Entscheidungsstichwort (Thema)

Kirchensteuer auf nach Austritt gezahlter Abfindung

 

Leitsatz (redaktionell)

In die Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer ist auch eine vor dem Kirchenaustritt vereinbarte Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, die jedoch erst nach dem Austritt im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird, einzubeziehen.

 

Normenkette

KiStG NW § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1a, § 5 Abs. 1, 2 S. 1; EStG § 3 Nr. 9

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit bzw. Billigkeit der Erhebung von Kirchensteuer auf eine nach Austritt aus der Kirche gezahlte Abfindung aus einem Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin des im Jahr 2002 verstorbenen …-… … Dieser war nichtselbständig tätig. Am …2000 unterzeichnete er einen Vertrag, mit dem sein Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31.10.2001 aufgehoben wurde. Am 19.09.2001 trat er aus der katholischen Kirche aus. Im Oktober 2001 erhielt er eine Abfindung i.H.v. … DM, von der nach Abzug des nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfreien Betrages … DM der Einkommensteuer unterworfen wurden.

Im Einkommensteuerbescheid 2001 setzte das Finanzamt … Kirchensteuer fest. Dabei berücksichtigte es, dass die Kirchensteuerpflicht nur für 9 Monate bestanden hatte und berechnete die Kirchensteuer auf der Grundlage von 9/12 der festgesetzten Einkommensteuer (sog. „Zwölftelungsregelung”, § 5 Abs. 2 Kirchensteuergesetz Nordrhein-WestfalenKiStG NW).

Mit hiergegen gerichtetem Einspruch macht die Klägerin geltend, dass, auch unter Berücksichtigung der „Zwölftelungsregelung”, die Abfindung nicht in die Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuerfestsetzung einzubeziehen sei. Die Abfindung sei erst nach dem Kirchenaustritt zugeflossen und zudem für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt worden, so dass sie nicht mit Kirchensteuer belastet werden dürfe.

Mit Schriftsatz vom 26.02.2003, der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass dem Einspruch nicht entsprochen werden könne, da die Abfindung gemäß § 5 Abs. 2 KiStG NW ordnungsgemäß in die Kirchensteuerfestsetzung einbezogen worden sei.

In einem weiteren Schriftsatz an den Beklagten erklärte sich die Klägerin mit Ablehnung des Einspruchs nicht einverstanden. Sie stelle deshalb den Antrag, durch Billigkeitsentscheidung oder Erlass die Kirchensteueraufteilung des Finanzamtes zu berichtigen.

Im mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Schreiben vom 02.12.2003 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass auch nach nochmaliger Überprüfung des Sachverhalts der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen werden müsse. Als Begründung werde erneut auf § 5 Abs. 2 KiStG NW verwiesen. Diese ab 01.01.2001 gültige Vorschrift habe das Finanzamt bei der Festsetzung der Kirchensteuer berücksichtigt.

Mit ihrer Klage wiederholt die Klägerin ihre Auffassung, dass die Abfindung nicht in die Berechnung der Kirchensteuer einbezogen werden könne. Herr … sei seit dem 01.04.1981 zu 100 % behindert gewesen. Er hätte befürchten müssen, von der bei seinem Arbeitgeber vorgesehen Entlassungswelle betroffen zu sein und anschließend keine Möglichkeit mehr zu haben, auf dem normalen Arbeitsmarkt eine Stelle mit vergleichbarem Einkommen zu finden. Daher habe er den Aufhebungsvertrag mit der Abfindungsregelung geschlossen. Die Abfindung stelle eine Entschädigung für die mit der Aufgabe der Tätigkeit und dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen Nachteile dar. Sie sei somit als Ausgleich für die schlechtere Zukunft gedacht gewesen. Sie sei nur für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gezahlt worden und da dieser Zeitraum nach dem Austritt aus der Kirche liege, könne auf die Abfindung keine Kirchensteuer erhoben werden.

So habe auch das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 12.02.1988 8 C 16/86 entschieden, dass im Einzelfall der Gleichheitsgrundsatz es gebiete, die Kirchensteuer im Wege des Erlasses auf eine den Gesamtumständen Rechnung tragende, dem Betroffenen zuzumutende und deshalb billige Höhe zurückzuführen. Außerhalb der Kirchensteuerpflicht erzielte überdurchschnittliche Einkommenszuwächse (z.B. Veräußerungsgewinne, Abfindungen) seien aus der Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer herauszurechnen. Dies bestätige auch ein Urteil des BayVerfGH vom 04.10.1988. Zwar habe der BFH mit Urteil vom 15.10.1997 I R 33/97 die Anwendung der Zwölftelungsregelung für Weihnachtsgeld, Veräußerungs- oder Spekulationsgewinne für nicht unzulässig erklärt. Dem sei auch beizupflichten, da diese Einkünfte in der Vergangenheit, also während der Kirchensteuerpflicht erzielt worden seien. Bei Abfindungen stehe jedoch außer Zweifel fest, dass diese als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes für die Zukunft gezahlt würden. Soweit der Beklagte meine, ein Billigkeitserlass könne schon aus dem Grund verneint werden, dass im Zeitpunkt der Erlassentscheidung keine Kirchenzugehörigkeit mehr bestanden habe, könne dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Die vielfach diskutierte Frage, ob nach Kirche...

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