Entscheidungsstichwort (Thema)

Fusionsrichtlinie als unmittelbar anwendbares Recht

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Fusionsrichtlinie ist in 1993 unmittelbar anwendbares Recht, weshalb die Spaltung einer luxemburgischen S.A. nach Art. 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23.7.1990 unter den dort genannten Voraussetzungen keine Besteuerung des Veräußerungserlöses auslöst.

 

Normenkette

Fusionsrichtlinie Art. 8 Abs. 2 S. 2, Abs. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die steuerliche Behandlung der Spaltung einer in … ansässigen Gesellschaft streitig.

Die Klägerin war zum 00.00.1992 zu 49 % an der … S.A. (im Folgenden „D.”) beteiligt. Der Beteiligungsbuchwert betrug … DM. Am 00.00.1993 erwarb sie eine weitere Beteiligung von 1 % an der D. zu einem Kaufpreis von … DM hinzu. Die Anzahl der von der Klägerin gehaltenen Aktien erhöhte sich dementsprechend von … auf … und der Beteiligungsbuchwert von … DM auf … DM. Die verbleibende 50 %-Beteiligung wurden von der in der T. ansässigen N. AG gehalten.

Die Geschäftstätigkeit der D. wurde mit wirtschaftlicher Wirkung zum 00.00.1993 mittels einer Umstrukturierung beendet. Die Aufspaltung vollzog sich dergestalt, dass alle Aktiv- und Passivposten der D. hälftig auf die im Zuge der Umstrukturierung neu gegründeten Gesellschaften … S.A. (im Folgenden „Q.”) und die … (…) S.A. (im Folgenden „O.”) aufgeteilt und unter gleichzeitiger Liquidation der D. sämtliche Anteile an der Q. an die Klägerin sowie sämtliche Anteile an der O. an die N. AG ausgekehrt wurden. Ein Bar- oder Spitzenausgleich wurde nicht gewährt („without cash settlement”). Dieser auch als „dissolution without liquidation” bezeichnete Spaltungsvorgang erfolgte auf der Grundlage der Artikel 288 und 307 des Luxemburger Gesetzes für Handelsgesellschaften vom 10. August 1915 (im Folgenden „GHG”; vgl. zur Spaltung im Einzelnen …”, Bl. 111 ff. GA sowie notarielle Urkunde vom 00.00.0000, Bl. 78 ff. GA). Die Notarurkunde wurde im N. Amtsblatt (…) vom 00.00.1993 veröffentlicht. Geschäftsgegenstand der Q. war die Durchführung von … und …geschäften aller Art.

Sowohl in ihrer Handels- als auch in ihrer Steuerbilanz wies die Klägerin unter dem Aktivposten „Anteile an verbundenen Unternehmen” auf den 31. Dezember 1993 einen Wert von … DM aus. Die Beteiligung an der Q. aktivierte sie mit dem früheren Beteiligungsbuchwert an der aufgespaltenen D. in Höhe von … DM. Darüber hinaus erzielte die Klägerin von der in K. ansässigen Kapitalgesellschaft „P.” eine Ausschüttung in Höhe von … DM, die sie als steuerfrei behandelte. In ihrer Vermögensaufstellung auf den 1. Januar 1994 zur Ermittlung des Einheitswerts des Gewerbebetriebs ordnete sie die Beteiligung an der Q. mit einem Wert von … DM den Schachtelbeteiligungen nach § 102 des Bewertungsgesetzes (BewG) zu. Die Klägerin wurde zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt.

Eine bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung sah in der Gewährung der Anteile an der Q. einen tauschähnlichen Vorgang, der zu einer Aufdeckung und Versteuerung der in den Anteilen an der D. enthaltenen stillen Reserven führe. Dass es sich, wie von der Klägerin in der Betriebsprüfung vorgetragen, bei der D. um eine Art Sozietät gehandelt habe, die sich mit ihren selbständigen Teilbetrieben auseinandergesetzt habe, sei rechtlich nicht erheblich. Eine Fortführung des Buchwerts der Anteile an der Ursprungsgesellschaft sei nach den Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) nicht möglich. Die Aufdeckung der stillen Reserven lasse sich auch nicht nach den Regelungen des sog. Tauschgutachtens vermeiden, da sie an der D. nur zu 49 %, nunmehr aber zu 100 % an der Q. beteiligt gewesen sei. Das geänderte Beteiligungsverhältnis stehe der Art- und Funktionsgleichheit entgegen. Art. 8 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (DBA-Luxemburg) weise das Besteuerungsrecht Deutschland zu. Auf die am 23. Juli 1990 erlassene Fusionsrichtlinie könne sich die Klägerin mangels Umsetzung nicht berufen. Die Richtlinie entfalte selbst keine unmittelbare Wirkung. § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sei erst ab dem Veranlagungszeitraum 1994 anwendbar. Der anzusetzende Veräußerungserlös für die Beteiligung an der D. berechne sich als gemeiner Wert der erhaltenen Anteile an der Q.. Dieser wiederum berechne sich als hälftiges Kapital an der bisherigen D., das, ausgehend von einem Gesamtkapital von … DM, … DM betrage. Die „Anteile an verbundene Unternehmen” müssten daher statt bisher mit … DM mit … DM aktiviert werden (vgl. Tz. 33 und Anlage 2 des Bp-Berichts vom 00.00.0000). In Höhe von … DM ergab sich daraus die streitgegenständliche Gewinnerhöhung (vgl. Mehr- und Weniger-Rechnung, Anlage 3 des Bp-Berichts). Des Weiteren kam die Prüfung u.a. zu dem Ergeb...

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