Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung von Ruhegehaltszahlungen an persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Unabhängig davon, ob es sich bei den Ruhegehaltszahlungen an den persönlich haftenden, in den USA als ansässig geltenden Gesellschafter einer KGaA mit inländischer Betriebsstätte abkommensrechtlich um originär gewerbliche Einkünfte im Sinne des Art. 7 DBA USA oder um „Ruhegehälter oder ähnliche Vergütungen” im Sinne des Art. 18 DBA USA handelt, steht gem. § 50d Abs. 10 EStG, der die Behandlung derartiger Pensionseinkünfte als gewerbliche Gewinne im Sinne des Art. 7 DBA USA anordnet, das Besteuerungsrecht Deutschland zu.
  2. In der rückwirkenden Anwendung des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen liegt aufgrund der abkommensrechtlich unklaren Zuordnung von Sondervergütungen in „Inbound-Fällen” kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.
  3. Die Anwendung des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei den Ruhegehaltszahlungen um nachträgliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 EStG handelt. Die Vorschrift ist insoweit analog anwendbar.
  4. Das in der Verdrängung des abkommensrechtlichen Spezialitätsprinzips für Sondervergütungen liegende „Treaty Override” ist mit der Verfassung vereinbar.
  5. § 50d Abs. 10 EStG umfasst auch die vom Gesetzgeber gewollte tatsächliche Zugehörigkeit der Sondervergütungen zu einer inländischen Betriebsstätte i. S. eines sachlich-funktionalen Zusammenhangs.
  6. Unabhängig davon ist für die abkommensrechtliche Betriebsstättenzuordnung einer nachträglichen Tätigkeitsvergütung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zugehörigkeit darauf abzustellen, in welcher Betriebsstätte diese „erdient” wurde.
 

Normenkette

DBA-USA Art. 3 Abs. 2, Art. 4 Abs. 2 lit. A, Art. 7 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz, S. 2, Abs. 6; DBA-USA Art. 18 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 2. Halbsatz, Sätze 2, 1 Nr. 3 2. Halbsatz, § 24 Nr. 2, § 50 d Abs. 10, § 52 Abs. 59a S. 8; AO § 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14, 25, 59

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.12.2011; Aktenzeichen I R 5/11)

BFH (Urteil vom 07.12.2011; Aktenzeichen I R 5/11)

 

Tatbestand

Der Kläger ist US-amerikanischer Staatsbürger. Er verfügte im Streitjahr 1999 über einen Wohnsitz in den USA. Während seiner Aufenthalte im Inland nutzte er die im Eigentum seiner Ehefrau stehende Wohnung in Z-Stadt. Der Kläger war von 1981 bis zum 9. Juni 1998 persönlich haftender Gesellschafter der B KGaA (im Folgenden KGaA). Die KGaA ist aus der Umwandlung der Kommanditgesellschaft B in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, eingetragen am 13. Juni 1985 in das Handelsregister des Amtsgerichts, hervorgegangen. Durch Beschluss der Hauptversammlung vom 2. Juni 1999 ist die Firma in B Kommanditgesellschaft auf Aktien geändert worden. Die KGaA hat ihren Sitz in Z-Stadt und verfügt über mehrere Niederlassungen im Inland. Darüber hinaus bestehen Tochterunternehmen in Luxemburg und in den Niederlanden. Nach seinem Ausscheiden als persönlich haftender Gesellschafter übernahm der Kläger ein Aufsichtsratsmandat bei der KGaA. Im Streitjahr erhielt er aufgrund einer zunächst in 1981 und 1983 geschlossenen Vereinbarung sowie einer am 18. Februar 1986 geschlossenen Nachtragsvereinbarung (sowie weiterer Nachtragsvereinbarungen aus den Jahren 1987 und 1997) eine Pension von 1.042.344 DM. Diese setzte sich gemäß eines Schreibens der KGaA vom 13. März 2000 aus dem „Ruhegehalt” in Höhe von 528.000 DM und der – allerdings nicht näher erläuterten – „Auszahlung der Altersrente” im Jahr 1999 in Höhe von 514.344 DM zusammen.

In den USA erklärte der Kläger ausweislich seiner für das Streitjahr 1999 vorgelegten Steuererklärungen u.a. folgende Besteuerungsgrundlagen (in USD):

Pensions and annuities 1999

Taxable Amount 1999

B KGaA

287.582

B AG

280.144

Lebensversicherung

393.096

0

Total pensions and annuities (16a)

961.096

438.447

Unter Inanspruchnahme eines „Foreign Tax Credits” von 535.511 USD (1999) beliefen sich das in den USA zu versteuernde Einkommen von 1.950.179 USD (1999) und die festgesetzte US-amerikanische Einkommensteuer auf 140.716 USD (1999).

Im Rahmen seiner im Dezember 2000 beim Beklagten (dem Finanzamt --FA--) abgegebenen Einkommensteuererklärung zur beschränkten Steuerpflicht machte der Kläger geltend, dass eine Steuerpflicht der – nach deutschem Steuerrecht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusehenden – Pensionszahlung in der BRD nicht bestehe. Auf die Ausführungen in der Anlage zur Steuererklärung für das Streitjahr wird Bezug genommen. Das FA wich im Einkommensteuererstbescheid vom 19. Juni 2002, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 der Abgabenordnung (AO) erging, in mehreren Punkten von der Erklärung des Klägers ab. Zunächst sah es den Kläger als unbeschränkt steuerpflichtig an, da im Streitjahr ein Wohnsitz in der BRD bestanden habe. Des Weiteren...

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