Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung privater Wertpapier-Veräußerungsgeschäfte im Jahr 1999. ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit auch nach dem BVerfG-Urteil vom 9.3.2004 2 BvL 17/02. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO). Einkommensteuer 1999

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9.3.2004 2 BvL 17/02 ergibt sich nicht, dass die Besteuerung von Spekulationseinkünften bei Wertpapieren im Jahr 1999 verfassungsgemäß sei, oder dass insoweit keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 69 FGO vorlägen.

2. Die Auffassung des Bundesfinanzministers im Schreiben vom 19.3.2004 IV D 2-S 0338-11/04, für die Veranlagungszeiträume ab 1999 komme aufgrund dieses Urteils des BVerfG eine Aufhebung eines Vollziehungsaussetzungsbeschlusses nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO in Betracht, ist unzutreffend.

3. Im Zeitpunkt des Erlasses eines Aussetzungsbeschlusses bestehende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung dieser Einkünfte werden nicht bereits aufgrund einer die Rechtmäßigkeit anders beurteilenden höchstrichterlichen Entscheidung „vernichtet”.

 

Normenkette

EStG 1997 § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 22 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2, 6 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.11.2004; Aktenzeichen IX B 88/04)

 

Tenor

Der Antrag des Antragsgegners vom 01.04.2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Antragsteller wurden mit Bescheid des Antragsgegners vom 10.05.2001, der gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung –AO– unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, für das Streitjahr 1999 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Am 22.11.2001 erließ der Antragsgegner einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1999, in dem er die von den Antragstellern erklärten Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften (Spekulationsgewinne) in Höhe von 7.055.938,– DM als Besteuerungsgrundlagen berücksichtigte. In dem Bescheid wurden nunmehr die Einkommensteuer 1999 auf 4.030.574,– DM, der Solidaritätszuschlag auf 215.788,70 DM sowie Zinsen gemäß § 233 a AO auf 131.149,– DM festgesetzt und die Antragsteller aufgefordert, bis zum 27.12.2003 die in dem Verwaltungsakt aufgeführten Zahllasten zu begleichen.

Dagegen erhoben die Antragsteller Einspruch. Nach Ergehen mehrerer Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 1999 verfügte der Antragsgegner am 24.09.2002 das Ruhen des Einspruchsverfahrens und erließ am 11.11.2002 einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO über entstandene Säumniszuschläge zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag 1999. Danach beträgt die Summe der verwirkten Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 insgesamt 124.888,75 EUR und zum Solidaritätszuschlag 1999 insgesamt 3.982,72 EUR. Gegen den Abrechnungsbescheid wandten sich die Antragsteller mit Einspruch vom 11.02.2002, über den der Antragsgegner noch nicht entschieden hat.

Auf den am 02.12.2002 erneut geänderten Einkommensteuerbescheid 1999 mit wiederum anderen Zahllasten hin begehrten die Antragsteller den Erlass von Säumniszuschlägen und Vollstreckungskosten. Dies lehnte der Antragsgegner bis auf Säumniszuschläge in Höhe von 13.590,– EUR für Rückstände ab 24.06.2002 ab, wogegen sich die Antragsteller mit einem als Einspruch zu behandelnden Rechtsbehelf wandten, über den noch nicht entschieden ist.

Unter Bezugnahme auf frühere Anträge begehrten die Antragsteller mit Fax vom 11.08.2003 von dem Antragsgegner die Aufhebung der Vollziehung sämtlicher an sie ergangener Steuerbescheide für 1999, soweit wegen der Versteuerung der Spekulationsgewinne Einspruch erhoben worden sei. Die Aufhebung habe rückwirkend auf den 16.07.2002 zu erfolgen. Die von ihnen – den Antragstellern – auf die Spekulationsgewinne anteilig entfallende und bereits gezahlte Einkommensteuer sei zu erstatten. Gleiches gelte für die gezahlten Säumniszuschläge sowie für die bezahlten Vollstreckungskosten, die im Zusammenhang mit den von dem Antragsgegner durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen für die Eintragung von Sicherungshypotheken in Grundstücke der Antragsteller, für Mietzinspfändungen sowie für die Mobiliarvollstreckung am 31.05.2002 entstanden seien.

Daraufhin hob der Antragsgegner am 02.10.2003 die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 1999 vom 22.11.2001 in der Form des geänderten Bescheides vom 22.07.2003 ab 11.06.2003 in folgendem Umfang auf:

Einkommensteuer 1999 in Höhe von 1.353.246,46 EUR, Solidaritätszuschlag 1999 in Höhe von 74.428,55 EUR und Zinsen zur Einkommensteuer in Höhe von 66.000,– EUR.

Daraufhin haben die Antragsteller das Gericht gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – angerufen. Durch Beschluss vom 29.12.2003 hat der Senat die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1999 vom 22.11.2001 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 02.10.2003 für die Zeit vom 28.12.2001 bis 10.06.2003 aufgehoben, und zwar insbesondere hinsichtlich der verwirkten und nicht erlassenen Säumniszuschläge und der vom Antragsgegner vorgenommenen ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge