Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktien als notwendiges Betriebsvermögen eines landwirtschaftlichen Betriebs

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Aktien von Zuckerfabriken, die ein Landwirt hält und mit deren Besitz nach der Satzung zugleich eine Rübenanbau- und -ablieferungspflicht und/oder ein Rübenanlieferungsrecht (Kontingent) verbunden ist, sind notwendiges Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs.

2) Die Satzungsbestimmung verstößt - auch - mit dem In-Kraft-Treten der EG-Zuckermarktverordnung nicht gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB).

 

Normenkette

EStG § 13; BGB § 134; EStG § 4 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2003; Aktenzeichen IV R 19/02)

 

Tatbestand

Die Kläger erzielen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Im Rahmen einer bei der Betriebsgemeinschaft durchgeführten Prüfung des Finanzamtes für Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft … wurde unter anderem festgestellt, daß die Kläger 18 Aktien der Zuckerfabrik … mit einem Nominalwert von jeweils 100,–DM besaßen, die sie Ende 1989 zu einem Preis von 900,– DM pro Aktie veräußerten. Gemäß § 6 der Satzung der Zuckerfabrik … war jeder Aktionär verpflichtet, für je nominal 50,– DM seines Aktienbestandes jährlich 1/10 Morgen Zuckerrüben ordnungsgemäß anzubauen und abzuliefern. Im Hinblick auf diese mit dem Aktienbesitz verbundenen Liefer- und Abnahmeverpflichtungen vertrat der Betriebsprüfer die Ansicht, bei den Aktien handele es sich um notwendiges Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs. Der Gewinn aus dem Verkauf der Aktien, den der Betriebsprüfer ausgehend von Anschaffungskosten von 250,– DM pro Aktie mit 11.700,– DM ermittelte, sei deshalb dem Gewinn des Wirtschaftsjahres 1989/1990 hinzuzurechnen. Der Beklagte erließ am 09.11.1995 entsprechend geänderte Feststellungsbescheide für 1989 und 1990 (Änderung nach § 164 Abs. 2 AO).

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 03.06.1998) machen die Kläger mit der hiergegen gerichteten Klage geltend, bei den Aktien habe es sich nicht um notwendiges Betriebsvermögen gehandelt.

Die Aktien seien von ihnen in den 80-er Jahren erworben worden. Sie hätten zu keiner Zeit Zuckerrüben an die Zuckerfabrik …. geliefert und hätten dies auch nie beabsichtigt. Deshalb habe die Beteiligung ihren Betrieb nicht gefördert und sei auch nicht zu diesem Zweck erworben worden. Sie habe lediglich, wie alle übrigen Aktien auch, als Kapitalanlage gedient.

Eine Beteiligung gehöre nur dann zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt werde. Dies sei bei den Aktien nicht der Fall gewesen, denn mit ihnen seien keine Rübenlieferungsrechte verbunden gewesen.

Die Satzung der Zuckerfabrik … habe zwar bis zum Ende ihres Bestehens eine Bestimmung enthalten, wonach für Aktienbesitzer Zuckerrübenlieferungsrechte bzw. -pflichten bestanden hätten. Dieser Bestimmung habe aber die EG-Verordnung 206/68 des Europäischen Rates von 20.2.1968 entgegengestanden, die vorschreibe, wer innerhalb der Europäischen Gemeinschaft Zuckerrüben anbauen und liefern dürfe. Entgegenstehende privatrechtliche Vereinbarungen seien damit nach § 134 BGB nichtig geworden. Dies gelte auch für die entsprechende Bestimmung der Satzung der Zuckerfabrik …. Denn gesetzliche Verbote im Sinne des § 134 BGB könnten sich auch aus EG-Verordnungen ergeben, die nach § 189 Abs. 2 EWGV in allen ihren Teilen verbindlich seien, in jedem Mitgliedsstaat unmittelbar gälten und dem innerstaatlichen Recht im Rang vorgingen.

Die Verordnung 206/68, die auf Art. 6 der EG-Verordnung 1009/67 basiere, sehe vor, daß der Rat insbesondere in Bezug auf die allgemeinen Bedingungen für die Lieferung von Zuckerrüben Rahmenbedingungen erlasse und daß die Branchenvereinbarungen sowie die Verträge zwischen Zuckerrübenverkäufern und -käufern mit diesen Rahmenbedingungen im Einklang stehen müßten. Art. 1 der Verordnung definiere den Begriff der Branchenvereinbarung. Es handle sich um eine von den Herstellern oder von einem durch den betreffenden Mitgliedsstaat anerkannten Herstellerverband einerseits und einem durch den betreffenden Mitgliedsstaat annerkannten Verkäuferverband andererseits vor Abschluß der Verträge getroffene Vereinbarung. Der Begriff des Herstellers werde ebenfalls definiert. Danach seien Hersteller die Zuckerhersteller (= Zuckerfabriken). Den Begriff des Verkäufers definiere die Verordnung als Verkäufer von Zuckerrüben (= Landwirte).

Sinn und Zweck der EG-Verordnung 206/68 sei es gewesen, eine Überproduktion von Zucker innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu vermeiden. Deshalb seien den nationalen Mitgliedsstaaten Zuckerquoten zugeteilt worden. Die Zuckerquoten seien den Zuckerfabriken zur Verfügung gestellt worden. Die EG-Verordnung 206/68 regle, wie die einzelnen Landwirte an der Zuckerproduktion zu beteiligen seien.

Nach der EG-Verordnung 206/98 könne dies durch eine Branchenvereinbarung geregelt werden. Dies sei im rheinischen Anbaugebiet geschehen. Allerdings...

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