Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines Ergänzungsbescheides zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte 1985

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.1999; Aktenzeichen IX R 72/96)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt … DM.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie erwarben in dieser Eigenschaft im Jahre 1984 das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück … in Berlin– … um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. An dieser Absicht hielten sie trotz der im Jahre 1985 in Angriff genommenen Aufteilung des Gebäudes in Wohnungseigentum fest. Sie erklärten für 1985 im Jahre 1987 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von ./. … DM, außerdem wegen der Singulär gebliebenen Veräußerung des unbebauten Dachgeschosses einen Spekulationsverlust von … DM.

Der Beklagte stellte in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Feststellungsbescheiden 1985 vom 15. Mai und 11. Juni 1987 die Einkünfte aus Vermietung auf ./. … DM bzw. ./. … DM fest. Die Spalte „Sonstige Einkünfte” im Teil A/Feststellungen blieb jeweils unausgefüllt. In den Anlagen ESt 1, 2, 3 B zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte 1985 wurden dagegen die von den Klägern erklärten sonstigen Einkünfte

DM

Veräußerungspreis Dachgeschoß

./. anteilige Anschaffungskosten (ermittelt nach Flächen)

Einkünfte

./. …

dergestalt als „nur nachrichtlicher Spekulationsverlust” aufgeführt, daß auf den einzelnen Gesellschafter jeweils ein Betrag von … DM entfiel. Am 29. August 1988 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf, erklärte zugleich die Feststellung aber für vorläufig bis zur Klärung, inwieweit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Gewerbebetrieb wegen gewerblichen Grundstückshandels vorliegen. Die endgültige „Steuerfestsetzung” die am 3. April 1995 erfolgte, führte insoweit zu keiner Änderung.

Der Beklagte war nach langen Ermittlungen zu der Auffassung gelangt, daß die Kläger den Veräußerungsverlust unzutreffend ermittelt haben. Diese hätten bei ihrer Berechnung stillschweigend unterstellt, daß das Dachgeschoß ausgebaut gewesen sei. Auf diese Weise hätte sich ein zu hoher Einstandspreis ergeben. Der Beklagte ermittelte seinen Gewinn nach folgender Berechnung:

DM

Anschaffungskosten für das Gesamtobjekt

anteiliger Bodenwert für das Dachgeschoß

Gebäudewert Dachgeschoßrohling (… DM ./. Abschlag von 40 % wegen fehlenden Ausbaus)

Veräußerungspreis Dachgeschoß

Spekulationsgewinn

Der Beklagte erfaßte vorstehenden Gewinn schließlich in dem vom 28. November 1991 datierenden Ergänzungsbescheid, den die Kläger ohne Erfolg mit verfahrensrechtlichen Argumenten angriffen.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Kläger beantragen,

den Ergänzungsbescheid vom 28. November 1991 und die Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 1992 aufzuheben,

hilfsweise,

die sonstigen Einkünfte aus Spekulationsgeschäften auf ./. … DM festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht, begründet.

Der Beklagte hat den Ergänzungsbescheid verfahrensrechtlich auf § 179 Abs. 3 Abgabenordnung –AO– gestützt. Danach ist eine notwendige Feststellung in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen, soweit diese in einem Feststellungsbescheid unterblieben ist. Die Kläger stellen das Vorliegen einer Lücke zu Unrecht in Abrede. Über das Vorliegen eines gemeinschaftlich erzielten Spekulationsgewinns ist im Feststellungsverfahren und nicht erst bei der Einkommensteuerveranlagung der Gesellschafter zu befinden. Das gilt trotz der Vorschrift des § 23 Abs. 4 Satz 3 Einkommensteuergesetz –EStG– auch für die Feststellung eines Spekulationsverlustes (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO). Eine solche Entscheidung hat der Beklagte weder in den Bescheiden vom 15. Mai und 11. Juni 1987 noch in dem Bescheid vom 29. August 1988 getroffen. Soweit er in den Anlagen zu den beiden zuerst genannten Bescheiden einen Spekulationsverlust „nachrichtlich” aufgeführt hat, hat er bewußt keine eigene Entscheidung getroffen, sondern den Wohnsitzfinanzämtern der Gesellschafter nicht bindend mitgeteilt, daß bei ihm ein Veräußerungsverlust in bestimmter Höhe deklariert worden ist. Die bewußte Nichtfeststellung ist der Ergänzung nicht hinderlich, weil § 179 Abs. 3 AO nicht nur auf Fallgestaltungen „unbewußter Lücken” anwendbar ist. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift läßt sich eine diesbezügliche Einschränkung nicht entnehmen (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Rdnr. 114 zu § 179 AO; Kunz in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, Rdnr. 60 zu § 179 AO; a. A.: Klein-Orlopp, § 179 AO, Anm. 5; Tipke-Kruse, Rdnr. 8 zu § 179 AO; vgl. auch Bundesfinanzhof –BFH–, Urteile vom 4. August 1988 IV R 78/86, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFH/NV– 1989, 281 und vom 15. Juni 1994 II R 120/91, Sammlung der Entscheidungen des BFH –BFHE– 174, 465, 468).

Es liegt entgegen der...

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