläger bei der …………….. unterschiedliche Geschäftskonten.

Teilweise gewährten sich die Eheleute auch wechselseitig Darlehen, und zwar vor allem der Kläger an die Klägerin. So wies die Bilanz der Filiale ………. zum 31. Dezember 1994 bei den Aktiva eine Darlehensforderung des Klägers gegenüber der Klägerin in Höhe von ……. DM, die der Filiale …….. Str. eine solche in Höhe von …….. DM aus. Die Bilanz der Filiale………. 100 wies dementsprechend eine Verbindlichkeit der Klägerin in Höhe von ………. DM aus. Für die Geschäfte wurde einheitliche Werbung unter einem gemeinsamen Firmenlogo gemacht, das aus den Buchstaben „F.” und den Anfangsbuchstaben der Vornamen der Kläger besteht. Für die Geschäfte wurden zwei getrennte Buchführungen erstellt. Außerdem schlossen die Kläger einen auf den 2. Januar 1990 datierten Arbeitsvertrag betreffend das Geschäft „……… 100” ab. Danach war der Kläger ab diesem Zeitpunkt als „Filialleiter” mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei der Klägerin angestellt.

Anlässlich einer Betriebsprüfung im Jahr 1995 stellte der Prüfer fest, dass sich bei Prüfungsbeginn lediglich an der Filiale …….. 100 eine Außentafel befand, die die Klägerin als Inhaberin auswies. In den Filialen …….Str. und ……..45 befanden sich hingegen keine Tafeln, die auf den Inhaber hinwiesen. Trotz der unterschiedlichen Buchführungen habe man keine sauber getrennte Verbuchung der die 3 Filialen betreffenden Geschäftsvorfälle durchgeführt, sondern diese „wahllos” zugeordnet. So seien vielfach auf die Klägerin lautende Rechnungen dem Betrieb des Klägers zugeordnet worden und umgekehrt. Die Weiterberechnung der gemeinsam eingekauften Waren sei durch „Pro-Forma-Rechnungen” erfolgt. So seien die Waren lediglich in einer Summe (glatte Beträge) zum jeweiligen Bilanzstichtag abgerechnet worden. Die dazugehörenden Waren- bzw. Verkaufsaufstellungen seien entweder nicht beigefügt oder erst nach Aufforderung nachgereicht worden. Wenn Aufstellungen nachgereicht worden seien, seien diese ohne Angabe der Verkaufstage in aneinanderliegender Reihenfolge erstellt worden. Entsprechende Umsätze seien nicht in den Voranmeldungen, sondern erst bei Erstellung des Jahresabschlusses erfasst worden, so dass von einer nachträglichen Erstellung der Aufstellungen ausgegangen werden müsse. Mängel der Buchführungen seien – wie schon bei der Vor-BP – insoweit feststellbar, als die zur Ermittlung der Tageseinnahmen geführten Kassenzettel und die Tagesendsummenbons nicht aufbewahrt worden seien. Zu Hinzuschätzungen kam es allerdings nicht, da weder Kalkulationsdifferenzen noch Fehlbeträge festgestellt wurden.

Der Prüfer kam deshalb zu dem Ergebnis, dass ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliege.

Der Beklagte folgte dieser Auffassung und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide, Gewerbesteuermeßbetragsbescheide und Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Die nicht begründeten Einsprüche hatten keinen Erfolg. Mit der Klage machen die Kläger geltend, es läge keine gewerbliche Mitunternehmerschaft vor. Vielmehr betrieben sie selbständige Gewerbebetriebe in……….. 100 und in ….., …….. 45. Es handle sich ordnungsrechtlich um selbständige Handwerksbetriebe verschiedener Inhaber, die jeweils für sich in die Handwerksrolle...

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