Entscheidungsstichwort (Thema)

Zumutbarkeit des Benennungsverlangens bzgl. des tatsächlichen Empfängers von Zinszahlungen bei Sparbriefen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Eigenschaft von Sparbriefen als Inhaber- bzw. Legitimationspapier und die damit einhergehende Befugnis zur schuldbefreienden Leistung an den Inhaber steht einem Benennungsverlangen der Finanzbehörde bzgl. des tatsächlichen Empfängers von Zinszahlungen sowie des Gläubigers des Sparbriefguthabens nicht entgegen.

2. Ein Wertungswiderspruch zu den - im Streitfall durch Einschaltung eines Treuhänders erfüllten - Anforderungen an die formelle Kontenwahrheit besteht insoweit nicht.

3. Die Möglichkeit wechselnder Inhaberschaft an den Sparbriefen kann jedenfalls dann nicht zur Unverhältnismäßigkeit des Benennungsverlangens führen, wenn dies nach Lage des Einzelfalls nur mit Kenntnis des Schuldners geschehen konnte.

 

Normenkette

AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, § 90 Abs. 2 S. 1, §§ 154, 159, 160 Abs. 1 S. 1; BGB § 793 Abs. 1, § 808 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1989, 1990, 1991, 1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.02.2004; Aktenzeichen I R 13/03)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der A Bank AG in A-Stadt (A A-Stadt), die sie 1992 von der A Bank AG in B-Stadt (A B-Stadt) erwarb und mit Vertrag vom 26.10.1992 zum Stichtag 29.2.1992 auf sich verschmolz. Mitte der 70er Jahre hatten französische Gesellschaften Kredite bei der A B-Stadt aufgenommen, die zusätzlich zu den in den Kreditverträgen genannten Sicherheiten durch die Verpfändung von Sparbriefen und anderen Guthaben (nachfolgend allgemein mit „Sparbriefe” bezeichnet) besichert worden waren. Inhaber der Sparbriefe waren andere, nicht mit den kreditaufnehmenden Gesellschaften identische Personen. Ab 1976 übertrug die A B-Stadt die bankintern als „.........kredite” bezeichneten Darlehensforderungen sowie die dazugehörenden Sicherheiten auf die A A-Stadt. Dort wurden die Kredite zunächst als sogenannte „durchlaufend Kredite” geführt. Ab Dezember 1977 bis Juni 1978 wurden die Kreditforderungen und die Sicherheiten der A A-Stadt zu eigener Rechnung übertragen. Zwischen Dezember 1979 und März 1981 übertrugen die Inhaber der Sparbriefe diese auf den Schweizer Staatsangehörigen C, geschäftssässig in B-Stadt, der die Sparbriefe seither treuhänderisch hielt. Seit diesem Zeitpunkt bestand bei der A A-Stadt für jeden Kredit ein Kreditkonto auf den Namen der Gesellschaft sowie ein Wertpapierkonto und ein laufendes Konto, die auf den Namen von Herrn C geführt wurden. Ab 1987 rechnete der Treuhänder C seine Treuhandhonorare in Höhe von 2 ‰ der besicherten Kreditsumme unmittelbar gegenüber der A A-Stadt zu Lasten der Treuhandkonten ab.

Am 25.2.1992, unmittelbar nachdem die Klägerin die Anteile an der A A-Stadt übernommen hatte, fand bei der A A-Stadt eine Durchsuchung des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung A-Stadt - SteuFA - statt, in deren Verlauf Unterlagen über die Vergabe von Krediten an französische Gesellschaften beschlagnahmt wurden. Mit Schreiben vom 12.6.1992 forderte das SteuFA den damaligen Vorstand der A A-Stadt nach § 90 Abs. 2 Abgabenordnung - AO - und § 160 Abs. 1 AO auf, geeignete Originalunterlagen zur Verfügung zu stellen, aus denen zu entnehmen sei, wer die entsprechenden Sicherheiten gestellt habe. Der Vorstand der A A-Stadt lehnte eine Vorlage ab. Im weiteren Verlauf der Prüfung wurde zunächst eine Benennung in Aussicht gestellt. Nachdem das SteuFA aber nicht zusichern wollte, dass die zu machenden Angaben nicht zu Spontanauskünften an die für die Treugeber zuständigen Finanzbehörden genutzt würden, wurden schließlich keine weiteren Angaben über die Empfänger gemacht. Am 11.11.1994 erklärte der Treuhänder C gegenüber dem SteuFA, er kenne die hinter den französischen Gesellschaften stehenden Personen aus seiner beruflichen Tätigkeit als Vermögensverwalter persönlich. Er wisse daher, dass die zur Sicherheit hinterlegten Sparbriefe aus dem Vermögen französischer Staatsbürger stamme. Eine Nennung der Personen sei ihm jedoch im Hinblick auf seine Berufspflichten nicht möglich. Mit Bericht vom 22.2.1995 schlug das SteuFA vor, die Schulden und die von der A A-Stadt auf die Sparbriefe gezahlten und den laufenden Konten gutgeschriebenen Zinsen wegen Nichterfüllung des Benennungsverlangens gemäß § 160 AO steuerlich nicht anzuerkennen. Der Beklagte folgte dem Vorschlag und änderte gemäß § 164 Abs. 2 AO die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Körperschaftsteuerbescheide 1989 bis 1992 und Bescheide über die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1.1.1990 bis 1992. Die Einsprüche der Klägerin wies der Beklagte als unbegründet zurück.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit vorliegender Klage.

Sie ist der Ansicht, das Benennungsverlangen sei nicht gerechtfertigt, die Nichtanerkennung der Zinszahlungen und der Schulden sei ermessensfehlerhaft.

Das Benennungsverlangen sei unverhältnismäßig, weil die Benennung für die Klägerin unzumutbar sei. Denn es bestünden erhebliche rechtliche und tat...

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