Entscheidungsstichwort (Thema)

Entstehung von Einfuhrabgaben bei der Einreise auf dem Luftweg

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zollschuldentstehung gemäß Art. 202 Abs. 1 lit. a) Zollkodex bei vorschriftswidrigem Verbringen einer abgabenpflichtigen Ware (Goldarmband) in das Zollgebiet der Union durch Benutzung des grünen Ausgangs "anmeldefreie Waren" auf einem Flughafen.

2. Zu den Voraussetzungen einer Abgabenbefreiung für Rückwaren, Reisemitbringsel, Waren zur vorübergehenden Verwendung oder ein Heiratsgut bzw. Hochzeitschenke.

3. Solange eine Ware nicht ordnungsgemäß in den freien Verkehr überführt worden ist, entstehen die Einfuhrabgaben gleichsam bei jeder Einfuhr neu. Eine Nichtgemeinschaftsware wird auch nicht durch Zeitablauf zur Gemeinschaftsware, da dafür die Erhebung der Einfuhrabgaben Voraussetzung ist.

4. Bei einer Ermittlung des Zollwertes für reinen Goldschmuck stellt es grundsätzlich eine zweckmäßige und nicht zu beanstandende Methode dar, auf den aktuellen Goldpreis zum Verbringenszeitpunkt abzustellen. Allerdings muss dann der tagesaktuelle Goldpreis zu Grunde gelegt werden und bei einer Legierung darf nur auf den Feingoldanteil abgestellt werden.

 

Normenkette

ZK Art. 202 Abs. 1 lit. a); ZKDV Art. 232; EGV 1186/2009 Art. 12; EGV 1186/2009 Art. 41; ZK Art. 29, 31

 

Tatbestand

Die Klägerin wehrt sich gegen die Erhebung von Einfuhrabgaben.

Am 07.05.2013 reiste die Klägerin in Begleitung ihres Lebensgefährten aus Thailand kommend über den Flughafen Hamburg in das Zollgebiet der Union ein. Sie nutzte im Terminal 2 den grünen Ausgang für anmeldefreie Waren. Im Rahmen einer Kontrolle fiel auf, dass die Klägerin sichtbar am rechten Handgelenk ein Goldarmband trug. Im Tatbericht vom 07.05.2013 heißt es, die Klägerin habe angegeben, das Armband vor drei Jahren in Thailand gekauft zu haben, einen Kaufbeleg könne sie nicht vorlegen und der Lebensgefährte der Klägerin habe angegeben, das Goldarmband sei schon über 10 Jahre alt. Die Klägerin war nicht bereit auszusagen und verweigerte die Unterschrift auf der Anzeige. Als Einreisefreimenge wurden der Klägerin und ihrem Lebensgefährten ein Laptop im Wert von 430 € belassen.

Das 22-karätige Armband wog 45 g, der Zollwert wurde auf 1.800 € festgesetzt (40 € je Gramm). Ausgehend von 2,5 % Zoll und 19 % Einfuhrumsatzsteuer errechneten sich Einfuhrabgaben in Höhe von 395,55 €, die die Klägerin beglich. Der Klägerin wurde am 07.05.2013 ein Einfuhrabgabenbescheid ausgehändigt.

Am 22.05.2013 erhob die Klägerin in einem gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten unterzeichneten Schreiben Einspruch. Darin trug sie vor, nicht sie, sondern ihr Lebensgefährte sei Eigentümer des Armbandes. Sie dürfe es nur nutzen. Dieser habe das Armband 1996 in Thailand gekauft und dort seiner damaligen thailändischen Freundin geschenkt. Diese habe es dann 1997 bei einem Besuch in Deutschland beim Lebensgefährten der Klägerin vergessen. Nach dem Besuch sei die Freundschaft beendet worden, das Goldarmband sei in Deutschland verblieben. Den festgesetzten Wert des Armbandes halte sie für überzogen. Zudem lasse der Beklagte den Verjährungstatbestand unberücksichtigt.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 02.08.2013 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Einfuhrzollschuld sei gem. Art. 202 ZK i. V. m. Art. 234 ZK-DVO mit dem vorschriftswidrigen Verbringen in das Zollgebiet der Union entstanden. Dies gelte gemäß § 21 Abs. 2 UStG entsprechend für die Einfuhrumsatzsteuer. Für das Armband sei weder eine Abgabenbefreiung nach der VO Nr. 1186/2009 noch als Rückware gegeben. Das Goldarmband stamme unstreitig aus Thailand. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass ursprünglich Einfuhrabgaben entrichtet worden seien oder, dass das Goldarmband abgabenfrei habe eingeführt werden dürfen. Damit handele es sich um eine Nichtgemeinschaftsware. Dies gelte auch dann, wenn die beim erstmaligen Verbringen in das Zollgebiet der Union entstandene, aber mangels ordnungsgemäßer Abfertigung nicht erhobene Abgabenschuld bereits erloschen sei. Eine Abgabenbefreiung nach Art. 41 VO Nr. 1186/2009 komme wegen des Überschreitens der Freimenge von 430 € gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 b Einreise-Freimengen-Verordnung nicht in Betracht. Die Klägerin sei bei ihrer Einreise am 07.05.2013 verpflichtet gewesen, eine zumindest mündliche Zollanmeldung abzugeben. Für die Abgabenentstehung reiche das objektiv vorschriftswidrige Verbringen, auf Verschulden kommt es nicht an. Die Klägerin sei unabhängig vom Eigentum an dem Armband Zollschuldnerin, da sie das Armband am Handgelenk getragen und es insofern eingeführt habe.

Mit ihrer am 05.09.2013 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt die Einspruchsbegründung und ergänzt, zum Zeitpunkt der Einreise habe sie unter dem Einfluss von Medikamenten gestanden und spreche zudem sehr schlecht Deutsch. So erkläre sich ihrer Aussage, sie habe das Armband vor ca. drei Jahren in Thailand gekauft. Klarstellend weist sie darauf hin, dass die ehemalige Freundin ihr...

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