Entscheidungsstichwort (Thema)

Einfuhrabgaben auf Goldarmreifen bei Einreise über einen Flughafen, grüner Ausgang

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen einer Abgabenbefreiung für Rückwaren und Reisemitbringsel (hier Goldarmreifen).

Zu den Voraussetzungen einer Abgabenbegünstigung in Anwendung des Verfahrens der passiven Veredelung, bei dem auch ein Austausch der zum Zwecke der passiven Veredelung ausgeführten Ware im Drittland (mit der Konsequenz zulässig ist, dass die eingeführte Ware nicht die nämliche ist) in Betracht kommt.

 

Normenkette

VO (EWG) Nr. 2913/92 Art. 202; EWGV 2913/92 Art. 145, 185, 154-155; VO (EWG) Nr. 918/83 Art. 45

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Einfuhrabgaben.

Am 3.8.2004 reiste die Klägerin aus der Türkei kommend über den Flughafen Hamburg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dabei durchschritt sie den grünen Ausgang für anmeldefreie Waren. Bei einer anschließenden Kontrolle des mitgeführten Reisegepäcks wurden an ihrem Handgelenk 12 augenscheinlich neue Goldarmreifen festgestellt. Sie gab an, diese in der Türkei gegen ihren alten Goldschmuck ausgetauscht und 100 EUR hinzugezahlt zu haben. Belege konnte sie nicht vorlegen.

Ausgehend von einem Gewicht von 28 g je Armreif ermittelte der Beklagte einen Zollwert in Höhe von 3521,28 EUR und berechnete Eingangsabgaben in Höhe von 665,52 EUR, die er mit Bescheid vom 3.8.2004 erhob. Da jedes Schmuckstück die Wertgrenze von 175 EUR überstieg, gewährte er die Reisefreimenge nicht.

Den Einspruch der Klägerin vom 6.8.2004 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 18.10.2004 zurück.

Mit ihrer am 22.11.2004 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, bei ihrer Ausreise in die Türkei habe sie 12 goldene Armreifen mitgeführt. Dabei habe es sich um Hochzeitgeschenke, die sie in Hamburg erhalten habe, gehandelt. Rechnungen könne sie nicht vorlegen. Diese Armreifen seien ihr zu eng geworden, daher habe sie sie von einem Juwelier in der Türkei weiten lassen wollen. Der Juwelier habe ihr geraten, die Armreifen gegen größere einzutauschen. Daher habe sie ihm die Armreifen übereignet und im Gegenzug 12 neue Armreifen erhalten. Die Differenz von 100 EUR habe sie gezahlt. Letztlich seien die Armreifen in der Türkei veredelt worden.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 3.8.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, es habe sich nicht um Rückwaren gehandelt, da die Klägerin die Armreifen in der Türkei erworben habe. Eine Abgabenbegünstigung im Rahmen einer passiven Veredelung komme nicht in Betracht. Zwar sei in diesem Verfahren der Austausch der Waren möglich, dann hätte sie jedoch den Gemeinschaftsstatus der alten Armreifen nachweisen müssen und auch lediglich gebrauchte Armreifen einführen dürfen. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakten des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

I. Der Steuerbescheid vom 3.8.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 18.10.2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Rechtsgrundlage für die Erhebung des Einfuhrzolls ist Art. 202 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vom 10.12.1992 (ZK). Diese Vorschrift gilt sinngemäß auch für die Einfuhrumsatzsteuer (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 UStG).

Nach Art. 202 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 ZK entsteht die Einfuhrzollschuld, wenn eine abgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird, im Zeitpunkt des Verbringens. Zollschuldner ist gem. Art. 202 Abs. 3 1. Anstrich ZK die Personen, die die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht hat.

Unter dem von Art. 202 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 ZK vorausgesetzten Verbringen versteht man jedes tatsächliche Gelangen in das Zollgebiet der Gemeinschaft (FG Hamburg, Urteil v. 21.3.2002, IV 182/99, juris). Vorschriftswidrig ist ein Verbringen in das Zollgebiet u.a., wenn die Vorschrift des Art. 40 ZK nicht beachtet (vgl. Art. 202 Abs. 1 Satz 2 ZK), also eine Ware unter Verletzung der Gestellungspflicht in das Zollgebiet verbracht wird. Gestellung bedeutet die Mitteilung an die Zollbehörden in der vorgeschriebenen Form, dass sich die Ware bei der Zollstelle oder an einem anderen von der Zollbehörde bezeichneten oder zugelassenen Ort befindet (vgl. Art 4 Ziff.19 ZK). Zur Gestellung verpflichtet ist die Person, die die Ware in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat.

Die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK-DV) sieht vor, dass bei der Überführung in den freien Verkehr (Art. 230 ZK-DV) und zur vorübergehenden Verwendung und Wiederausfuhr (Art. 232 ZK-DV) Zollanmeldungen durch and...

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