Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Verlustrealisierung aus Aktienverkauf

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Veräußerung von Aktien ist entsprechend der Vorrangklausel des § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG 1999 mit der Folge des nur eingeschränkten Verlustausgleichs als Spekulationsgeschäft und nicht als Veräußerung nach § 17 EStG zu besteuern, wenn innerhalb der Jahresfrist zwischen Anschaffung und Veräußerung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1999 rechtlich und tatsächlich eine Situation geschaffen wird, die wirtschaftlich betrachtet einer Veräußerung gleichzustellen ist.
  2. Dies ist zu bejahen, wenn der Verkäufer den einverständlich ausformulierten Kaufvertragsentwurf dem Käufer zuleitet, der Käufer das – nach Wertung der Gesamtumstände – bereits darin liegende bindende Verkaufsangebot annimmt, der Kaufpreis entrichtet wird und - bereits vor Übergabe - die Eintragung der Übertragung der Namensaktien im Aktienbuch erfolgt.
 

Normenkette

EStG 1999 §§ 17, 23 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 Sätze 6-7; AktG § 68 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

2000

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.04.2014; Aktenzeichen IX R 18/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in tatsächlicher Hinsicht darüber, ob eine verlustbringende Veräußerung von Aktien bereits im Vorjahr erfolgt war (als Spekulationsgeschäft i. S. von § 23 des EinkommensteuergesetzesEStG-, mit der Folge des nur eingeschränkten Verlustausgleichs) oder erst im Streitjahr (als Veräußerung nach § 17 EStG).

Der Kläger und die Klägerin waren seit langem Inhaber von je 50 % der Anteile an der Fa. C GmbH. Die C GmbH übernahm bei Gründung des Luftfahrtunternehmens D AG (im Folgenden: D AG) im Jahr 1997 insgesamt 225 der 500 Namensaktien (45 %). Weitere 225 Aktien der D AG (45 %) übernahm die D Lufttransporte GmbH, deren Anteile zu 80 % durch die C GmbH und zu 20 % durch den Zeugen E (ihren Geschäftsführer) gehalten wurden. E hatte zudem selbst 30 Aktien der D AG inne (6 %). Inhaber der restlichen 20 Aktien (4 %) wurde schließlich – nach mehrfachen Wechseln – am 31.07.1998 der Kläger. Am 13.01.1999 beschloss die D AG eine Nennwertänderung der Aktien von 500 DM auf 5 DM; das Grundkapital wurde durch die Neuausgabe von 300.000 Stück Namensaktien um 1,5 Mio. DM erhöht. Die neuen Aktien wurden insgesamt vom Kläger übernommen (Eintragung im Aktienbuch durch den Vorstand E am 29.01.1999).

In der (unter Mitwirkung ihres damaligen steuerlichen Beraters, des Zeugen Steuerberaters F) erstellten ESt-Erklärung 2000 gaben die Kläger am 05.09.2001 an, ihre sämtlichen Aktien an der D AG (auch die erst 1999 erworbenen) mit Vertrag vom 10.03.2000 an die D Lufttransporte GmbH zum Preis von 105.700 DM veräußert zu haben. Hierzu legten sie eine handschriftliche Berechnung des Verlustes auf Notizpapier des Zeugen F vor („VK per 26.02.2000...”) und die Kopie eines Kaufvertrages vom 10.03.2000 über die Veräußerung von 302.000 Aktien zum wirtschaftlichen Übergangsdatum 15.03.2000. Den hieraus geltend gemachten Verlust i. S. von § 17 EStG erkannte das damals zuständige Finanzamt –FA- Z-Stadt mit 1.395.000 DM für das Jahr 2000 an (Bescheid vom 08.02.2002, anschließend mehrfach geändert).

Im Rahmen einer Konzernbetriebsprüfung bei der DAG wurde im Oktober 2003 eine Kopie des Aktienbuchs aufgefunden. Dort war ein Übergang der Namensaktien für das Datum „30.12.1999” eingetragen und mit „E (Vorstand)” unterschrieben. Die Spalte „angezeigt durch” enthält die Angabe „Kopie Kaufvertrag”. Im Rahmen einer Betriebsprüfung –BP- des FA Z-Stadt übergab der Zeuge F der Prüferin eine Kopie des Aktienbuchs, in der das Datum „30.12.1999” durchgestrichen und handschriftlich mit „26.02.2000” ersetzt worden war. Das neue Datum ist mit dem Handzeichen des Klägers versehen. F gab auf Befragen an, lt. Kläger habe ein Schreibversehen vorgelegen, das er sodann berichtigt habe. Der Insolvenzverwalter der seit 01.06.2004 insolventen D AG übersandte am 16.09.2004 eine weitere Kopie des Aktienbuchs; dieses ist per EDV erstellt und weist das maschinell verzeichnete Datum „26.02.2000” auf. Unterschriften des Vorstandes und – angesichts zu schmaler Spalten – weitere Daten fehlen.

Aus Kopien von Kontoauszügen des Klägers betr. dessen Konto bei der Z-Bank in Y-Stadt ergeben sich folgende Buchungsvorgänge:

- am 30.12.1999: „Überweisungsgutschrift D „Zahlung Kaufvertrag Wert 30.12.1999”; 100.000 DM (H)

- am 05.12.2000: „Überweisungsauftrag D Rückzahlung Darlehen”; 100.000 DM (S)

- am 05.12.2000 mit Wertstellung zum 01.11.2000: „Überweisungsgutschrift D Kaufpreis DAG Aktien”; 105.700 DM (H).

Die BP traf im Rahmen von Durchsuchungen beim Kläger und beim Zeugen F u. a. folgende weiteren Feststellungen:

- Kaufvertrag vom 28.12.1999 mit der Unterschrift (allein) des Zeugen E

- von der Klägerin unterschriebener Überweisungsbeleg vom 28.12.1999 über die Kaufpreiszahlung der D Air an den Kläger mit Wertstellung 30.12.1999

- Fax des Klägers an den Zeugen F vom 27.12.1999 mit dem auf den 28.12.1999 datierten Vertragsentwurf über den Aktienverkauf (Zusatz: „F, ist das so o.k.? Gru...

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