Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchbrechung der materiellen Rechtskraft nach Steuerfestsetzung gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist zulässig, einen nach rechtskräftiger finanzgerichtlicher Festsetzung der Einkommensteuer gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO bekannt gegebenen Umsetzungsbescheid mit dem Ziel anzufechten, eine Tarifermäßigung gemäß § 34 EStG für bislang nicht streitbefangene Einkünfte und des Absehens von dem antragsgemäß gemäß § 10d Abs. 1 Satz 7 EStG a.F. vorgenommenen Verlustvortrag anzufechten.

 

Normenkette

FGO §§ 110, 100 Abs. 2 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.03.2017; Aktenzeichen IX R 47/15)

BFH (Urteil vom 08.03.2017; Aktenzeichen IX R 47/15)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob ein nach rechtskräftiger finanzgerichtlicher Festsetzung der Einkommensteuer gemäß § 100 Abs. 2 S. 3, 2. HS FGO bekannt gegebener Steuerbescheid mit dem Ziel der Berücksichtigung der Tarifermäßigung gemäß § 34 EStG für bislang nicht streitbefangene Einkünfte und des Absehens von dem antragsgemäß gemäß § 10d Abs. 1 S. 7 EStG a.F. vorgenommenen Verlustvortrag zulässigerweise mit dem Einspruch angegriffen werden kann.

Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nichtselbstständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung und privaten Veräußerungsgeschäften. Darüber hinaus bezogen beide Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Mit dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 18.3.2003 unterwarf der Beklagte einen Veräußerungsgewinn aus der Beteiligung des Klägers an der A GmbH i.H.v. 1.492.500 DM nach §§ 17, 34 Abs. 1 EStG der Besteuerung. Dem hiergegen eingelegten Einspruch der Kläger entsprach er – nach antragsgemäßer Erhöhung des Verlustvortrages gemäß § 10d Abs. 1 S. 7 EStG a.F. um 56.131 DM durch den nach § 164 Abs. 3 AO geänderten Bescheid vom 27.11.2003 – mit Einspruchsentscheidung vom 1.3.2004 insoweit, als unter Anerkennung des Unterbeteiligungsvertrages mit der Klägerin dem Kläger nur noch ein Veräußerungsgewinn i.H.v. 985.050 DM zugerechnet wurde. Im Zuge des hiergegen gerichteten Klageverfahrens vor dem Finanzgericht Köln unter dem Az: 1 K 1712/04 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung 2001 mit Bescheid vom 19.12.2007 wegen vorliegend nicht streitbefangener Besteuerungsgrundlagen. Sodann hob er auf den Antrag des Klägers vom 14.1.2008 den Vorbehalt der Nachprüfung für die Einkommensteuerfestsetzung 2001 mit Bescheid vom 21.1.2008 gemäß § 164 Abs. 3 AO auf. Nachdem der unter dem Az: 1 K 1712/04 anhängigen Klage mit Urteil des Finanzgerichts Köln vom 3.6.2008 nur in geringem Umfang stattgegeben worden war und im Zuge des Revisionsverfahrens am 27.10.2009 ein weiterer Änderungsbescheid ergangen war, mit dem neben der Änderung nicht streitbefangener Beteiligungseinkünfte der dem Kläger zugerechnete Veräußerungsgewinn auf 950.202 DM gemindert und der Verlustvortrag entsprechend dem geänderten Verlustfeststellungsbescheiden zum 31.12.2000 vom 29.10.2009 nur noch i.H.v. 167.566 DM berücksichtigt wurden, hob der BFH auf die Revision der Kläger das Urteil des Finanzgerichts und die Einspruchsentscheidung des Beklagten mit Urteil vom 26.1.2011 IX R 7/09 mit der Maßgabe auf, dass die Einkommensteuer 2001 ohne Ansatz des streitbefangenen Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG festzusetzen sei. Die Berechnung der Steuer wurde dem Beklagten übertragen.

Mit Schreiben vom 12.4. und 6.7.2011 beantragte der Kläger die Berücksichtigung der Tarifermäßigung gemäß § 34 EStG für eine von ihm im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bezogene Abfindung in Höhe von 2.600.000 DM sowie den Rücktrag eines im Jahr 2001 gemäß § 10d Abs. 1 S. 7 EStG a.F. berücksichtigten Verlustvortrages aus dem Jahr 2000 i.H.v. 56.832 DM auf das Jahr 1999. Diesen Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

Tarifermäßigung gemäß § 34 EStG:

In ihrer Einkommensteuererklärung 2001 vom 22.10.2002 hatten die Kläger keine Angaben zu einer ermäßigt zu besteuernden Abfindung des Klägers bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gemacht, sondern einen Betrag von insgesamt 2.867.289 DM als laufenden Arbeitslohn erklärt. In der das Verfahren1 K 1712/04 einleitenden Klageschrift vom 30.3.2004 hatte der damalige Bevollmächtigte der Kläger sodann ohne weitere Erläuterung ausgeführt, dass weiterhin beantragt werde, „für den Fall des Obsiegens die Steuer unter Berücksichtigung der Begünstigungsvorschriften des § 34 EStG festzusetzen”. Weitere Ausführungen zu diesem Antrag erfolgten bis zu dem Revisionsurteil des BFH vom 26.1.2011 nicht.

Änderung der Verlustverrechnung gemäß § 10d Abs. 1 S. 7 EStG a.F.:

Neben der Anfechtung der Einkommensteuerfestsetzung 2001 hatten die Kläger am 8.4.2003 auch Einsprüche gegen die Einkommensteuerfestsetzung 1999 und die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustabzugs zum 31.12.2000 erhoben, in denen sie sich gegen die Berücksichtigung eines im Jahre 2000 ents...

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