rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligtenfähigkeit einer GmbH nach ihrer Löschung im Handelsregister. Fortgeltung einer vor der Löschung erteilten Prozessvollmacht. Unwirksamkeit der Klageerhebung bei Prozessunfähigkeit bis zum Ablauf der Klagefrist

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Prozessvollmacht, die eine GmbH vor ihrer Löschung im Handelsregister ihrer Prozessbevollmächtigten erteilt hat, wirkt nach der Löschung fort. Die Beteiligtenfähigkeit der GmbH bleibt unberührt; das Verfahren ist durch die Löschung nicht unterbrochen.

2. Die Klageerhebung ist unwirksam, wenn die Klägerin bei Erhebung der Klage und bis zum Ablauf der Klagefrist nicht prozessfähig gewesen ist.

 

Normenkette

FGO §§ 57, 58 Abs. 2, § 155; ZPO §§ 241, 246

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde am 24. August 1993 gegründet. Gesellschafter waren Frau G. und Frau D.. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war die Wirtschaftsberatung und Buchführung.

Ende 1997 beendete die Klägerin ihre Tätigkeit; die alleinige Geschäftsführerin G. legte ihr Amt als Geschäftsführerin am 28. September 1998 nieder, ohne dass ein neuer Geschäftsführer bestellt wurde. Anschließend beantragte die Klägerin am 16. November 1998 ihre Löschung im Handelsregister; der Beklagte widersprach der Löschung, so dass die Klägerin zunächst nicht gelöscht wurde.

Der Beklagte erließ für die Streitjahre am 25. Februar 2002, 28. Februar 2002 und 04. März 2002 Schätzungsbescheide, gegen die die Klägerin fristgerecht Einspruch einlegte. Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2004 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Sowohl die Bescheide als auch die Einspruchsentscheidungen gab der Beklagte der „… Steuerberatungsgesellschaft mbH”, der Prozessbevollmächtigten, für die „D.gesellschaft” bekannt.

Am 16. Juni 2004 hat die … Steuerberatungsgesellschaft mbH, die Prozessbevollmächtigte, für die „D. & Partner GmbH” Klage erhoben und geltend gemacht, dass sie die Klage nur vorsorglich erhebe, weil der Beklagte ihr, der … Steuerberatungsgesellschaft, Steuerbescheide für die D. & Partner GmbH, die Klägerin, zusende, obwohl eine Zustellungsvollmacht nicht mehr bestehe. Bei der Klägerin handle es sich um eine frühere Mandantin.

Nach Setzung einer Ausschlussfrist gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3, 2. Halbsatz Finanzgerichtsordnung – FGO – zur Vorlage einer Vollmacht, die der Berichterstatter damit begründet hat, dass das Mandatsverhältnis nicht mehr bestehe, hat die Prozessbevollmächtigte eine Vollmacht der Gesellschafter der Klägerin vorlegt. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Vollmacht nicht von einem vertretungsberechtigten Organ der Klägerin unterschrieben sei, weil die Klägerin keinen Geschäftsführer mehr habe.

Am 26. August 2004, gut vier Monate nach Klageerhebung, ist die Gesellschafterin G. zur Notgeschäftsführerin bestellt worden. In dem Beschluss über die Bestellung wird ausgeführt, dass diese erforderlich sei, damit das Klageverfahren seinen Fortgang nehmen könne.

Am 15. Oktober 2004 ist die Klägerin im Handelsregister gelöscht worden. Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte auf dem Empfangsbekenntnis mitgeteilt, dass sie nicht mehr beauftragt sei.

Die Klägerin beantragt,

die Schätzungsbescheide über Umsatzsteuer für 1996 bis 1998 und Körperschaftsteuer für 1995 bis 1998 vom 25. Februar 2002, 28. Februar 2002 und 04. März 2002 sowie die Einspruchsentscheidungen vom 21. Mai 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Bekanntgabe der Bescheide für wirksam, da die Klägerin im Zeitpunkt der Bekanntgabe noch nicht gelöscht gewesen sei und eine wirksame Vollmacht vorgelegen habe.

Mit Beschluss vom 31. August 2006 hat die frühere Berichterstatterin die Klage, soweit sie gegen verschiedene Feststellungsbescheide gerichtet war, abgetrennt und das Verfahren nach Klagerücknahme insoweit eingestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

1. Der Senat kann über die Klage entscheiden, obwohl die Klägerin bereits am 15. Oktober 2004 im Handelsregister gelöscht worden ist. Dies hat nicht zum Verlust ihrer Beteiligtenfähigkeit im Sinne von § 57 FGO geführt (BFH, Urteil vom 27. April 2000 I R 65/98, BStBl. II 2000, 500; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 58 Rz. 22; a. A. hingegen Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 57 FGO Rz. 7).

Auf Grund der Löschung hat zwar die am 26. August 2004 bestellte Notgeschäftsführerin ihre Vertretungsbefugnis verloren (BFH in BStBl. II 2000, 500). Dies führte aber nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens nach § 155 FGO in Verbindung mit §§ 241, 246 Zivilprozessordnung – ZPO – (s. BFH in BStBl. II 2000, 500; Drüen, a.a.O., § 58 FGO Rz. 22). Denn bereits vor der Löschung war die … Steuerberatungsgesellschaft mbH als Prozessbevollmächtigter bestellt worden, wie sich aus dem Bestellungsbeschluss vom 26. August 2004 ergibt, mit dem die durch die … Steuerberatungsgesellschaft mbH initiierte Klage fortgeführt und damit ...

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