Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerrückforderungsnspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG bei Uneinbringlichkeit von Verbindlichkeiten infolge der Anordnung der Sequestration für die Organtochter

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden Verbindlichkeiten, für die die Organträgerin bereits den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, von der Organochter infolge der Anordnung der Sequestration für deren Unternehmen nicht mehr beglichen, entsteht der Vorsteuerrückforderungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Sequestration angeordnet worden ist. Schuldner des Rückforderungsanspruchs ist die Organträgerin.

 

Normenkette

UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.06.2002; Aktenzeichen V R 22/01)

 

Gründe

Zwischen der Klägerin und der X… Frucht- und Gemüseverarbeitungs GmbH bestand nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten seit dem 01.12.1991 eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft.

Am 14.11.1995 stellten die Geschäftsführer der GmbH für diese einen Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Durch Beschluss vom 21.11.1995 ordnete das Amtsgericht L… die Sequestration für die GmbH an.

Bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde festgestellt, dass Verbindlichkeiten, für die die Klägerin bereits den Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte, von der GmbH nicht beglichen worden waren.

Der Beklagte forderte die entsprechenden Vorsteuerbeträge zunächst in geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheiden für die Monate März, Juni, August, September und Oktober 1995 von der Klägerin zurück. Auf deren Einspruch hin hob der Beklagte diese Bescheide dann jedoch auf und setzte die Korrekturen im Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für den Monat November 1995 fest.

Die Klägerin legte gegen den Bescheid Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens reichte sie die Umsatzsteuer-Jahreserklärung 1995 ein, in der sie einen Vorsteuerüberschuss in Höhe von 11.406,20 DM errechnete. Der Beklagte stimmte der Steuererklärung nicht zu, sondern setzte die Umsatzsteuer 1995 durch Bescheid vom 26.02.1997 abweichend auf 47.556,00 DM fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Während dieses Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte die Steuerfestsetzung durch Bescheid vom 18.04.1997, Indem er die Umsatzsteuer 1995 nunmehr auf 45.437,00 DM festsetzte. Hinsichtlich dieses Bescheides beantragte die Klägerin mit dem am 07.07.1997 beim Beklagten eingegangenen Schreiben eine Änderung nach Maßgabe des bereits mit dem Einspruch gegen den ursprünglichen Umsatzsteuerbescheid 1995 geltend gemachten Vorbringen. Der Beklagte lehnte die Änderung ab. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Am 13.01.1999 erließ der Beklagte eine Einspruchsentscheidung. Als Steuerart wurde die „Umsatzsteuer 1995” angegeben, als Datum des Bescheides der 21.07.1997, also das Datum des Ablehnungsbescheides zum Änderungsantrag der Klägerin.

Mit der gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 vom 26.02.1997 erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass der Beklagte korrekterweise die Umsatzsteuer-Korrekturen im November 1995 vorgenommen habe. Nach ihrer, der Klägerin, Rechtsauffassung sei aber zu diesem Zeitpunkt die Organschaft beendet gewesen, so dass die Vorsteuer-Rückforderung gegenüber der X… Frucht- und Gemüseverarbeitungs GmbH vorzunehmen sei. Die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens führe nicht regelmäßig zu Vorsteuerrückforderungsansprüchen nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz –UStG– gegenüber dem Organträger. Bei der Entstehung des Rückforderungsanspruchs sei der Zeitpunkt zu beachten, zu dem dieser verwirklicht werde.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seien Forderungen für Lieferungen und Leistungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für das Unternehmen des Gemeinschuldners ausgeführt worden seien, soweit der Gemeinschuldner diese nicht erfüllt habe, mit der Konkurseröffnung in vollem Umfang als uneinbringlich i. S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 UStG anzusehen. Bis zum Zeitpunkt des Antrags auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens sei nicht klar gewesen, ob die diversen Sanierungsgespräche nicht doch zum Erfolg führen würden. An diesen Gesprächen sei auch das Landwirtschaftsministerium beteiligt gewesen. Insoweit hätten die Geschäftsführer die Verbindlichkeiten nicht ausbuchen dürfen, weil im Falle einer Sanierung sämtliche Zahlungsverpflichtungen hätten erfüllt werden können. Die Banken hätten auch die Kredite gegenüber der Organgesellschaft nicht gekündigt. Diese sei trotz der angespannten Liquiditätslage ihren Zahlungsverpflichtungen – wenn auch schleppend – nachgekommen.

Da der Vorsteuer-Rückforderungsanspruch mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstehe, in dem sich die Bemessungsgrundlage geändert habe, hätten die Geschäftsführer vor der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens keine Änderung der Bemessungsgrundlage vornehmen dürfen.

Insgesamt gesehen sei der Vorsteuer-Rückforderungsanspruch er...

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