Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung einer verdeckten Gewinnausschüttung nach deren Rückzahlung sowie Abgrenzung von Rückgewähr- und Schadensersatzansprüchen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Rückgewähr der als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizierenden Vorteile ist auch dann als Einlage zu qualifizieren, wenn sie nicht auf einer Satzungsklausel oder den §§ 30, 31 GmbHG, sondern allein auf einem Schadensersatzanspruch gegen den Gesellschafter wegen Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht beruht.
  2. Der Aufwand zur Erfüllung des Schadensersatzanspruchs kann daher nicht als negative Einnahme oder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.
 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Streitjahr(e)

1993

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Behandlung der Rückzahlung einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Der am 09.09.1995 verstorbene „I” war zu 50% an der „B-GmbH” beteiligt. Gleichfalls beteiligt war der am 09.11.1972 verstorbene „X” (Bruder von „I”). „X” vermachte seinem Sohn „Q” (Neffe von „I”) seinen Anteil an der Gesellschaft. Im Jahr 1984 übertrugen die Testamentsvollstrecker im Erbfall „X” diesen Anteil an den Sohn „Q”. Herr „I” verweigerte jedoch die Zustimmung der Übertragung der Anteile. Im Zuge der Nachlassregelung führten die beiden Gesellschafter der „B-GmbH” verschiedene Prozesse um die Übertragung der Geschäftsanteile. Letztinstanzlich unterlag der „I”. Anschließend wies „I” den Geschäftsführer der „B-GmbH” an, gegen Herrn „Q” auf Feststellung zu klagen, dass er nicht Inhaber der Geschäftsanteile an der „B-GmbH” geworden sei. Die begehrte Feststellung wurde in mehreren Instanzen vom Landgericht Düsseldorf (Az. 32 O 226/87), Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. 6 U 160/92) und dem Bundesgerichtshof abgewiesen. Die Kosten für diese Rechtsstreitigkeiten wurden von der GmbH übernommen. Nach Abschluss dieser Verfahren wurde „I” durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Az. 36 O 110/91) vom 12.05.1992 verurteilt, an die „B-GmbH” die für die Feststellungsklage angefallenen Anwalts- und Gerichtskosten i.H.v. 3.565.368,46 DM nebst entgangenen Anlagezinsen i.H.v. 1.133.626,00 DM zu zahlen. Das Landgericht Düsseldorf verurteilte Herrn „I” auf Grund schuldhafter Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, da er den Geschäftsführer der GmbH angewiesen hatte, auf dem Rechtsweg gegen die Gesellschafterposition des „Q” vorzugehen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Führung der Rechtsstreite nicht gesellschaftlichen Interessen diente, sondern erkennbar ausschließlich den Zweck verfolgt habe, die Rechtskraft der bereits zuvor ergangenen Entscheidungen zur Anteilsübertragung durch eine Feststellungsklage zu umgehen. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 12.05.1992 Bezug genommen (Bl. 19ff der FG-Akte). Die gegen das Urteil des Landgerichts eingelegte Berufung wurde durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. 6 U 160/92) abgewiesen.

Im Jahr 1993 zahlte Herr „I” die Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 3.565.368,46 DM und die entgangenen Anlagezinsen in Höhe von 1.133.626,00 DM an die GmbH zurück. Die Aufwendungen der GmbH für die Anwalts- und Gerichtskosten nebst den entgangenen Zinsen wurden vom Beklagten für die betroffenen Kalenderjahre 1988 bis 1990 als verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an Herrn „I” gewertet. Ein Anspruch der GmbH gegen „I” war in ihrer Gewinnermittlung nicht aktiviert worden.

In der für den Veranlagungszeitraum 1993 eingereichten Einkommensteuererklärung erfasste „I” die Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung i.H.v. 3.565.368,00 DM als negative Einnahmen (Zeile 18, Anlage KSO 1993). Die entgangenen Zinsen i.H.v. 1.133.626,00 DM wurden in Zeile 25 als Werbungskosten erklärt (Kennziffer 26.16, Anlage KSO 1993). Im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 1993 vom 15.05.1996, der bereits den Erben bekanntgegeben wurde, ließ der Beklagte zunächst die Schadensersatzzahlung als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen zum Abzug zu, die Zinsen erkannte er jedoch nicht als Werbungskosten an. Der Bescheid stand gemäß § 164 Abs. 1 AbgabenordnungAO – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die Kläger als Beteiligte der Erbengemeinschaft legten hiergegen am 24.05.1996 Einspruch ein. Im Zuge des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte seine Auffassung zur Behandlung der Schadensersatzzahlung als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen und teilte dies mit Schreiben vom 09.07.1996 den Klägern mit. Diese zogen daraufhin ihren Einspruch zurück. Mit nach § 164 Abs. 1 AO geändertem Einkommensteuerbescheid vom 04.02.1997 ließ der Beklagte weder die Schadensersatzzahlung als negative Einnahmen noch die Zinsen als Werbungskosten zum Abzug zu. Der Beklagte setzte die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit geändertem Einkommensteuerbescheid 1993 vom 04.02.1997 auf 15.666.593,00 DM fest. Der verbleibende Verlustabzug auf den 31.12.1993 wurde auf 1.867.241,00 DM festgesetzt.

Gegen den Bescheid üb...

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