Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgeblichkeit des Pachtzinses und Überschreitung des Verkehrwertes bei mit Verkaufs- und Aufenthaltsraum bebautem Tankstellen-Grundstück

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Grundstück ist als bebautes Grundstück zu bewerten, wenn die auf ihm errichtete Tankstelle auch einen Verkaufs- und Aufenthaltsraum umfasst.
  2. Steht die Tankstelle im Eigentum des Pächters, so ist der Wert des bebauten Grundstücks mit dem 18,6-fachen des jährlichen Pachtzinses zu bestimmen.
  3. Die Bewertung nach Maßgabe des Pachtzinses führt nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis, wenn der Verkehrswert des unbebauten Grundstücks hierdurch um weniger als 50% überschritten wird.
 

Normenkette

BewG §§ 72, 145 Abs. 1, 3 S. 3, § 146 Abs. 7, § 148 Abs. 1 S. 1, Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht für das mit einem fremden Gebäude bebaute Grundstück in A, B-Straße auf den 28.10.1997 einen Grundstückswert in Höhe von 446.000,-- DM festgestellt hat.

Der Kläger ist Rechtsnachfolger der am 28.10.1997 verstorbenen Frau C. Zum Nachlass von Frau C gehörte das Grundstück in A Bahnhofstraße 8, dass mit einer Tankstelle und einer Pkw-Abstellhalle bebaut ist. Die Bauwerke hat der Pächter des Grundstücks auf Grund einer Grunddienstbarkeit gebaut. Er bleibt Eigentümer dieser Einrichtungen und hat diese bei Pachtende zu entfernen. Wegen der Einzelheiten der Bebauung des Grundstücks wird auf die in der Einheitswertakte zu EW-Nr. Bezug genommen. Die Pacht für das bebaute Grundstück betrug in den drei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt 24.000,-- DM pro Jahr. Von diesem Betrag gingen 1.060,-- bzw. 1.124,-- DM Betriebskosten ab.

Durch Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts zum 28.10.1997 wurde der Grundstückswert für das Grundstück A, B-Straße auf 446.000,-- DM festgestellt. Diesen Betrag ermittelte der Beklagte, in dem die jährliche Pacht in Höhe von 24.000,-- DM mit dem Faktor 18,6 multiplizierte.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, der durch Einspruchsentscheidung vom 14.01.1999 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Der Kläger hat am 11.02.1999 Klage erhoben.

Er ist der Ansicht, dass der Wert für das Grundstück nicht gemäß § 148 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) zu ermitteln sei. Denn § 148 BewG gelte nur, wenn Gebäude auf fremdem Grund und Boden vorhanden seien. Im Streitfall sei das Grundstück jedoch nur mit Betriebsvorrichtungen und Außenanlagen bebaut. Die wesentlichste Aufgabe einer Tankstellenanlage sei der Betrieb der Zapfsäulen. Dazu seien große technische Gerätschaften, wie Leitungssysteme und Lagerbehälter entscheidende Einrichtungen. Ein Tankwärterhaus bestehe nicht. Die Räume, die zum Aufenthalt von Menschen geeignet seien, seien in der Tankstelle somit von untergeordneter Bedeutung. Damit seien sie gemäß Abschnitt 2.4 der Abgrenzungsrichtlinien als Betriebsvorrichtungen zu behandeln mit der Folge, dass das Grundstück als unbebautes Grundstück zu bewerten sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswertes zum 28.10.1997 vom 22.06.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.01.1999 insoweit zu ändern, als der Grundstückswert auf 310.000,-- DM festgestellt wird,

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass gemäß § 148 Abs. 2 BewG die Vorschriften für Grundstücke, die mit einem Erbbaurecht belastet seien, für Gebäude auf fremdem Grund und Boden entsprechend anzuwenden seien. Dies gelte zum einen für die Bewertung des Grund und Bodens mit dem 18,6-fachen der zu zahlenden jährlichen Pacht und zum anderen für das Gebäude, dessen Grundstückswert sich aus dem Gesamtwert abzüglich Kapitalwert der Jahrespacht ergebe.

Gemäß Randnummer 19 der gleich lautenden Ländererlasse vom 17.06.1997, BStBl I 1997, 643, liege ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden vor, wenn ein anderer als der Eigentümer des Grund und Bodens darauf ein Gebäude errichtet habe und ihm das Gebäude steuerlich zuzurechnen sei. Seien auf dem Grundstück nur Betriebsvorrichtungen im Sinne des § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG oder Außenanlagen errichtet, sei das Grundstück als unbebaut anzusehen und gemäß § 145 Abs. 3 BewG zu bewerten. Auf dem streitigen Grundstück seien nicht nur Betriebsvorrichtungen und Außenanlagen errichtet worden, sondern auch Gebäude. Ausweislich dem von der Stadt A nach Renovierung der Tankstation mit Schreiben vom 26.08.1996 übersandten Lageplan befinden sich auf dem Grundstück neben dem Verkaufsraum auch eine so genannte Pflegehalle sowie ein Aufenthaltsraum. Diese Bauwerke seien auch nicht von untergeordneter Bedeutung, sodass das Grundstück nicht als unbebaut anzusehen und damit nicht gemäß § 145 Abs. 3 BewG zu bewerten sei.

Mit Beweisbeschluss vom 13.06.2001 hat der Senat den Gutachterausschuss des Kreises D beauftragt, den gemeinen Wert des streitigen Grundstücks ohne Gebäude auf den 28.10.1997 festzustellen. Der Gu...

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