Entscheidungsstichwort (Thema)

Option zur tariflichen Besteuerung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG fingiert das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nach der Option zur tariflichen Besteuerung für die vier auf das Erstjahr folgenden Veranlagungszeiträume.

 

Normenkette

EStG §§ 32d, 20

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.12.2023; Aktenzeichen VIII R 2/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Kapitalerträge aus einer Beteiligung an einer GmbH in den Jahren 2014 und 2015 der tariflichen Einkommensteuer oder der Abgeltungssteuer zu unterwerfen sind und ob im Zusammenhang mit der Beteiligung an der GmbH entstandene Werbungkosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuermindernd berücksichtigt werden können.

Die Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war seit mehreren Jahren – unter anderem in den Jahren 2013, 2014 und 2015 – zu 12,5% an der A GmbH (GmbH) beteiligt. Darüber hinaus war er bis Ende 2011 als Geschäftsführer der GmbH tätig und nach Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bis zum 31.3.2013 weiterhin als Arbeitnehmer bei der GmbH angestellt. Der Kläger erzielte aus der Beteiligung an der GmbH in den Streitjahren Kapitalerträge (2014: 100.283 Euro und 2015: 71.666 Euro). Im Zusammenhang mit den daraus resultierenden Erträgen waren dem Kläger Aufwendungen (Rechtsanwaltskosten, Fahrtkosten, Kosten für ein Arbeitszimmer) im Jahr 2014 in Höhe von insgesamt 1.255,82 Euro (Fahrtkosten 28,80 Euro und Arbeitszimmer 1.227,02 Euro) und im Jahr 2015 in Höhe von insgesamt 1.406,65 Euro (Fahrtkosten 175,80 Euro und Arbeitszimmer 1.230,85 Euro) entstanden. Zwischen den Beteiligten ist sowohl die Höhe dieser Aufwendungen als auch der Umstand, dass es sich hierbei grundsätzlich um berücksichtigungsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen handelt, unstreitig.

Der Kläger hatte auch in 2013 Kapitalerträge aus der Beteiligung erzielt. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2013 hatte er – unstreitig – erstmals einen Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b) EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung vom 26.6.2013 gestellt und die Anwendung der tariflichen Einkommensteuer auf die Kapitalerträge unter Abzug von – unstreitigen – Werbungskosten begehrt. Der Beklagte war diesem Antrag im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung 2013 nachgekommen, da die Voraussetzungen hierfür unstreitig gegeben waren.

In ihren für die Streitjahre beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärungen begehrten die Kläger ebenfalls die Anwendung der tariflichen Einkommensteuer auf die aus der Beteiligung resultierenden Kapitalerträge unter Berücksichtigung der insoweit angefallenen Aufwendungen als Werbungskosten (Einkünfte 2014: 99.027 Euro und Einkünfte 2015: 70.259 Euro).

Diesem Begehren kam der Beklagte bei den Einkommensteuerfestsetzungen mit Bescheiden vom 23.7.2015 (für 2014) und vom 6.1.2017 (für 2015) nicht nach. Zur Begründung führte der Beklagte jeweils aus, dass die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b) EStG i.d.F. vom 26.6.2013 nicht vorlägen. Der Kläger sei – was unstreitig ist – in den Jahren 2014 und 2015 nicht für die GmbH tätig gewesen; er habe seine Tätigkeit für die GmbH am 31.3.2013 eingestellt. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG i.d.F. vom 26.6.2013 diene lediglich der Verwaltungsvereinfachung; zwar sei gesetzlich normiert, dass die Antragsvoraussetzungen in den Folgejahren nach der Antragstellung nicht erneut zu belegen seien, dies schließe eine erneute Überprüfung der Voraussetzungen der Norm in den Folgejahren jedoch nicht aus.

Die hiergegen erhobenen Einsprüche vom 5.8.2015 (für 2014) bzw. 10.1.2017 (für 2015) wies der Beklagte mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 20.3.2017 zurück und führte zur Begründung aus, dass die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b) EStG i.d.F. vom 26.6.2013 nicht gegeben seien. Die aus der Beteiligung an der GmbH resultierenden Kapitalerträge seien der Abgeltungssteuer zu unterwerfen; ein Abzug der geltend gemachten Werbungskosten scheide daher aus. Der Kläger habe den Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b) EStG i.d.F. vom 26.6.2013 – unstreitig – wirksam gestellt, da die Voraussetzungen hierfür im Jahr 2013 unstreitig vorgelegen hätten. In den Jahren 2014 und 2015 sei der Kläger zwar noch in der erforderlichen Höhe an der GmbH beteiligt gewesen; es fehle in diesen Jahren jedoch – unstreitig – an einer beruflichen Tätigkeit für die GmbH. Durch § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b) EStG i.d.F. vom 26.6.2013 werde das Vorliegen der Antragsvoraussetzungen für die Folgejahre (Jahre nach der Antragstellung) nicht fingiert. Es werde lediglich der Nachweis der Voraussetzungen erleichtert. Ebenso wenig sei die Möglichkeit zur Überprüfung der Antragsvoraussetzungen durch die Finanzverwaltung in den Folgejahren hierdurch ausgeschlossen. Lägen die Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts in einem Folg...

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