Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Fiktion der Tatbestandsvoraussetzungen des Optionsrechts zur tariflichen Besteuerung in den vier auf das Erstjahr folgenden Veranlagungszeiträumen nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG i.d.F. vom 26.6.2013 werden die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung des Optionsrechts zur tariflichen Besteuerung von Kapitalerträgen aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft auch für die dem Antragsjahr (Erstjahr) folgenden vier VZ fingiert.

2. Der Wegfall der Beteiligung in einem der dem Antragsjahr folgenden vier VZ ist für die Fortgeltung der Option unerheblich.

 

Normenkette

EStG §§ 20, 3 Nr. 40 Buchst. a), §§ 17, 32d Abs. 2 Nr. 3

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen VIII R 37/23)

 

Tatbestand

Der Kläger war Gesellschafter der Z GmbH mit Sitz in X (im Folgenden Z). Am Stammkapital von … € war der Kläger mit einem Geschäftsanteil von … € beteiligt. Die Anschaffungskosten des Geschäftsanteils i.H.v. … € im Jahr 2000 hatte der Kläger fremdfinanziert. Mit notarieller Urkunde vom …2010 hat der Kläger seinen Geschäftsanteil veräußert, wobei ein Schuldüberhang verblieb, auf den der Kläger in den Streitjahren noch Schuldzinsen zahlte.

Mit der Einkommensteuerklärung 2010 hatte der Kläger Verluste aus der Veräußerung seiner Beteiligung gemäß § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend gemacht, sein Optionsrecht nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für die Beteiligung ausgeübt und den Abzug der angefallenen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen beantragt. Antragsgemäß wurde dann der Verlust gemäß § 17 EStG und die Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2010 berücksichtigt.

Für die Streitjahre machte der Kläger die weiterhin gezahlten Schuldzinsen in Höhe von … € für 2011, … € für 2012, … € für 2013 und … € für 2014 mit jeweils 60 % (… € in 2011, … € in 2012, … € in 2013 und … € in 2014) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Für 2011 und 2012 wurden diese zunächst berücksichtigt, nach einer Betriebsprüfung beim Kläger in Änderungsbescheiden vom 10. Juli 2014 jedoch nicht mehr angesetzt. Für 2013 und 2014 wurde deren Berücksichtigung in den Einkommensteuerbescheiden vom 15. Juni 2015 bzw. 18. März 2016 von vornherein abgelehnt. Die hiergegen gerichteten Einsprüche wurden mit Entscheidung vom 08. Juni 2016 zurückgewiesen.

Da die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG in den Streitjahren 2011 bis 2014 zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen seien, komme ein Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht mehr in Betracht.

Das Klageverfahren war im Hinblick auf das vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Verfahren VIII R 41/15 zum Ruhen gebracht worden. Nachdem der BFH in dieser Sache mit Urteil vom 28. Februar 2018, BFHE 261, 53, BStBl II 2018, 478, entschieden hatte, wurde das Verfahren wiederaufgenommen.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger wie folgt vor:

1. Das BFH-Urteil vom 28. Februar 2018 VIII R 41/15 sei vorliegend nicht einschlägig. Im dortigen Fall sei die unternehmerische Beteiligung bereits im Jahr 2005, also vor dem Zeitpunkt der Anwendung der Abgeltungssteuer in 2009, aufgegeben worden. Vorliegend habe der Kläger die Beteiligung erst im Jahr 2010 veräußert und in diesem Jahr zulässigerweise gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zur Regelbesteuerung optiert. Dieser Antrag gelte erstmals für den Veranlagungszeitraum, in dem er gestellt werde, und, solange er nicht widerrufen werde, für die folgenden vier Jahre.

Bei dieser Vorschrift handele es sich um eine gesetzliche Fiktion, die auch Wirkung für die Folgejahre entfalte, wenn die Beteiligung nicht mehr vorhanden sei. So habe auch der BFH mit Urteil vom 01.Juli 2014 VIII R 53/12, BStBl II 2014, 975 entschieden:

„Sofern eine Beteiligung fünf Jahre nach Antragstellung gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht mehr vorhanden ist, kann ein erneuter Antrag auf Option nicht mehr gestellt werden”. Offenbar fordere der BFH erst zum Abschluss des fünfjährigen Optionszeitraums die Prüfung der Frage, ob die Beteiligung noch vorhanden sei oder nicht. Eine rückwärts gerichtete Untersuchung des Optionszeitraumes, ab welchem Veranlagungszeitraum denn die Voraussetzungen der unternehmerischen Beteiligung nicht mehr vorgelegen hätten, werde nicht gefordert. Diese Ansicht werde auch gestützt durch den in diesem Urteil enthaltenen Verweis auf den Aufsatz von Moritz/Strom in BB 2012, 3107, der die Verwaltungsauffassung eindeutig ablehne. Entscheidend sei die Frage, ob es sich bei der Fünfjahresfrist nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG um eine gesetzliche Fiktion oder eine Arbeitserleichterung handele. Eine weitere Option nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums sei nicht mehr möglich, wenn die Beteiligung nicht mehr vorhanden sei.

2. Im Übrigen sei hilfsweise davon auszugehen, dass die Beteiligung des Klägers an der Z notwendiges Betriebsvermögen ...

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