Entscheidungsstichwort (Thema)

Doppelte Haushaltsführung eines Berufssoldaten: Kürzung des Verpflegungsmehraufwands nach § 9 Abs. 4a S. 8 EStG infolge der vom Dienstherrn in der Kaserne unentgeltlich zur Verfügung gestellten Gemeinschaftsverpflegung unabhängig von der tatsächlichen Teilnahme des Soldaten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung anzusetzende Verpflegungsmehrsaufwand (§ 9 Abs. 4a S. 12 i. V. m. S. 1 bis 3 EStG) ist gem. § 9 Abs. 4a S. 8 EStG zu kürzen, wenn und soweit einem Berufssoldaten vom Arbeitgeber in der Kaserne eine Gemeinschaftsverpflegung unentgeltlich angeboten wird. Das gilt auch dann, wenn der Soldat an einzelnen Mahlzeiten der Gemeinschaftsverpflegung (im Streitfall: morgens und abends) generell tatsächlich nicht teilnimmt.

2. Die Kürzung nach § 9 Abs. 4a S. 8 EStG ist immer dann vorzunehmen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im zeitlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit oder unmittelbar während der Arbeit eine Mahlzeit zur Verfügung stellt.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 4a Sätze 8, 12, 1, 3, Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Sätze 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.07.2020; Aktenzeichen VI R 16/18)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, in welcher Höhe bei den nichtselbständigen Einkünften des Klägers Verpflegungsmehraufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten berücksichtigt werden können.

Der verheiratete Kläger ist Berufssoldat und wurde im Streitjahr 2015 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Er unterhielt in X einen gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau und seinen Kindern. Seit dem 1. Oktober 2013 ist er in Y stationiert und hat auch dort eine Wohnung.

In der ESt-Erklärung für das Streitjahr machte der Kläger u.a. Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 3.655 EUR als Werbungskosten bei seinen nichtselbständigen Einkünften geltend.

Der Kläger war vom 10. November bis 9. Dezember 2014 krank. Vom 1. Juni 2015 bis zum 13. Juli 2015 war der Kläger wegen eines Lehrgangs sowie wegen Urlaubs nicht in der Kaserne tätig. Auch vom 8. Oktober 2015 bis zum 12. November 2015 war der Kläger wegen einer Übung und sich unmittelbar anschließendem Urlaub nicht in der Kaserne anwesend. Unter Berücksichtigung der jeweils nach einmonatiger Unterbrechung neu beginnenden Dreimonatsfrist sowie der zwischenzeitlich vom Beklagten anerkannten Beträge macht der Kläger noch folgende Verpflegungsmehraufwendungen geltend:

Für den Zeitraum 10.12.2014 bis 09.03.2015:

19 Tage á 12 EUR

228 EUR

28 Tage á 24 EUR

672 EUR

abzgl. anerkannt 41 × Mittagessen á 3,00 EUR

- 123 EUR

777 EUR

Für den Zeitraum 14.07.2015 bis 13.10.2015:

25 Tage á 12 EUR

300 EUR

39 Tage á 24 EUR

936 EUR

abzgl. anerkannt 57 × Mittagessen á 3,00 EUR

- 171 EUR

1.065 EUR

Für den Zeitraum 15.11.2015 bis 15.02.2016:

11 Tage á 12 EUR

132 EUR

12 Tage á 24 EUR

288 EUR

abzgl. anerkannt 19 × Mittagessen á 3,00 EUR

- 57 EUR

363 EUR

Gesamt

2.205 EUR

Der Beklagte setzte die ESt für 2015 mit Bescheid vom 1. August 2016 fest, wobei er die Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung nur in Höhe von 519 EUR anerkannte. Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, mit dem er den Ansatz diverser vom Beklagten nicht berücksichtigter Aufwendungen als Werbungskosten begehrte.

Im Rechtsbehelfsverfahren legte der Kläger Reisekostenabrechnungen seines Arbeitgebers vor. Aus diesen ist ersichtlich, dass der Arbeitgeber, die Bundeswehr, Mahlzeiten zur Verfügung stellt. Der Kläger hat bei Inanspruchnahme eines Mittag- und Abendessens jeweils eine Zuzahlung von 3 EUR, bei Inanspruchnahme eines Frühstücks eine Zuzahlung von 1,63 EUR zu leisten. Nahm der Kläger keine Mahlzeit ein bzw. nur ein Mittagessen, wurde ihm hierfür 150 % des Sachbezugs als steuerpflichtiges Trennungsgeld ausbezahlt. Der Kläger hat im Streitjahr nur das Mittagessen in der Kaserne eingenommen.

Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache des Klägers an Amtsstelle konnten mit Ausnahme der Frage der Höhe der berücksichtigungsfähigen Verpflegungsmehraufwendungen sämtliche Streitpunkte beigelegt werden. Der Beklagte setzte – neben nunmehr unstreitig noch zu berücksichtigenden Aufwendungen – die Verpflegungsmehraufwendungen im geänderten Bescheid vom 25. Januar 2017 (Anlage zur Einspruchsentscheidung) in Höhe der Zuzahlungen des Klägers von 1.253 EUR an und wies den Einspruch im Übrigen in der Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2017 zurück. Der Abzug von Verpflegungspauschalen sei ab dem Veranlagungszeitraum 2014 nur noch möglich, soweit dem Arbeitnehmer auch tatsächlich ein Aufwand dafür entstanden sei. Werden dem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten Mahlzeiten zur Verfügung gestellt, werde der Werbungskostenabzug tageweise gekürzt, und zwar um 20% der für die 24-stündige Abwesenheit geltenden höchsten Verpflegungspauschale in Höhe von 24 EUR für ein Früh...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge