rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld. Eintritt der Volljährigkeit während einer fünf- statt vier-monatigen Übergangszeit nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Beträgt die für die Kindergeldgewährung gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG maßgebliche Übergangszeit nicht vier, sondern der Kindergeldgewährung entgegenstehende fünf Monate, kommt es nicht darauf an, ob die Übergangszeit bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen hat, sondern einzig darauf, dass sich das Kind ab seinem Geburtstag in dieser Übergangsphase befindet.

2. Der Beginn der Übergangszeit ist im Fall der Vollendung des 18. Lebensjahres während der Übergangszeit nicht hinauszuschieben.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.04.2015; Aktenzeichen III R 54/13)

BFH (Beschluss vom 24.09.2013; Aktenzeichen III S 21/13 (PKH))

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Klägerin werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Mutter des am 5. Juli 1991 geborenen Sohnes B.. Seit Oktober 2008 übte der Sohn eine Ausbildung zum Gärtner aus. Das Ausbildungsverhältnis wurde vom Ausbildungsbetrieb zum 30. April 2009 gekündigt. Unmittelbar im Anschluss an die Kündigung meldete sich der Sohn bei der Bundeswehr. In einer e-Mail vom 30. April 2009 schrieb er:„… hiermit bitte ich um schnellstmögliche Musterung, da mich mein Ausbildungsbetrieb heute gekündigt hat. Ebenso bitte ich um einen Termin beim Wehrdienstberater bezüglich einer Ausbildung….” Im Mai 2009 lehnte das Kreiswehrersatzamt C. die Aufnahme des Sohnes in den Wehrdienst ab und empfahl eine ärztliche Behandlung. Gegen die (ablehnende) Feststellung der Wehrdienstfähigkeit erhob der Sohn Widerspruch. Nach einer erneuten Musterung berief das Kreiswehrersatzamt C. den Sohn im Juli 2009 zum 1. Oktober 2009 zum Grundwehrdienst und einem anschließenden zusätzlichen Wehrdienst von 14 Monaten ein, da der Sohn sich dazu freiwillig verpflichtet hatte.

Mit Bescheid vom 1. September 2009 hob die Beklagte die Festsetzung von Kindergeld ab dem Monat August 2009 auf. Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch und bat um Fortzahlung des Kindergeldes für die Monate August und September 2009. Am 8. September 2009 erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid, in dem sie den Antrag auf Auszahlung von Kindergeld für die Zeit ab August 2009 ablehnte.

Die Beklagte wies den Einspruch zurück. Zur Begründung führte sie an, die Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt bzw. der Beendigung der Ausbildung und der Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes habe fünf Monate betragen. Das Gesetz sehe jedoch nur eine Zwangspause von vier Monaten als unschädlich an. Eine anspruchsunschädliche Übergangszeit zwischen der Vollendung des 18. Lebensjahres und der Aufnahme des Wehrdienstes sehe das Gesetz nicht vor.

Die Klägerin trägt in der hiergegen gerichteten Klage vor, der Sohn habe bis einschließlich Juli 2009 Anspruch auf Kindergeld gehabt, weil er erst im Juli das 18. Lebensjahr vollendet habe. Die Übergangszeit, die erst ab Vollendung des 18. Lebensjahres zu laufen beginne, habe daher mit Aufnahme des Wehrdienstes im Oktober 2009 nur zwei Monate betragen. Der Sohn habe sich unmittelbar nach der Kündigung des Ausbildungsverhältnisses um eine Einberufung zum Wehrdienst bemüht und auch seine Ausbildungswilligkeit gezeigt. Die Verzögerung wegen der Gesundheitsuntersuchungen sei dem Sohn nicht anzulasten. Die Bundesagentur für Arbeit habe eine Arbeitsvermittlung abgelehnt, seitdem die Einberufung zum Wehrdienst bekannt gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 1. September 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 8. September 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass das Kindergeld für den Sohn B. der Klägerin für August und September 2009 zu zahlen ist,

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, nach dem Einkommensteuergesetz – EStG – komme es auf die Übergangzeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten an, die hier 5 Monate betragen habe. Der Gesetzgeber mache keinen Unterschied zwischen dem Ausbildungsende vor Vollendung des 18. Lebensjahres und dem Ausbildungsende nach der Vollendung des 18. Lebensjahres.

Der Klägerin ist mit Beschluss vom 26. Januar 2010 Prozeßkostenhilfe für eine noch zu erhebende Klage gewährt worden.

Das zunächst unter dem Aktenzeichen 8 K 15204/09 geführte Verfahren hat im Hinblick auf die beim Bundesfinanzhof – BFH – anhängigen Verfahren mit den Aktenzeichen III R 5/07, III R 61/07, III R 41/07 und III R 25/09 geruht.

Das Gericht hat am 16. Oktober 2012 einen Gerichtsbescheid erlassen, auf den verwiesen wird. Die Beklagte hat mündliche Verhandlung beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nic...

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