Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestechungszahlungen mit Scheck: Zuflusszeitpunkt verschiebt sich aufgrund der Nichtigkeit des Kausalgeschäfts auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Kontogutschrift. Einkommensteuer 1978 bis 1980 und 1984

 

Leitsatz (amtlich)

Werden Bestechungszahlungen von dem Bestechenden durch Hingabe eines Schecks geleistet, erlangt der Bestochene wegen der Nichtigkeit der kausalen „Unrechtsvereinbarung” aufgrund der §§ 134, 138 BGB die wirtschaftliche Verfügungsmacht über der Geldbetrag – i. S. der Befugnis zum Behaltendürfen nach Bereicherungsgrundsätzen (vgl. §§ 817 Satz 2 BGB) bzw. i.S. des tatsächlichen Vollzuges nach Schenkungsgrundsätzen (vgl. § 512 Abs. 2 BGB) – erst mit der Scheckgutschrift auf dem Konto.

Insoweit erfolgt die Behandlung abweichend von einem zahlungshalber hingegebenen Scheck, dem bei einer sofortigen Bankvorlage keine zivilrechtlichen Abreden entgegenstehen und bei dem der Zufluss deshalb bereits in der Hingabe des Schecks zu sehen ist.

 

Normenkette

EStG § 11 Abs. 1 S. 1, § 22 Nr. 3; BGB § 817 S. 2, § 518 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.03.2001; Aktenzeichen IX R 97/97)

 

Tenor

Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1980 vom 21. Januar 1991 und insoweit der Einspruchsentscheidung vom 12. Juni 1991 wird die Einkommensteuer 1980 von 92.416 DM um 2.260 DM auf 90.156 DM herabgesetzt.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen, soweit das Urteil das Streitjahr 1978 betrifft.

Der Streitwert wird auf 96.738 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

A.

Streitig ist, ob und in welcher Höhe Zuwendungen als sonstige Einkünfte der Besteuerung unterliegen.

Der Kläger war seit dem Jahr 1964 bis zum 04. November 1985 als Beamter beim Liegenschaftsamt der Stadt … tätig, zuletzt im Dienstrang eines Stadtamtsrats als Leiter des Sachgebiets „Abgabe von Grundstücken und Erbbaurechten”. Ein gegen ihn und andere Personen eingeleitetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung führte zu einem auf den Vorwurf der Bestechlichkeit beschränkten Urteil der 5. Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht (LG) … vom 22. Dezember 1988 (25) 6 KLs 26/86, durch das der Kläger wegen Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 Strafgesetzbuch –StGB–) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde; gegen den Kläger wurde der Verfall eines Geldbetrags von 112.000 DM, gegen seine Ehefrau der Verfall eines Geldbetrags von 94.000 DM angeordnet (§§ 73, 73 a StGB). Das Gericht sah es aufgrund der in der Zeit vom 19. Februar 1987 bis zum 22. Dezember 1988 an 138 Tagen durchgeführten Hauptverhandlung als erwiesen an, daß der Kläger von dem für die … als Vermittler von Baugrundstücken tätigen Grundstücksmakler … seit dem Jahr 1972 bis zum Jahr 1985 fortlaufend Zuwendungen im Wert von 268.000 DM für die Weitergabe dienstlicher Kenntnisse über Grundstücksvorgänge bei der Stadt … und die Mithilfe bei der Beschaffung von Baugrundstücken erhalten hatte. Die Zuwendungen setzen sich wie folgt zusammen:

a)

Verbilligte Verschaffung eines Baugrundstücks

16.040 DM

b)

Kostenlose Erschließung des Grundstücks

11.422 DM

c)

Preisvorteile bei der Errichtung eines Wohnhauses

159.701 DM

d)

Bargeldzuwendungen im Zusammenhang mit dem Hausbau

18.000 DM

e)

Zinsvorteile durch Stundung des Werksvertragspreises

2.700 DM

f)

Weitere Bargeldzuwendungen

19.000 DM

g)

Zuwendungen von Reisekosten (Jamaica, Istanbul, Seychellen, Fernost, Brasilien)

25.000 DM

h)

339 Bewirtungen in Lokalen

16.649 DM

Die Revisionen des Klägers und seiner Ehefrau wurden durch Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 06. November 1990 1 StR 718/89 verworfen. Das abgetrennte Verfahren wegen Steuerhinterziehung wurde nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt Strafprozeßordnung (StPO) eingestellt (Vfg. der Staatsanwaltschaft … vom 19. Dezember 1990).

Aufgrund eines Berichts vom 28. September 1986 der Steuerfahndung (Steufa), die im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft tätig geworden war, erließ der Beklagte für die Jahre 1978 bis 1984 Einkommensteuerbescheids vom 07. Dezember 1988, in denen u. a. die von … an den Kläger gemachter Zuwendungen sowie weitere Bargeldzuflüsse, deren Quelle nicht aufgeklärt werden, konnte, als sonstige Einkünfte erfaßt wurden. Die Entscheidung über die am 09. Januar 1989 rechtzeitig eingelegten Einsprüche wurde bis zum rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens zurückgestellt. Bei der Bearbeitung der Einsprüche gelangte die Rechtsbehelfsstelle des Beklagten zu der Auffassung, daß die Einkommensteuerbescheide nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben und deshalb nicht wirksam geworden seien. Die Einkommensteuerbescheide vom 07. Dezember 1988 wurden mit Bescheid vom 10. Dezember 1990 zurückgenommen und durch gleichlautende Bescheide vom 15. Januar 1991 (1978, 1979, 1981, 1982, 1984) und 21. Januar 1991 (1980, 1983) ersetzt. Durch Aufteilungsbescheide vom 04. Februar 1991 wurden die Steuerschulden dem Kläger allein zugerechn...

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