Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung nach § 174 Abs. 4 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Änderung nach § 174 Abs. 4 AO setzt anders als § 174 Abs. 1 bis 3 AO nicht voraus, dass die Berücksichtigung des Sachverhalts in dem einen Steuerbescheid die weitere Berücksichtigung desselben Sachverhalts bei einem anderen Steuerpflichtigen, einer anderen Steuerart oder in einem anderen Veranlagungszeitraum denkgesetzlich ausschließt.

2) § 174 Abs. 4 AO erlaubt die Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide allerdings nicht, wenn sich die rechtliche Würdigung eines in mehren Jahren gleichförmig verwirklichten Sachverhalts ändert.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.11.2012; Aktenzeichen I R 53/11)

BFH (Urteil vom 14.11.2012; Aktenzeichen I R 53/11)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, die Körperschaftsteuerfestsetzung 1990 nach § 174 Abs. 4 der AbgabenordnungAO – zu ändern.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde.

Der Kläger ist ein Versicherungsverein, der in den Jahren 1990 bis 1992 zunächst mit 49,3 % und später mit 100 % an der irischen Kapitalanlagegesellschaft B Inc. – im Folgenden B – beteiligt war. Das Vermögen der B bestand aus verschiedenen Wertpapieren, aus denen die B Erträge erzielte. Im Streitjahr 1990 waren die Anteile an der B in der Bilanz des Klägers unter den Bilanzposten „Beteiligung” mit 32.068.393,14 DM erfasst. Die Erträge aus der Beteiligung behandelte der Kläger nach dem „Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei der Gewerbesteuer” als steuerfreie Ausschüttungen. Dem folgte der Beklagte im ursprünglichen Körperschaftsteuerbescheid 1990 vom 21. Januar 1992 (geändert durch Bescheid vom 18. August 1992).

Im Anschluss an eine für die Jahre 1989 bis 1993 durchgeführte Außenprüfung folgte der Beklagte der Auffassung des Finanzamts für Konzernbetriebsprüfung C, nunmehr Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung – im Folgenden GKBp –, die in der „Zwischenschaltung” der B einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO sah, und löste den Bilanzposten „Beteiligung” gewinnmindernd auf. Stattdessen erfasste der Beklagte unter dem Konto „Sammelposten” erfolgswirksam die Wertpapiere, Debitoren, Geldkonten, Kreditoren und das Kapitalkonto der B. Die Steuerfreistellung der ausländischen Einkünfte entfiel im Streitjahr 1990 in Höhe von 2.315.911 DM, und in den darauffolgenden Jahren in Höhe von 3.536.587 DM (1991), 2.391.956 DM (1992) und 2.096.709 DM (1993). Die Anrechnung ausländischer Quellensteuer unterblieb. Die in der Gewinn und Verlust-Rechnung – GuV – der B ausgewiesenen Betriebsausgaben ließ der Beklagte nicht zum Betriebsausgabenabzug zu. Stattdessen berücksichtigte er basierend auf einem Erfahrungssatz 0,3 % der Einnahmen als Betriebsausgaben.

Dies führte zu folgenden Gewinnänderungen außerhalb der Bilanz (in DM):

1990

337.902

1991

522.537

1992

720.629

1993

1.358.606

Die Behandlung führte zu folgenden Änderungen „innerhalb der Bilanz” (in DM):

Ausbuchung der Beteiligung B

Ausbuchungsbetrag

Gewinnänderung

31. Dezember 1990

32.068.393,15 DM

./. 32.068.393,15

31. Dezember 1991

29.015.649,28 DM

+ 3.052.743,87

31. Dezember 1992

31.168.409,77 DM

./. 2.152.760,49

31. Dezember 1993

33.256.118,81 DM

2.096.709,04

Die Position „Sammelposten” setzte die Bp mit folgenden Werten an (in DM):

31. Dezember 1990

26.713.009

31. Dezember 1991

28.798.037

31. Dezember 1992

30.707.075

31. Dezember 1993

31.671.178

Die Gewinnänderung aus der Position „Sammelposten” betrug isoliert betrachtet (in DM):

1990

+ 26.713.009

1991

+ 2.085.028

1992

+ 1.909.038

1993

+ 964.103

Im Ergebnis führte die Auflösung des Bilanzpostens „Beteiligung” und dessen Ersetzung durch den Bilanzposten „Sammelposten” im Streitjahr 1990 zu einer niedrigeren und in den Folgejahren zu einer höheren Körperschaftsteuerfestsetzung.

Gegen die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Änderungsbescheide 1990 bis 1993 vom 30. Juli 1997 legte der Kläger am 8. August 1999 Einsprüche ein, die der Beklagte am 15. Dezember 1999 als unbegründet zurückwies. Im hiergegen gerichteten Klageverfahren nahm der Kläger am 14. April 2000 die Klage gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1990 (jetziges Streitjahr) zurück, weil ihm für dieses Verfahren die Beschwer fehlte. Das weitergehende Verfahren ruhte bis zum Abschluss der beim Bundesfinanzhof – BFH – anhängigen Revisionsverfahren I R 94/97 und I R 117/97.

Mit Urteil vom 25. Februar 2004 I R 42/02 (BStBl II 2005, 14) entschied der BFH unter gleichzeitiger Bestätigung seiner Entscheidungen vom 19. Januar 2000 I R 94/97 (BStBl II 2001, 222) und I R 117/97 (BFH/NV 2000, 824), dass die Beteiligung einer inländischen Kapitalgesellschaft an Kapitalanlagegesellschaften im niedrig besteuerten Ausland (im dortigen Streitfall der IFSC-Gesellschaft in den Dublin-Docks) nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 42 AO ist, wen...

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