Entscheidungsstichwort (Thema)

GewStG: Erweiterte Kürzung nach Veräußerung des einzigen Grundstükkes

 

Leitsatz (amtlich)

Veräußert eine Kapitalgesellschaft während des laufenden Jahres ihr einziges Betriebsgrundstück und entfaltet sie danach nur noch Abwicklungsarbeiten, verbunden mit der Erzielung geringer Zinseinkünfte, entfällt die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin nach Verkauf des einzigen Betriebsgrundstücks im Veranlagungszeitraum 2001 die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG zusteht.

Die Klägerin war bis zum Jahr 2001 Alleineigentümerin der Immobilie X-Straße in Hamburg. Laut Gesellschaftsvertrag war Zweck der Gesellschaft Verwaltung und Erwerb des Grundstücks X-Straße in Hamburg und anderer Immobilien; andere Immobilien erwarb die Gesellschaft in der Folgezeit nicht.

Mit notariellem Vertrag vom 11.05.2001 veräußerte die Klägerin das Objekt X-Straße mit Wirkung zum 30.09.2001. Der Verkaufserlös wurde zur Rückführung von Hypothekendarlehen verwendet. Unter anderem wegen Verhandlungen mit der beteiligten Bank und dem Finanzamt wurde die Gesellschaft bis zum 31.12.2001 nicht aufgelöst und das Gesellschaftsvermögen noch nicht an die Alleingesellschafterin der Klägerin ausgekehrt. Auch erging kein entsprechender Liquidationsbeschluss. Einer werbenden Tätigkeit ging die Klägerin nach dem 30.09.2001 nicht mehr nach.

Die Klägerin erwirtschaftete 2001 einen Jahresüberschuss von 554.325,63 DM. Die Erlöse von 769.168,12 DM bestanden aus Vermietungserträgen (190.712,44 DM), einen Veräußerungsgewinn (577.838,97 DM), sonstigen betrieblichen Erträgen (616,71 DM) sowie Zinserträgen in Höhe von 2.380,73 DM.

Am 24.07.2002 erging der Gewerbesteuermessbescheid 2001. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 GewStG nahm der Beklagte keine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG in Höhe der von der Klägerin beantragten 660.000,00 DM vor. Zur Begründung führte er aus, dass auf Grund des Verkaufs des einzigen Gebäudes im Erhebungszeitraum die Voraussetzungen für eine erweiterte Kürzung nicht mehr gegeben seien.

Am 16.08.2002 legte die Klägerin gegen den entsprechenden Bescheid Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie ausschließlich Umsätze aus Vermietung erzielt habe und ein gelegentlicher Grundstücksverkauf einer ausschließlichen Tätigkeit als Grundstücksverwaltungsgesellschaft im Sinne des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht entgegen stehe. Zudem sei der Veräußerungserlös nicht zum Erzielen von Kapitaleinkünften verwendet worden. Ferner sei § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG anzuwenden, weil nur so die mit der Vorschrift bezweckte gewerbesteuerliche Gleichstellung von Grundstücksunternehmen in der Form einer Kapitalgesellschaft und vergleichbaren gewerbesteuerfreien Personengesellschaften zu verwirklichen sei. Letztlich wolle sie auch in Zukunft Einkünfte aus Vermietung erzielen.

Mit Änderungsbescheid vom 16.09.2002 wurde der Steuerbescheid vom 24.07.2002 korrigiert. Damit wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass mit Bescheid vom 13.09.2002 die Gewerbesteuerrückstellung geändert worden war.

Mit am 28.11.2002 zur Post gegebener Einspruchsentscheidung wurde der Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid in Gestalt des Änderungsbescheides vom 16.09.2002 zurückgewiesen. Zur Begründung berief sich der Beklagte darauf, dass die Klägerin im Erhebungszeitraum zeitlich gesehen nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt habe. Die gewerbesteuerpflichtige Betätigung einer Kapitalgesellschaft sei erst bei Einstellung jeglicher Tätigkeit beendet, also nach Verteilung des Vermögens auf die Gesellschafter. Auf die Aufgabe der werbenden Tätigkeit könne nicht abgestellt werden, da allein maßgebend die formelle Gewerbesteuerpflicht sei. Eine Ungleichbehandlung zu vergleichbaren Personengesellschaften sei insofern mit Sinn und Zweck der Vorschrift vereinbar. Insbesondere bestehe keine Regelungslücke. Denn unabhängig davon, ob die Gesellschaft sich in Liquidation befinde oder nicht, sei das Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit restriktiv auszulegen.

Am 30.12.2002 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass eine erweiterte Kürzung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags vorzunehmen sei, da die Gesellschaft mangels nennenswerten Kapitalvermögens nach Verkauf der Immobilie keiner werbenden Tätigkeit mehr nachgegangen sei. Ausschlaggebend sei insofern die bis zum Verkauf der Immobilie ausschließlich ausgeübte Grundstücksverwaltung, die gewerbesteuerlich unschädlich sei. Diese sei mit Ablauf des 30.09.2001 noch nicht beendet gewesen. Denn zum einen gehöre die noch nicht abgeschlossene Abwicklung des Veräußerungsvorgangs mit dem Finanzamt zu der nach der Vorschrift begünstigten Tätigkeit. Zum anderen sei der Veräußerungsvorgang auch wegen Verhandlungen mit der finanzierenden Bank über Rückführung von Bürgschaften und anderer Sicherheiten sowie der Auskehrung der Verkaufserl...

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