Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufteilung des Gesamtkaufpreises für ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück nach dem Ertragswertverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Aufteilung des Gesamtkaufpreises für ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück in Anschaffungskosten für das Gebäude einerseits und den Grund und Boden andererseits erfolgt nach dem Verhältnis der nach dem Ertragswertverfahren geschätzten Verkehrswerte im Erwerbszeitpunkt.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 1, 4 S. 1; ImmoWertV § 8

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.11.2016; Aktenzeichen IX B 98/16)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger erwarb im Zwangsversteigerungsverfahren das Grundstück in C…, B…– strasse. Die Anschaffungskosten einschließlich Nebenkosten betrugen 238.430 EUR. Das Grundstück ist mit einem um 1900 errichteten Mehrfamilienhaus bebaut, hat eine Garagenzeile sowie ein Abstellhaus. Die Baulichkeiten waren zum Zeitpunkt des Zuschlages in sanierungsbedürftigem Zustand. Die Grundstücksfläche beträgt 1.073 m2.

In einem vom Amtsgericht D… in Auftrag gegebenes Gutachten ermittelte die beauftragte Gutachterin auf den Stichtag 22. November 2010 für das vorgenannte Grundstück einen Verkehrswert in Höhe von 125.000 EUR, nahm aber keine Kaufpreisaufteilung oder Wertaufteilung in Grund und Boden und Gebäude vor. Die Gutachterin ging von einem Bodenwert in Höhe von 125.541 EUR aus, weil es vom Bodenrichtwert in Höhe von 130 EUR/m2 einen Abschlag vornahm. Zugleich nahm sie eine Ertragswertermittlung vor, wobei sie bei der Ermittlung des Ertrages davon ausging, dass das Gebäude instandgesetzt werden würde. Vor diesem Hintergrund nahm sie eine Restnutzungsdauer von 50 Jahren an und kam zu einem Ertragswert in Höhe von 125.000 EUR. Unter Bezugnahme auf die Immobilienwertverordnung entschied sich die Gutachterin für das Ertragswertverfahren und nicht für das Sachwert- oder das Vergleichswertverfahren. Sie war der Auffassung, dass das Mehrfamilienwohnhaus typischer Weise als Renditeobjekt geführt werden würde und sich deswegen der Ertragswert als realistische Größe darstelle. Das Sachwertverfahren würde eher für Einfamilienhäuser eine Bedeutung haben, weil bei diesen Grundstücken die Baukosten einen größeren Bezug zum Kaufpreis hätten. Das Vergleichswertverfahren lehnte sie ebenfalls ab. Es sei zwar am besten geeignet den Verkehrswert zu ermitteln, sei aber zum Zeitpunkt der Wertermittlung in Ermangelung einer ausreichenden Anzahl von Vergleichsobjekten nicht geeignet gewesen. Die Gutachterin nahm zudem eine Plausibilitätsprüfung vor und kam zu dem Ergebnis, dass der Ertragswert, der in Höhe von 125.000 EUR in etwa dem Wert des Bodens entspreche, plausibel sei. Denn die Baulichkeiten seien in einem stark überarbeitungsbedürftigen Zustand gewesen und diesen sei am Markt kein Wert zuzuordnen. Die Baulichkeiten seien aber nicht derart marode gewesen, dass etwaige Abrisskosten wertmindernd zu berücksichtigen seien. Deshalb ergebe sich der Verkehrswert im Wesentlichen aus dem Grund und Boden, was durch den Ertragswert letztlich auch bestätigt werde. Auf das Gutachten vom 8. Dezember 2010 wird Bezug genommen.

Der Kläger machte in seiner Steuererklärung für das Streitjahr einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung geltend und ging von einer zeitanteiligen Absetzung für Abnutzung aus, die er für 8 Monate des Jahres 2011 mit 2,5 % annahm. Dazu ging er von einem Gebäudewertanteil in Höhe von 87,818 % (bzw. 209.389,23 EUR) aus.

Der Beklagte berücksichtigte hingegen im Einkommensteuerbescheid lediglich einen Gebäudewertanteil in Höhe von 59,39 %, den er anhand des vereinfachten Verfahrens zur Verkehrswertermittlung errechnet hatte.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit einem Einspruch und trug unter anderem vor, es sei beim Grund und Boden ein Abschlag wegen Lärmbelästigung zu berücksichtigen und die Restnutzungsdauer sei entsprechend dem Gutachten des Amtsgerichts D… mit 50 und nicht 20 Jahren zu schätzen.

Der Beklagte wies im Februar 2014 den Einspruch zurück, änderte aber die Abschreibung für Abnutzung dahingehend, dass er von einem Gebäudewertanteil in Höhe von 69,6 % ausging und sich dabei auf ein Gutachten des vom Finanzamt gestellten Bausachverständigen berief. Das Finanzamt ging nun von einem um den Abschlag verminderten Grundstückswert in Höhe von 126.541 EUR aus, ermittelte einen Gebäudewert in Höhe von 287.828 EUR und nahm weiterhin einen (im Streitjahr nur zeitanteiligen) jährlichen Abschreibungssatz in Höhe von 2,5 % an. Der Gebäudewert sei dabei mit einem Restwert von 30 % des Neuwertes angesetzt worden. Auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung wird verwiesen, ebenso auf das Gutachten des Bausachverständigen vom 14. Februar 2013.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger nun einen Gebäudewertanteil in Höhe von 90,27 % beansprucht und auch hilfsweise geltend macht, dass beim jährlichen prozentualen Abschreibungssatz eine kürzere Restnutzungsdauer als 40 J...

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