Entscheidungsstichwort (Thema)

Grobe Fahrlässigkeit bei Versteuerung eines Nutzungswerts der eigengenutzten Wohnung in Veranlagungszeiträumen nach Auslaufen der sog. großen Übergangsregelung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vor dem Hintergrund, dass die Nutzungswertbesteuerung für die eigengenutzte Wohnung mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1987 weggefallen und nach der sog. großen Übergangsregelung nur noch in besonderen Ausnahmefällen weiter anzuwenden war, hätte auch ein steuerlich nicht beratener Steuerpflichtiger eingehend prüfen müssen, weshalb in der Anlage V ab 1999 ein Mietwert für die eigengenutzte Wohnung nicht mehr zu erklären war. Ihm hätte sich aufdrängen müssen, dass sich die Rechtslage ab 1999 geändert hat.

2. Erklärt der Steuerpflichtige für Veranlagungszeiträume ab 1999 den Mietwert der eigengenutzten Wohnung zusammen mit den tatsächlichen Einnahmen in einer Summe als Mieteinnahmen, so steht sein grobes Verschulden einer späteren Änderung der Einkommensteuerbescheide zu seinen Gunsten nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO entgegen.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 2; EStG 1997 § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 52 Abs. 21 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.07.2008; Aktenzeichen IX R 4/08)

BFH (Urteil vom 10.07.2008; Aktenzeichen IX R 4/08)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer eines in der D.straße … belegenen bebauten Grundstücks. In den Streitjahren vermieteten die Kläger das Erd- und Obergeschoss des Hauses; das Dachgeschoss nutzten die Kläger zu eigenen Wohnzwecken. In ihrer Einkommensteuererklärung für 1998 erklärten die Kläger hinsichtlich dieses Grundstücks Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dabei erklärten die Kläger im Hinblick auf § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 21 Satz 2 Einkommensteuergesetz alter Fassung – EStG – auch für die selbstgenutzte Wohnung im Dachgeschoss Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und dementsprechend einen Mietwert für die eigengenutzte Wohnung als Einnahmen bei diesen Einkünften.

In den Steuererklärungen für die Streitjahre 1999 bis 2002 erklärten die Kläger für das Grundstück D.straße … weiterhin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Auf die entsprechenden Anlagen V zu den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1998 bis 2002 wird Bezug genommen.

Im Jahr 2003 teilten die Kläger dem Beklagten mit, in den erklärten Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks D.straße … sei auch der Mietwert für die eigengenutzte Wohnung und seien die auf diese Wohnung entfallenden anteiligen Werbungskosten enthalten. Die Kläger beantragten insoweit, die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AbgabenordnungAO – zu ändern. Zur Begründung führten die zuvor steuerlich nicht beratenen Kläger an, ihrem Berater sei diese Tatsache bei der Überprüfung der Steuererklärungen aufgefallen. Sie, die Kläger, hätten die Steuererklärungen im Rahmen ihrer persönlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erstellt. Ein Verschulden liege zudem nicht vor, da der Beklagte seine Ermittlungspflicht verletzt habe. Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger ergänzend vor, die Erläuterungen zur Anlage V im Jahr 1999 seien missverständlich gefasst. Außerdem sei der Hinweis auf den Wegfall der Nutzungswertbesteuerung für den steuerrechtlichen Laien nicht geeignet, die zutreffenden rechtlichen Folgerungen zu treffen. Ferner könne ihnen, den Klägern, nicht vorgeworfen werden, dass sie die Hinweise in den Vordrucken und Merkblättern der Finanzverwaltung nicht beachtet oder fehlinterpretiert hätten. Des Weiteren habe der Beklagte seine Ermittlungspflichten verletzt. Es sei offenkundig gewesen, dass in den nach 1998 erklärten Mieteinnahmen der Mietwert der eigengenutzten Wohnung enthalten war.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 19. November 2003 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 4. März 2004 den Beklagten zu verpflichten, die Bescheide über Einkommensteuer für 1999 vom 14. September 2000, für 2000 vom 8. August 2001, für 2001 vom 21. August 2002 und für 2002 vom 16. Juni 2003 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Grundstück D.straße … um DM …, – (1999), um DM …, – (2000), um DM …, – (2001) und um DM …, – (EUR …, –; 2002) gemindert werden,

sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung seines Antrags auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat durfte gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die ablehnende Verfügung und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung sind recht...

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