Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Drei-Tagesfiktion bei Bekanntgabe durch Fax

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Bekanntgabe von Verwaltungsakten durch Telefax ist keine Übermittlung durch die Post. Die Drei-Tagesfrist gilt nicht.

2) § 122 Abs. 2a AO findet nur dann Anwendung, wenn das Empfangsgerät technisch dazu in der Lage ist, die Sendung elektronisch aufzuzeichnen.

 

Normenkette

AO § 122 Abs. 2a, §§ 87a, 122 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt ein Gewerbe für künstlerisches Metall-Design. Im Jahr 2003 führte der Beklagte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch, die sich auf die Einkommensteuer, Umsatzsteuer sowie Gewerbesteuer für die Jahre 1998 – 2000 erstreckte. Auf der Grundlage der Feststellungen des Betriebsprüfers im Betriebsprüfungsbericht vom … 2004 erließ der Beklagte am … 2004 geänderte Umsatzsteuerbescheide, am … 2004 geänderte Einkommensteuerbescheide und am … 2004 geänderte Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre.

Hiergegen wendete sich der Kläger mit den Einsprüchen vom … 2004 (wegen Umsatzsteuer), vom … 2004 (wegen Einkommensteuer), und vom … 2004 (wegen Gewerbesteuermessbeträge). Mit Einspruchsentscheidungen vom …2005 wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers gegen die streitigen Steuerbescheide als unbegründet zurück und verfügte die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidungen mittels Telefax an den Bevollmächtigten des Klägers, den Steuerberater … Ausweislich der Empfangsberichte auf den Deckblättern der mit der Klagebegründung übersandten Kopien der Einspruchsentscheidungen sind die Einspruchsentscheidungen wegen Einkommensteuer 1998 – 2000 dem Bevollmächtigten am 03.03.2005 um 11.49 Uhr, wegen Umsatzsteuer 1998 – 2000 am 03.03.2005 um 11.57 Uhr und wegen Gewerbesteuermessbeträge 1998 – 2000 am 03.03.2005 um 11.59 Uhr per Telefax übermittelt worden (vgl. Bl. 49 – 64 der Gerichtsakten).

Gegen die Einspruchsentscheidungen hat der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 07.03.2005 Klage erhoben, das dem Gericht durch Telefax am 05.04.2005 übersandt worden ist. Mit der Klage begehrt der Kläger in der Sache die Abänderung der angefochtenen Steuerbescheide mit der Begründung, der Beklagte habe zu Unrecht in den Streitjahren Zuschätzungen wegen ungeklärter Einzahlungen auf Privat- und Betriebskonten vorgenommen, die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer auf den Betrag von 2.400,00 DM jährlich beschränkt, Bewirtungsaufwendungen i.H.v. 910,90 DM im Streitjahr 1998 nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen und die begehrten Ansparabschreibungen von 53.500,00 DM in 1998, von 21.000,00 DM in 1999 und von 76.999,00 DM in 2000 versagt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Klageschrift vom 07.03.2005 sowie das Schreiben des Klägers vom 19.04.2006 verwiesen.

Nach Hinweis des Senats mit der Ladung zum Termin, dass im Streitfall die Klagefrist nicht gewahrt sein dürfte, trägt die Klägerin wie folgt vor: Bei einem per Telefax übermittelten Verwaltungsakt handele es sich um einen elektronisch übermittelten Verwaltungsakt. Nach § 122 Abs. 2a der Abgabenordnung (AO) gelte ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Unter Berücksichtigung dieser Drei-Tages-Frist sei die Klage vorliegend rechtzeitig erhoben worden. Dass § 122 Abs. 2a AO auch im Falle der Faxübermittlung anwendbar sei, sei im AO-Anwendungserlass zu § 122 Nr. 1.8.2 ausdrücklich geregelt. Diese Rechtsauffassung der Finanzverwaltung werde auch im steuerrechtlichen Schrifttum überwiegend geteilt. Sie sei auch richtig; denn der Zweck des § 122 Abs. 2 bzw. Abs. 2a AO bestehe in der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens. Es solle möglichst der Streit über den genauen Zeitpunkt des Zugangs eines Verwaltungsakts vermieden werden. Er, der Kläger, habe auf die Bekanntgaberegelung im AO-Anwendungserlass vertraut und dementsprechend die Klagefrist voll ausgeschöpft; die Nichtanwendung der Bekanntgaberegelung führe zu einer unzulässigen „Verböserung”. Soweit der Bundesfinanzhof (BFH) in der Vergangenheit bei der Faxübermittlung auf den tatsächlichen Zugang abgestellt habe, handele es sich um lange zurückliegende Entscheidungen, die durch die Einführung des § 122 Abs. 2a AO überholt seien. Im Übrigen habe sein steuerlicher Berater die streitigen Telefaxe mit den Einspruchsentscheidungen nicht am 03.03.2005, sondern – wegen Abwesenheit – erst am 07.03.2005, einem Montag, in Augenschein nehmen können. Insoweit werde Beweis angeboten durch Vernehmung der Steuerberaterin … als Zeugin. Mithin sei die Klagefrist auch aus diesem Grunde gewahrt.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung der angefochtenen Änderungsbescheide und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen die Einkommensteuer 1998 auf …,00 EUR, die Einkommensteuer 1999 auf …,00 EUR, die Einkommensteuer 2000 auf …,86 EUR, die Umsatzsteuer 1998 auf …,30 EUR, die Umsatzsteuer 1999 auf …,00 EUR, die Umsatzsteuer 2000 auf …,65 EUR sowie die Gewerbesteuermessbeträge 1998, 1999 und 2000 auf...

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