Entscheidungsstichwort (Thema)

Chinesische Limited Liability Company mit Kapitalgesellschaft vergleichbar. unbeschränkte Steuerpflicht bei langjährigem berufsbedingten überwiegenden Aufenthalt des Steuerpflichtigen ohne seine Familie in China, aber jährlichem Aufenthalt von mehr als 90 Tagen in Deutschland. Ansässigkeit nach Art. 4 Abs. 1 DBA-China und Art. 4 Abs. 2 DBA-China

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine chinesische Limited Liability Company ist mit einer Kapitalgesellschaft vergleichbar, offene und verdeckte Gewinnausschüttungen an den unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter sind daher nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG steuerbar; eine Anrechnung von chinesischer Quellensteuer nach § 32d Abs. 5 Satz 1 EStG und § 32d Abs. 5 Satz 2 EStG ist nicht vorzunehmen, wenn die Kapitalerträge in China nicht besteuert worden sind.

2. Art. 4 Abs. 1 DBA-China definiert die Voraussetzungen der Ansässigkeit nicht abkommensautonom, sondern durch ausdrückliche Anknüpfung an das innerstaatliche Recht des jeweiligen Vertragsstaats. Die Aufzählung der Kriterien, aus denen sich die Steuerpflicht ergeben kann, verdeutlicht, dass sich die unbeschränkte Steuerpflicht aus ortsbezogenen Merkmalen des nationalen Steuerrechts ableitet. Auf die tatsächliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat kommt es dagegen nicht an.

3. Eine Anwendung von Art. 4 Abs. 2 DBA-China (tie-breaker-rule) scheidet aus, wenn der Steuerpflichtige schon nach Art. 4 Abs. 1 DBA-China nur in einem Vertragsstaat ansässig ist.

4. Hat der langjährig in China berufstätige und sich deswegen überwiegend in China aufhaltende, aber regelmäßig jährlich jeweils für mehr als 90 Tage zu seiner Familie in Deutschland heimkommende Steuerpflichtige seinen Wohnsitz in Deutschland und unterliegt er damit der unbeschränkten Steuerpflicht, ist er nach Art. 4 Abs. 1 DBA-China nur im Inland und nicht gleichzeitig in China ansässig. Ausländische Bürger, die sich nur aufgrund ihrer Tätigkeit in China aufhalten, haben nach chinesischem Recht grundsätzlich keinen Wohnsitz in China, weil ihr gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht in China liegt.

5. Die unbeschränkte Steuerpflicht einer natürlichen Person in China setzt nach der vor 2019 gültigen Gesetzeslage voraus, dass sie in China entweder, in Anlehnung an das Prinzip des „domicile” aus dem Common Law nach Art. 1 Abs. 1 Alt. 1 des Individual Income Tax Law of the PRC in Verbindung mit Art. 2 der chinesischen Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (chin. EStDV; Rules for the Implementation of the Individual Income Tax Law) einen (dauerhaften) Wohnsitz (sog. Domizil) hat, oder, dass sie sich ein Jahr oder länger in China aufhält. Der Begriff Domizil ist im Sinne einer dauerhaften Absicht, in dem jeweiligen Land zu verweilen, zu verstehen, ist einem qualifizierten Wohnsitz vergleichbar und kann nur an einem Ort bestehen.

6. Natürliche Personen, die nach chinesischem Recht kein Domizil oder keinen gewöhnlichen Aufenthalt in China haben, weil sie sich weniger als 365 Tage in einem Steuerjahr in China aufhalten, sind in China nur mit ihren chinesischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig.

7. Aufgrund des Erfordernisses eines nur durch vorübergehende Abwesenheiten unterbrochenen Aufenthaltes in China von mindestens 365 Tagen können Ausländer die unbeschränkte Steuerpflicht in China durch sogenannte Unterbrechungsreisen vermeiden, in dem entweder ein Auslandsaufenthalt von mehr als 30 Tagen oder mehrere Auslandsaufenthalte von insgesamt mehr als 90 Tagen je Steuerjahr unternommen werden.

8. Zu den Anforderungen an eine „ständige Wohnstätte” im Sinne von Art. 4 Abs. 2 DBA-China.

9. Zum Vorliegen eines Wohnsitzes im Sinne des § 8 AO in Deutschland, wenn der Steuerpflichtige aufgrund seiner Berufstätigkeit sich überwiegend ohne seine Familie in China aufhält, aber die eheliche Lebensgemeinschaft trotz der beruflichen bedingten räumlichen Trennung fortbesteht, die Eheleute wichtige Feste zusammen begehen, die Ferienzeit der Kinder gemeinsam entweder in China oder in Deutschland verbringen, über größere Anschaffungen wie Immobilien gemeinsam entscheiden und jeweils gemeinsames Eigentum erwerben.

 

Normenkette

DBA-China Art. 4 Abs. 1-2, Art. 10 Abs. 1-2, Art. 24 Abs. 2; EStG § 1 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1-2, § 32d Abs. 2 Nr. 3; AO § 8

 

Tenor

1. Die Zinsbescheide vom 28.6.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2021 werden dahingehend geändert, dass Zinsen wie folgt festgesetzt werden:

  • für 2013 i.H. von 39.500 Euro (statt bisher 54.862 Euro),
  • für 2014 i.H. von 105.115 Euro (statt bisher 157.673 Euro),
  • für 2015 i.H. von 100.042 Euro (statt bisher 170.072 Euro),
  • für 2016 i.H. von 8.554 Euro (statt bisher 18.534 Euro),
  • für 2017 i.H. von 7.352 Euro (statt bisher 24.509 Euro) und
  • für 2018 i.H. von 18.614 Euro (statt bisher 62.047 Euro).

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 93,2 Prozent und der Beklagte zu 6,8 Prozent.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten v...

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