Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendiger Inhalt einer Steuererklärung und Wirkung einer nicht unterschriebenen Steueranmeldung

 

Leitsatz (redaktionell)

Handelt es sich bei der "Änderung" eines Steuerbescheides tatsächlich um eine erstmalige Steuerfestsetzung, können Zinsen ausschließlich nach § 233a Abs. 3 AO erhoben werden. Eine Anwendung von § 233a Abs. 5 AO kommt nicht in Betracht.

Eine nicht unterschriebene Umsatzsteuererklärung ist weder als wirksame Steueranmeldung im Sinne des § 168 S. 1 AO noch als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung anzusehen. Dieses gilt auch, wenn es sich um eine zustimmungspflichtige Steueranmeldung im Sinne des § 168 S. 2 AO handelt und das Finanzamt seine Zustimmung erteilt hat.

 

Normenkette

AO § 233a Abs. 3, 5, § 168 S. 2, § 167 Abs. 1 S. 2, § 150 Abs. 1 S. 1, § 164 Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.02.2002; Aktenzeichen V R 42/01)

 

Tatbestand

Strittig ist, ob der Beklagte zu Recht Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer 1991 festgesetzt hat.

Zum umsatzsteuerlichen Unternehmen des Klägers zu 1. (…) gehörten im Streitjahr 1991 vier Betriebe, davon drei in A. und ein Betrieb in B. belegen. Hinsichtlich der A. Betriebe hat die Klägerin zu 2. im Laufe des Klageverfahrens die Rechtsnachfolge angetreten. Im Streitjahr 1991 waren noch alle Betriebe in der Hand des Klägers zu 1.

Nach den für alle vier Betriebe zusammengefaßten Umsatzsteuervoranmeldungen für 1991 waren insgesamt im Vorauszahlungsverfahren ca. 3,2 Mio. DM an Umsatzsteuer zu zahlen (Umsätze ca. 25 Mio. DM; Vorsteuern ca. 282.000,– DM).

Am 26.02.1993 ging eine Umsatzsteuerjahreserklärung für 1991 beim Beklagten ein. Diese war allerdings weder vom Kläger zu 1., noch von den Bevollmächtigten, die nach einem aufgebrachten Stempel bei der Anfertigung der Erklärung mitgewirkt hatten, unterschrieben. In einem – ebenfalls nicht unterschriebenen – Begleitschreiben wurde darauf hingewiesen, diese Erklärung enthalte nur die Umsätze von drei der vier Betriebe. Sobald die Besteuerungsgrundlagen des vierten Betriebs (in B. gelegen) vorlägen, werde eine berichtigte Umsatzsteuererklärung nachgereicht. Angegeben waren in dieser Erklärung Umsätze von ca. 20 Mio. DM und Vorsteuern von 323.419,– DM. Dies führte zu einer Umsatzsteuerzahllast von 2.498.590,– DM. Nach Abzug der Umsatzsteuervorauszahlungen, beschränkt auf die drei A. Betriebe (2.544.244,– DM), errechnete sich hieraus ein Erstattungsanspruch in Höhe von 45.654,– DM.

Am 13.04.1993 ging die vom Kläger zu 1. unterschriebene, nunmehr vollständige Umsatzsteuererklärung für 1991 beim Beklagten ein. Hieraus ergab sich für alle vier Betriebe eine Umsatzsteuer von 3.205.697,– DM (Umsatz ca. 25 Mio. DM; Vorsteuern 369.873,– DM) und nach Abzug der Vorauszahlungen für vier Betriebe ein Erstattungsanspruch von 47.844,– DM.

Der Veranlagungssachbearbeiter des Beklagten bearbeitete die zuerst eingegangene Umsatzsteuererklärung am 13.04.1993, ohne die an diesem Tag eingegangene zweite Umsatzsteuererklärung zu beachten. Er erteilte vordruckmäßig durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens auf dem Verfügungsteil der Erklärung eine „Zustimmung” im Sinne des § 168 S. 2 AO und leitete die Erklärung an die Finanzkasse weiter zur Sollanweisung. Dort erfolgte die Bearbeitung am 21.05.1993 und es wurde unter dem 25.05.1993 im maschinellen Verfahren eine „Abrechnung zur Umsatzsteuer für 1991 sowie Bescheid über Zinsen” erstellt, welche am 26.05.1993 durch die Kassenaufsicht überprüft und am 16.06.1993 dem Kläger zu 1. bekannt gegeben wurde.

In dieser „Abrechnung” vom 16.06.1993 ist ausgeführt, es sei ein Betrag von 2.498.590,– DM „abzurechnen”, hierauf sei ein Betrag von 3.255.454,– DM gezahlt, demnach zu viel gezahlt 756.864,– DM.

Zugleich wurden Erstattungszinsen in Höhe von 3.784,– DM festgesetzt (berechnet für den Zeitraum vom 01.04.1993 bis 25.05.1993 = 1 Monat = 0,5 % von 756.800,– DM).

Aus dem so errechneten Erstattungsanspruch von insgesamt 760.648,– DM wurde ein Betrag von 262.870,– DM am 28.06.1993 auf ein Konto des Klägers zu 1. überwiesen, der Restbetrag wurde auf Lohn- und Umsatzsteuern für April und Mai 1993 umgebucht.

Die (zweite) Umsatzsteuererklärung des Klägers zu 1. vom 13.04.1993 wurde erst am 29.06.1993 bearbeitet. Nach Durchlauf durch die Finanzkasse und Kassenaufsicht erließ der Beklagte unter dem Datum des 23.07.1993 einen nach § 164 Abs. 2 AO berichtigten Umsatzsteuerbescheid nebst Abrechnung. Danach setzte er die Umsatzsteuer nun (wie angegeben) auf 3.205.697,– DM fest. In der Abrechnung zum Umsatzsteuerbescheid vom 23.07.1993 heißt es sodann, hierauf seien (nur) 2.498.590,– DM gezahlt worden (Vorauszahlungen 3.255.454,– abzüglich Erstattung vom 23.06.1993 756.864,–), so daß sich eine Nachzahlung von 707.107,– DM ergebe, fällig am 26.08.1993.

Zugleich wurden mit Bescheid vom 23.07.1993 die hier strittigen Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer in Höhe von 10.358,– DM festgesetzt und die (zuvor errechneten) Erstattungszinsen von 3.784,– DM zurückgefordert, so daß sich ein...

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