Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtigkeit einer Einspruchsentscheidung im Verfahren der Akteneinsicht. Akteneinsichtsrecht und Steuergeheimnis bei Streitigkeiten zwischen den Miterben einer an einer Grundstücksgemeinschaft beteiligten Erbengemeinschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Einspruchsentscheidung in einem auf Akteneinsicht gerichteten Verfahren ist nichtig und beendet das Einspruchsverfahren nicht, wenn der Umfang der darin in Aussicht gestellten Akteneinsicht einen Verstoß desjenigen, der die Einsichtnahme gewährt, gegen § 355 StGB darstellen würde.

2. Es gehört zum Risiko einer Beteiligung an einer Grundstücksgemeinschaft, dass die Mitberechtigten von den persönlichen Werbungskosten Kenntnis erhalten. Ein Beteiligter muss deshalb in Kauf nehmen, dass die von ihm geltend gemachten Sonderwerbungskosten jedenfalls nicht im Einkommensteuerveranlagungsverfahren berücksichtigt werden.

3. Eine Einsichtnahme des Testamentsvollstreckers einer an einer Grundstücksgemeinschaft beteiligten Erbengemeinschaft in den zwischen dem FA und einem anderen Miterben geführten Schriftverkehr kommt nur in Betracht, wenn der Zweck der Einsichtnahme die spätere Durchführung eines Verwaltungsverfahrens in Steuersachen wäre, nicht hingegen zur Vorbereitung eines Zivilrechtsstreits gegen den Miterben.

4. Die AO sieht für das finanzamtliche Verwaltungsverfahren einen generellen Anspruch auf Gewährung von Einsicht in die Verfahrens- und Ermittlungsakten nicht vor. Doch steht dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zu, weil die Behörde nicht gehindert ist, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren.

 

Normenkette

AO § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 4 Nr. 1, § 125 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 91 Abs. 1, § 364 Abs. 1, § 5; StGB § 355 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist an der Grundstücksgemeinschaft G beteiligt, die bei dem Beklagten steuerlich geführt wird.

Zunächst bestand die Grundstücksgemeinschaft aus zwei Personen, die jeweils hälftig beteiligt waren. Dabei handelte es sich um A und B, den Vater des Klägers. Nach dem Tod von B, der am … verstarb, folgten ihm seine Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft nach, so dass neben A mit einem Anteil von ½ nunmehr C mit einem Anteil von ¼, D mit einem Anteil von 1/12, E mit einem Anteil von 1/12 und der Kläger mit einem Anteil von 1/12 an dem Grundstück beteiligt sind. C ist die Mutter des Klägers, D und E sind seine Schwestern.

Mit Schreiben vom … reichte der Kläger beim Beklagten „als Hausverwalter und Erklärungsbevollmächtigter” (Blatt 1 der Feststellungsakte des Beklagten) die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen zur Einkommensbesteuerung 2005 für die Grundstücksgemeinschaft G neben weiteren Anlagen ein. In der Anlage FB führte der Kläger unter anderem seine Schwester D als Feststellungsbeteiligte an. Sonderwerbungskosten machte er für sie in der Anlage FE 1 nicht geltend. In dem Anschreiben zur Feststellungserklärung teilte der Kläger mit, dass bisher noch kein Erbschein erteilt worden sei, die Erklärung also nur vorbehaltlich der entsprechenden Erbscheinserteilung erfolge.

Mit Schreiben vom … teilte der Kläger dann mit, dass er als von seinem Vater eingesetzter Testamentsvollstrecker handele und insbesondere das Feststellungsverfahren alleinverantwortlich betreibe, und bat den Beklagten um Übersendung von Kopien des bisherigen Schriftwechsels des Beklagten mit seiner Schwester D.

Unter dem Datum des … schrieb der Kläger dann erneut dem Beklagten und übersendete den Erbschein mit Testamentsvollstreckervermerk. Der Testamentsvollstreckervermerk ging zurück auf das gemeinschaftliche Testament der Eltern des Klägers vom …. In diesem hatte sein Vater dem Kläger für den Todesfall unter anderem die alleinige Verwaltung des Mietwohngrundstücks G übertragen. Nach dem Tod des Vaters hatte sich D dagegen gewendet, dass der Kläger aufgrund der Regelungen im Testament als Testamentsvollstrecker für das zum Nachlass gehörende Grundstück G eingesetzt wird, und hatte daher beim Amtsgericht … die Erteilung eines Erbscheins ohne Testamentsvollstreckervermerk beantragt. Das Amtsgericht … hatte jedoch ihren Antrag mit Beschluss vom … zurückgewiesen und unter dem Datum des … einen gemeinschaftlichen Erbschein erteilt. Zugleich hatte das Amtsgericht … unter anderem für das Grundstück G Testamentsvollstreckung durch den Kläger angeordnet.

Der Beklagte kam der Bitte des Klägers um Übersendung des mit seiner Schwester D geführten Schriftverkehrs unter Verweis auf § 30 AbgabenordnungAO – nicht nach. Daher beantragte der Kläger mit Schreiben vom … beim Beklagten Akteneinsicht ab dem … in die vollständige Steuerakte der Grundstücksgemeinschaft G.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom … sowohl die Übersendung des mit der Schwester der Klägers, D, geführten ...

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