Entscheidungsstichwort (Thema)

Unberechtigter Steuerausweis in einer Rechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Rechtsfolgen des § 14 Abs. 3 UStG treten unabhängig davon ein, ob der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt der Aufstellung der Rechnung geschäftsunfähig war oder nicht. Das Ausstellen von Rechnungen ist keine Willenserklärung im Sinne von §§ 116 ff. BGB, die die Geschäftsfähigkeit voraussetzt.

 

Normenkette

UStG § 14 Abs. 3 S. 1, § 19 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.01.2003; Aktenzeichen V R 98/01)

 

Tatbestand

Der angefochtenen Steuerfestsetzung liegt eine Rechnung zugrunde, in der der Kläger als deren Aussteller ... DM Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen hat (vgl. Bl. 2 der Umsatzsteuerakte).

Im Verwaltungsverfahren hat der Kläger - vergeblich - Vorsteuerbeträge geltend gemacht. Der Einspruch blieb deshalb erfolglos. Dass die Nichtberücksichtigung dieser Vorsteuerbeträge zu Recht erfolgte, ist zwischen den Beteiligten inzwischen unstreitig.

Seine nur gegen die zurückweisende Einspruchsentscheidung erhobene Klage begründet der Kläger nun damit, bei Ausstellung der Rechnung geschäftsunfähig gewesen zu sein. Er legt dazu ein Gutachten vom 10. April 2000 vor, dass der Medizinaldirektor ... auf einen entsprechenden Beschluss des Landgerichts Berlin - LG - (Aktenzeichen ...) erstattet hat. Der Gutachter kommt in diesem Gutachten unter Berücksichtigung vorheriger Befunde anderer Fachärzte zu dem Schluss, "für den Zeitraum 1983 bis 1995" liege "mit hoher Wahrscheinlichkeit Geschäftsunfähigkeit im Sinne des § 104 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - vor".

Der Kläger hat in der zweiten mündlichen Verhandlung eingeräumt, zum Zeitpunkt der Rechnungsausstellung als Kleinunternehmer zum gesonderten Ausweis von Umsatzsteuer nicht berechtigt gewesen zu sein. Er sei seinerzeit für die Rechnungsempfängerin tätig gewesen, und ihm hätten eigene Auslagen ersetzt werden sollen. Die Rechnungsempfängerin habe die von ihm verlangte Summe zunächst gezahlt, bei einem Besuch des Klägers bei ihr dann die Rechnung gefertigt und den Kläger gedrängt, die Rechnung zu unterzeichnen, was er dann schließlich auch getan habe. Später habe die Rechnungsempfängerin dann mitgeteilt, dass sie weder auf diese noch auf eine weitere Rechnung Zahlung zu leisten beabsichtige.

Wegen seiner Geschäftsunfähigkeit sei die Ausstellung der Rechnung unwirksam und könne somit keine Rechtsgrundlage für die angefochtene Steuerfestsetzung bilden.

Der Kläger beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 1. April 1998 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. November 1999 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezweifelt die Zulässigkeit der nur gegen die Einspruchsentscheidung gerichteten Klage.

Seiner Ansicht nach ist die Steuerfestsetzung rechtmäßig, denn der Kläger habe nicht nur die streitbefangene Rechnung ausgestellt, sondern die darin ausgewiesene Umsatzsteuer auch vereinnahmt.

Dem Gericht haben je ein Band den Kläger betreffende Einkommen- und Umsatzsteuerakten des Beklagten sowie das erwähnte Gutachten vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Das Gericht zieht daraus, dass der Kläger in seiner Klageschrift nur die Einspruchsentscheidung angegriffen hat, für ihn keine nachteiligen Schlüsse. Aus der Antragstellung durch seinen sachkundigen Prozessbevollmächtigten ergibt sich unmissverständlich, dass der Kläger auch die Aufhebung des zugrunde liegenden Umsatzsteuerbescheides begehrt.

Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Umsatzsteuergesetz - UStG -).

Diese Tatbestandsmerkmale sind im Streitfall gegeben. Der Kläger hat im Streitjahr die Umsatzgrenzen eines Kleinunternehmers nicht überschritten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG). Er hat dem Finanzamt gegenüber auf die gesetzlich vorgesehene Steuerfestsetzung nach den Vorschriften für Kleinunternehmer nicht verzichtet, was möglich gewesen wäre (§ 19 Abs. 2 UStG). Damit war er zum gesonderten Ausweis von Umsatzsteuer in seinen Rechnungen nicht berechtigt (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG). Wies er dennoch Umsatzsteuer gesondert aus, schuldete er die ausgewiesene Steuer gemäß § 14 Abs. 3 (§ 19 Abs. 1 Satz 3 UStG).

Diese Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Aufstellung der Rechnung geschäftsunfähig war oder nicht, denn das Ausstellen von Rechnungen ist keine Willenserklärung im Sinne von §§ 116 ff. BGB, die die Geschäftsfähigkeit (§ 104 BGB) voraussetzt. Eine Willenserklärung bezweckt den Eintritt einer bestimmten Rechtsfolge. Sie bringt den Willen zum Ausdruck, der darauf gerichtet ist, ein Rechtsverhältnis zu begründen, inhaltlich zu ändern oder zu beenden (vgl. Tipke / Kruse Abgabenordnung / Finanzgerichtsordnung Kommentar Tz. 13 zu § 41 Abgabenordnung - AO - unter Hinweis auf Palandt / Heinrichs Tz. 2 vor § 104 BGB).

Das Ausstellen der Rechnung war nicht unmittelbar auf die Begründung oder Veränderu...

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