Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der Ausfuhrerstattung wegen Nichteinhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzvorschriften

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 1 VO Nr. 615/98 insoweit gültig, als er die Gewährung der Ausfuhrerstattung an die Einhaltung der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport knüpft?

Für den Fall, dass die vorstehende Frage bejaht wird: Ist die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98, wonach Ausfuhrerstattung nicht gezahlt wird für Tiere, bei denen die zuständige Behörde aufgrund sonstiger Informationen über die Einhaltung von Art. 1 VO Nr. 615/98 zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden ist, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar?

 

Normenkette

EGV 615/98 Art. 1, 5 Abs. 3; RL 91/628/EWG Anh. Kap. 7 Nr. 48.4; RL 91/628/EWG Anh. Kap. 7 Nr. 48.5

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 17.01.2008; Aktenzeichen C-37/06, C-58/06)

EuGH (Urteil vom 17.01.2008; Aktenzeichen C-37/06)

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.

Mit Ausfuhranmeldung vom 18.11.1999 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt A insgesamt 35 lebende Rinder der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 9071 9000 zur Ausfuhr in den Libanon an. Ausweislich der im Transportplan angegebenen Transportroute sollte der Transport mit dem LKW von B über Hamburg, Eßleben, Salzburg, Villach, Arnoldstein, Udine und Prosecco nach Rasa führen und voraussichtlich 28 Stunden betragen. Tatsächlich gestaltete sich der Transport in der Weise, dass der LKW am 18.11.1999 um 13.30 Uhr den Versandort in B verließ und gegen 23.00 Uhr Eßleben erreichte. Nach Versorgung der Tiere wurde der Transport am 19.11.1999 um 1.00 Uhr fortgesetzt. Entgegen der ursprünglichen Planung erreichte der LKW erst gegen 16.00 Uhr Prosecco, da sich die zweite Transportphase durch zwei Standzeiten - scil. in der Zeit von 5.40 bis 6.45 Uhr infolge einer Unfallaufnahme sowie in der Zeit von 9.30 bis 11.30 wegen einer Schwerlastverkehrskontrolle - verlängerte. In Prosecco wurden die Tiere sodann entladen, gefüttert und getränkt und nach einer Ruhezeit von 20 Stunden am 20.11.1999 gegen 12.30 Uhr erneut verladen. Noch am selben Abend erreichte der Transport um etwa 18.30 Uhr Rasa, wo die Tiere anschließend verschifft wurden.

Den Antrag der Klägerin vom 29.11.1999 auf Gewährung von Ausfuhrerstattung lehnte das beklagte Hauptzollamt in der Folgezeit mit Bescheid vom 1.2.2001 unter Hinweis darauf ab, dass die Klägerin während des Transports der Tiere die gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten habe. Insoweit führte das beklagte Hauptzollamt in dem Bescheid vom 1.2.2001 aus: Gemäß Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 setze die Zahlung der Ausfuhrerstattungen für lebende Rinder des KN-Codes 0102 voraus, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Richtlinie des Rates91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport eingehalten werde. Nach Auswertung des von der Klägerin vorgelegten Transportplanes sei festgestellt worden, dass die nach Kapitel VII Ziffer 48 Nr. 5 der Richtlinie 91/628/EWG vorgeschriebene Ruhepause von 24 Stunden nicht eingehalten worden sei mit der Folge, dass der Klägerin die begehrte Ausfuhrerstattung nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 zu versagen sei.

In ihrem gegen den Bescheid vom 1.2.2001 gerichteten Einspruch räumte die Klägerin zwar ein, dass die Ruhezeit an der italienischen Grenze in Prosecco lediglich etwa 20 Stunden betragen habe. Der LKW sei am 19.11.1999 gegen 16.00 Uhr an der italienischen Grenze eingetroffen. Da der Grenzveterinär an diesem Tage bereits Dienstschluss gehabt habe, sei von den italienischen Behörden die Abladung der Tiere angeordnet worden. Auf Weisung des zuständigen italienischen Grenzveterinärs sei der LKW am 20.11.1999 gegen 12.00 Uhr wieder beladen worden. Wenn der Grenzveterinär der Auffassung gewesen wäre, dass die Tiere im Hinblick auf die nicht erfolgte Ruhepause von 24 Stunden noch nicht transportfähig seien, hätte er den Weitertransport sicherlich nicht abgefertigt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12.12.2001 wies das beklagte Hauptzollamt den Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 1.2.2001 mit der Begründung zurück, dass sich die Klägerin durch Studium der einschlägigen Rechtsvorschriften über die in der Richtlinie 91/628/EWG normierten Pausen- und Ruhezeiten hätte informieren müssen. Dass die Weiterfahrt auf Anordnung des italienischen Veterinärs erfolgt sei, lasse sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen. - Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit ihrer am 4.1.2002 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie betont erneut, der Transportführer habe ausschließlich den An...

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