Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der Verjährungsfrist für Ansprüche auf Erstattung von Kapitalertragsteuer nach § 50d EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Die vierjährige Verjährungsfrist für den Anspruch des Gläubigers auf Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer nach § 50d EStG beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer durch den Entrichtungsschuldner abgeführt wird.

 

Normenkette

AO 1977 § 155 Abs. 1, 1 S. 3, Abs. 4, § 170 Abs. 1, § 169 Abs. 2, 2 Sätze 1, 1 Nr. 2, § 37 Abs. 2; EStG § 50d Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.01.2003; Aktenzeichen I R 10/02)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Kapitalertragssteuern die Festsetzungsverjährung entgegen steht.

Die Klägerin ist eine in der Schweiz ansässige Kapitalgesellschaft. Obwohl die Klägerin ihren statuarischen Sitz in X (Großbritannien) hat, unterlag sie in dem hier interessierenden Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht für die direkte Bundessteuer in der Schweiz und hatte ihr steuerliches Domizil im Kanton Y, wo sie auch steuerlich durch das kantonale Steueramt erfasst war. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bestätigungen des kantonalen Steueramtes Y verwiesen (Blatt 18, 30, 58 der Vergütungsakten).

Die Klägerin war im Streitzeitraum zu 100 Prozent an der deutschen MP-GmbH in A. beteiligt. Bei der deutschen GmbH handelt es sich um ein Kaffeeimportunternehmen. Die Schwestergesellschaft der Klägerin, die M.-AG, ist an diversen Kaffeegesellschaften in den Kaffeeherkunftsländern beteiligt. Hinter beiden Gesellschaften stehen mit einer Beteiligung von 82 Prozent die TT AG in der Schweiz sowie diverse Schweizer und ein in Kenia lebender Deutscher mit zusammen 18 Prozent.

In den Jahren 1995 und 1996 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung A. bei der deutschen Tochtergesellschaft der Klägerin eine Außenprüfung durch. Im Rahmen der Außenprüfung wurde festgestellt, dass die deutsche Gesellschaft im Jahr 1993 eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Klägerin im Umfang von 2,3 Millionen DM vorgenommen hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf den auszugsweise vorliegenden Betriebsprüfungsbericht vom 15.10.1996 Bezug genommen (Blatt 7 ff. der Vergütungsakte).

Unter dem 6.1.1997 erging gegenüber der deutschen Tochtergesellschaft der Klägerin ein Kapitalertragsteuerbescheid für den Anmeldungszeitraum Dezember 1993 mit dem die Tochtergesellschaft als Schuldnerin der Kapitalerträge auf Zahlung von 575.000 DM in Anspruch genommen wurde. Die Kapitalertragsteuer ist fristgerecht an das Finanzamt A.-Mitte entrichtet worden.

Die Klägerin stellte im April 1998 einen Antrag auf Erstattung der deutschen Abzugssteuern von Kapitalerträgen nach dem deutsch schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen. Nach Beseitigung diverser Mängel wurde der unter dem 16.10.1998 unterschriebene Antrag erneut im Dezember 1998 beim Beklagten eingereicht.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 2.2.1999 die Erstattung ab, indem er den Erstattungsbetrag auf 0 DM festsetzte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid, Blatt 36/37 der Freistellungsakte, verwiesen. Zur Begründung führte er aus, dass für den Antrag bzw. den Anspruch auf Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragssteuern die Festsetzungsfrist abgelaufen sei.

Dagegen wendete sich die Klägerin mit fristgerecht erhobenem Einspruch.

Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, dass entgegen der Auffassung des Beklagten die Festsetzungsverjährungsfrist für den Anspruch auf Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragssteuer frühestens mit Ablauf des Jahres der Feststellung der verdeckten Gewinnausschüttung 1995 und nicht mit Ablauf des Jahres der verdeckten Gewinnausschüttung 1993 zu laufen begonnen habe. Festsetzungsverjährung sei daher im Jahr der Antragstellung 1998 noch nicht eingetreten gewesen.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 8.6.2000 als unbegründet zurück. In der Einspruchsentscheidung vertrat er die Auffassung, dass ein Anspruch auf Entlastung von der deutschen Abzugsteuer durch Steuerfestsetzung gegenüber dem Steuerschuldner – hier der Klägerin – vorzunehmen sei. Das Steuerfestsetzungsverfahren unterfalle den Vorschriften über die Festsetzungsverjährung. Die kürzere Antragsfrist nach Art. 28 Abs. 3 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Deutschland – DBA Schweiz – stelle nur eine Mindestfrist dar.

Die Festsetzungsverjährungsfrist für den streitbefangenen Erstattungsanspruch habe mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen begonnen, in dem die Kapitalerträge der Klägerin zugeflossen seien. Da die verdeckte Gewinnausschüttung in 1993 stattgefunden habe, sei die Regelfestsetzungsverjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.1997 abgelaufen.

Eine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO sei nicht eingetreten. Die Klägerin habe keine Steuererklärung abgeben müssen. Der Antrag nach § 50d Abs. 1 EStG sei zwar Voraussetzung für die Steuerentlastung, aber keine Steuererklärung, – Anmeldung oder Anzeige...

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