Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Umsatzsteuer 4 – 12/1980, 1 – 10/1981 und Hinterziehungszinsen

 

Tenor

Der Haftungsbescheid vom. Dezember 1990 und die Einspruchsentscheidung vom. Dezember 1991 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

beschlossen:

Die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

Der Kläger war laut Gesellschaftsvertrag vom. März 1980 neben dem am. Februar 1985 verstorbenen niederländischen „X” Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der „A”GmbH, die Arbeitnehmerüberlassung betrieb.

Zur Gründung der „A” GmbH kam es auf Betreiben der Niederländer „B” und „C”. Diese wandten sich an den Kläger, um mit ihm in der Bundesrepublik Deutschland eine GmbH nach deutschem Recht zu gründen, die nur als Subunternehmerin für deutsche Baufirmen tätig werden sollte. Der Kläger übernahm es, die Bauarbeiter zu beschaffen, die Baustellen zu betreuen, die Rechnungen zu schreiben und die Rechnungsbeträge zu kassieren.

Bei einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, daß der Kläger gegenüber dem Beklagten in den Lohnsteueranmeldungen bis August 1981 und in den Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 1980 und die Monate März und April 1981 unrichtige Angaben gemacht hatte. Aufgrund dieses Tatbestandes wurde er durch das rechtskräftige Urteil des Landgerichts „K” vom … Mai 1988, auf das Bezug genommen wird, wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Nach den Feststellungen des Landgerichts „K” hatte er für das Jahr 1980 xxxx DM und für das Jahr 1981 xxxx DM an Umsatzsteuern zu wenig erklärt und gezahlt.

Der Beklagte nahm den Kläger zunächst wegen Lohnsteuern i.H.v. xxxx DM durch Haftungsbescheid vom. November 1989 in Anspruch, der durch das rechtskräftige Urteil des Senats vom 30. August 1994 in dem Verfahren 8 K 519/90 H (L) bestätigt wurde. Am … Dezember 1990 erließ er den streitigen, auf § 191 Abs. 1 i.V.m. § 71 der Abgabenordnung -AO- gestützten Haftungsbescheid wegen hinterzogener Umsatzsteuer und Hinterziehungszinsen i.H.v. insges. xxxx DM. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Der Kläger trägt vor, der Beklagte habe bei Erlaß des Haftungsbescheides den Sachverhalt nicht zutreffend ermittelt und das Entschließungsermessen nicht sachgerecht ausgeübt. Nach den Feststellungen des Landgerichts „K” habe er, entgegen der im angefochtenen Haftungsbescheid aufgeführten Haftungssumme lediglich zu einer Verkürzung der Umsatzsteuern 1980 und 1981 i.H.v. xxxx DM beigetragen. Der Beklagte habe sich nicht der Mühe unterzogen, im einzelnen festzustellen, wann welche Umsatzsteuerbeträge in welcher exakten Höhe verkürzt worden seien. Insbesondere sei er seiner Behauptung nicht nachgegangen, daß er von dem Konto bei der „M-Bank” und den hierüber abgewickelten Umsätzen nichts gewußt habe. Nach dem zu den Akten gereichten Kontoeröffnungsantrag seien ausschließlich die Niederländer „X” und „D” über dieses Konto verfügungsbefugt gewesen. Er habe im Strafverfahren zu dem gestanden, was er zu verantworten gehabt habe. Er sei nicht bereit, für Umsätze zu haften, die andere ohne sein Wissen und seine Billigung hinter seinem Rücken getätigt hätten.

Außerdem habe der Beklagte das ihm eingeräumte Entschließungs- und Auswahlermessen nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt. Ihm seien die äußerst bescheidenen Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers durch wiederholte fruchtlose Vollstreckungsversuche bestens bekannt gewesen. In Anbetracht seines, des Klägers, Alters – geb. … 1929 – werde er kein nennenswertes Einkommen mehr erwirtschaften. Unter diesen Umständen sei es ein krasser Ermessensfehlgebrauch, ihn als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Bei der Ausübung des Auswahlermessens habe der Beklagter außer acht gelassen, daß die übrigen an der Steuerhinterziehung im wesentlich größerem Umfang Beteiligten der größere Schuldvorwurf treffe. Gegen diese sei der Beklagte aber nicht vorgegangen.

Wegen des weitergehenden Vorbringens des Klägers wird auf den Schriftsatz vom Dezember 1992 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom. Dezember 1990 und die Einspruchsentscheidung vom. Dezember 1991 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, wer, wie der Kläger, eine Steuerhinterziehung begehe, hafte nach § 71 AO für den Betrag, in dessen Höhe Steuereinnahmen hinterzogen worden seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Haftungstatbestand gem. § 71 AO ist zwar erfüllt, denn der Kläger ist wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilt worden.

Gleichwohl ist der angefochtene Haftungsbescheid rechtswidrig, weil die Inanspruchnahme des Klägers ermessensfehlerhaft ist.

Gem. § 191 Abs. 1 AO steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde, ob sie den Haftungsschuldner durch Erlaß eines Haftungsbescheides zur Haftung heranzieht. Die Ermessensentscheidung ist nach § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ...

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