vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Stromsteuerentlastung: Entlastungsberechtigter bei Betrieb eines Unternehmens des produzierenden Gewerbes durch einen Dienstleister – Konzernabhängige GmbH als kleinste rechtlich selbständige Einheit i.S.d. § 2 Nr. 4 StromStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Stellt eine Personengesellschaft einer GmbH aufgrund eines Vertrages über Produktionsleistungen das Arbeitsgerät und die Arbeitsmittel sowie sämtliche zu verarbeitenden Rohstoffe für die Herstellung von Verpackungsmitteln aus Kunststoffen durch die bei der GmbH angestellten Arbeitnehmer zur Verfügung, ist sie nicht Entlastungsberechtigter des für betriebliche Zwecke der GmbH entnommenen Stroms, da sie die Verpackungsmittel nicht selbst hergestellt hat.
  2. Der Umstand, dass es sich bei der GmbH um eine von der Personengesellschaft beherrschte Konzerngesellschaft handelt, ändert an der zivilrechtlichen und damit auch stromsteuerrechtlichen Selbständigkeit der GmbH als kleinste rechtlich selbständige Einheit i.S.d. § 2 Nr. 4 StromStG nichts.
 

Normenkette

StromStG § 2 Nr. 3, § 9b Abs. 1 S. 1, Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.04.2018; Aktenzeichen VII R 21/17)

BFH (Urteil vom 24.04.2018; Aktenzeichen VII R 21/17)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, die im Jahr 2012 gegründet wurde. Sie übernahm von der A KG, über deren Vermögen das Amtsgericht am 1. Juli 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet hatte, das Anlage- und Vorratsvermögen. Da bei der Gründung der Klägerin noch nicht feststand, welche Arbeitnehmer von der A KG übernommen werden sollten, wurden diese von der AP GmbH eingestellt. Die Klägerin war Alleingesellschafterin der AP GmbH. Die Klägerin schloss mit der AP GmbH am 10. November 2012 einen Vertrag über Produktionsleistungen ab. Nach § 1 dieses Vertrags verpflichtete sich die AP GmbH der Klägerin gegenüber, Produktionsleistungen aller Art am Standort L zu übernehmen, während die Produktionsanlagen im Eigentum der Klägerin verbleiben sollten. Die AP GmbH sollte nach § 3 des Vertrags die Leistungen in eigener Verantwortung ausführen. Weisungen sollte die Klägerin der AP GmbH nicht erteilen. Diese sollte den Arbeitsablauf und den Einsatz von Erfüllungsgehilfen selbständig organisieren. Nach § 4 des Vertrags sollte die Klägerin das Arbeitsgerät und die Arbeitsmittel sowie sämtliche zu verarbeitenden Rohstoffe zur Verfügung stellen, die jedoch in ihrem Eigentum verbleiben sollten.

Die Klägerin beantragte am 30. Januar 2014 beim beklagten Hauptzollamt, ihr für den Monat Dezember 2013 eine Steuerentlastung nach § 9b des Stromsteuergesetzes (StromStG) zu gewähren. Dabei verwies sie auf ihre bereits eingereichte Beschreibung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, mit der sie ihr Unternehmen dem Unterabschnitt DH 25.22.0 der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamts, Ausgabe 2003 (WZ 2003), zugeordnet hatte. Das beklagte Hauptzollamt zahlte der Klägerin im Februar 2014 den Entlastungsbetrag aus.

Im Anschluss an eine das Jahr 2014 betreffende Außenprüfung (Prüfungsbericht vom 1. Oktober 2015) vertrat das beklagte Hauptzollamt die Auffassung, dass die Klägerin nicht entlastungsberechtigt gewesen sei. Der Strom sei von der AP GmbH verwendet worden. Das beklagte Hauptzollamt setzte deshalb die für den Monat Dezember 2013 gewährte Steuerentlastung mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 auf 0 € neu fest.

Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Ihr Geschäftsführer sei gleichzeitig Geschäftsführer der AP GmbH gewesen. Daher habe er den Arbeitnehmern der AP GmbH Weisungen so erteilt, wie er sie erteilt hätte, wenn die Arbeitnehmer bei ihr angestellt gewesen seien. Betriebsverfassungsrechtlich seien die Arbeitnehmer der AP GmbH als zu ihrem Betrieb gehörend anzusehen. Bei dem mit der AP GmbH angeschlossenen Vertrag handele es sich zudem nicht um einen Werk-, sondern um einen Dienstvertrag.

Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 17. Juni 2016 zurück und führte aus: Die Klägerin habe der AP GmbH, bei der es sich um ein rechtlich selbständiges Unternehmen gehandelt habe, die Entnahme des Stroms gestattet. Sie habe den Strom deshalb an die AP GmbH geleistet. Auf die zivilrechtliche Qualifikation des zwischen der Klägerin und der AP GmbH bestehenden Vertragsverhältnisses komme es nicht an. Die AP GmbH habe im Rahmen ihrer Tätigkeiten Unternehmerrisiken getragen und Unternehmerinitiative entfaltet. Die Weisungsbefugnisse des Geschäftsführers der Klägerin bei der AP GmbH änderten an deren rechtlicher Selbständigkeit nichts.

Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Die AP GmbH sei nicht selbständig gewesen. Sie habe die Anlagen nicht ein- oder ausschalten oder Strom entnehmen können. Weisungsberechtigt gegenüber den Arbeitnehmern der AP GmbH sei ihr Geschäftsführer gewesen. Eine Willensbildung habe deshalb ausschließlich bei ihr stattgefunden. Unerheblich sei, mit wem die Arbeitsverträge abgeschossen worden seien. ...

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