Entscheidungsstichwort (Thema)

Anscheinsbeweis. private Pkw-Nutzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die aus der allgemeinen Lebenserfahrung abgeleitete Vermutung (Anscheinsbeweis), dass ein zur Durchführung privater Fahrten geeigneter Pkw zu solchen Zwecken auch genutzt wird, kann nur durch Beweismittel erschüttert werden, die in vergleichbarer Weise wie ein Fahrtenbuch einerseits lückenlos Aufschluss über Anlass und Entfernung aller in einem bestimmten Zeitraum durchgeführten Fahrten geben und andererseits einer Verprobung auf ihre sachliche Richtigkeit hin zugänglich sind. Hierzu reicht der Vortrag, der betriebliche Pkw werde nicht für Privatfahrten genutzt, Privatfahrten würden vielmehr ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt, grundsätzlich nicht aus.

2. Der Wert der Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist – falls der Steuerpflichtige ihn nicht aus Vereinfachungsgründen selbst zugrunde legt – grundsätzlich kein geeigneter Schätzungsmaßstab für die Bemessung der unentgeltlichen Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG i. V. m. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG.

 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 10 Abs. 4 Nr. 2; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2; AO § 162

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die private Nutzung des betrieblichen Pkw der Klägerin.

Die verheiratete Klägerin wohnt gemeinsam mit ihrem Ehemann in R. Im Haushalt der Klägerin wohnte im Streitjahr 2000 u. a. auch die gemeinsame Tochter N. Diese wie auch der Ehemann der Klägerin hatten seinerzeit jeweils eigene Pkw.

Die Klägerin führt in E ein Einzelhandelsgeschäft mit Schreib- und Tabakwaren sowie einer Foto- sowie Toto-Lotto-Annahmestelle, in dem von Mitte 1997 bis September 2003 auch die Tochter als Angestellte beschäftigt war. Zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörte u. a. ein im Jahr 1997 erworbener Pkw (Brutto-Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung 35.550 DM) mit dem amtlichen Kennzeichen. Die hierauf entfallenen AfA-Beträge beliefen sich im Jahr 2000 auf 7.259 DM, die sonstigen Kosten auf 3.796,05 DM, die Kfz-Kosten insgesamt also auf 11.055,05 DM.

Die Festsetzung zur Umsatzsteuer für das Jahr 2000 erfolgte zunächst mit Bescheid vom 18. September 2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO). Der Ansatz einer unentgeltlichen Wertabgabe für die private Pkw-Nutzung unterblieb antragsgemäß.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2002 teilte das beklagte Finanzamt (FA) der Klägerin mit, dass es beabsichtige, für die nichtunternehmerische Kraftfahrzeugnutzung eine unentgeltliche Wertabgabe nach der 1 % Regelung in Höhe von 80 % des einkommensteuerlichen Wertes in Höhe von 3408 DM anzusetzen, die bei der Festsetzung bisher nicht berücksichtigt worden sei.

Dem entsprechend setzte das FA in dem gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr 2000 vom 18. Januar 2002 ausgehend von der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die nichtunternehmerische Nutzung des im Jahr 1997 angeschafften Pkw der Klägerin eine unentgeltliche Wertabgabe für sonstige Leistungen in Höhe von 3.408 DM und Umsatzsteuer hieraus in Höhe von 545,28 DM an. Der hiergegen am 24. Januar 2002 eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2002 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die am 30. Oktober 2002 erhobene Klage, die die Klägerin wie folgt begründen lässt:

Die Grundsätze des Anscheinsbeweises fänden vorliegend keine Anwendung, da der Pkw ausschließlich für betriebliche Fahrten genutzt worden sei. Unter Berücksichtigung der Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und der im Streitjahr durchgeführten regelmäßigen und unregelmäßigen betrieblichen Fahrten bleibe kein Raum für weitere Privatfahrten; zum Beleg der Richtigkeit dieser Behauptung legte die Klägerin mit der Klagebegründung ihres Prozessbevollmächtigten vom 07. November 2002 Berechnungen vor, auf die wegen aller Einzelheiten verwiesen wird. Für private Fahrten habe der Pkw des Ehemanns – ein PKW mit dem pol. Kennzeichen – zur Verfügung gestanden. Dass das Fahrzeug der Klägerin ausschließlich betrieblich genutzt worden sei, könne auch ihre Tochter bezeugen.

Die Klägerin beantragt,

den geänderten Umsatzsteuerbescheid vom 18. Januar 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2002 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die von Klägerseite vorgelegten Vergleichsberechnungen bezüglich der mit dem Betriebs-PKW rein beruflich gefahrenen Kilometer bzw. der insgesamt tatsächlich angefallenen Kosten könne nicht als Ersatz für ein fortlaufend zeitnah geführtes Fahrtenbuch herangezogen werden, da die dort aufgeführten betrieblichen Fahrten nicht durch laufende, zeitnah geführte Aufzeichnungen belegt worden seien. Darüber hinaus sei die Vergleichsberechnung bezüglich der Kosten fehlerhaft und könne daher nicht als aussagekräftiges Beweismittel dienen.

Da die Anwendung der Regelung des § ...

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