Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung von Grunderwerbsteuer

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.

3. Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 1. Juli 1997 (Urkundenrolle … Nr. …) erwarben die Antragsteller (ASt) in Miteigentum zu je ½ das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück …. Mitverkauft wurde der bei Übergabe vorhandene Heizölvorrat. Das Gebäude wird von den ASt inzwischen selbst bewohnt.

Der Kaufpreis betrug … DM. Nach § 8 des Kaufvertrages trugen die Käufer die Grunderwerbsteuer (GrESt).

Mit Bescheiden vom 7. August 1997 erließ der Antragsgegner (Ag) gegen die ASt zwei getrennte GrESt-Bescheide und setzte, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von je … DM, die GrESt auf je …– DM fest. Bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage hatte der Ag den Kaufpreis um die anteiligen Aufwendungen für den mitveräußerten Heizölvorrat gekürzt.

Gegen diese GrESt-Bescheide legten die ASt jeweils fristgerecht Einspruch ein und beantragten Aussetzung der Vollziehung. Letztere Anträge wies der Ag mit Verwaltungsakt vom 5. September 1997 ab. Hiergegen legten die ASt rechtzeitig Einsprüche ein, die der Ag mit Einspruchsentscheidung vom 29. Oktober 1997 als unbegründet zurückwies.

Mit Schriftsatz vom 28. November 1997 stellten die ASt beim Finanzgericht Baden-Württemberg – Außensenate Stuttgart – einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung tragen sie vor, mit Beschluß vom 28. Mai 1997 (III 90/91) habe das Niedersächsische Finanzgericht vor dem Hintergrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 2. Juni 1995 (2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 65) dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob bei selbstgenutztem Wohneigentum GrESt zu erheben sei.

Diese Vorlage begründe ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen GrESt-Bescheide. Denn nach der Rechtsprechung des BVerfG sei eine Aussetzung der Vollziehung auch dann zu gewähren, wenn ernste verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit eines Gesetzes erhoben würden. Die Tatsache, daß ein deutsches Finanzgericht augenscheinlich ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des derzeit geltenden GrESt-Rechts habe, reiche für die Weckung ernsthafter Zweifel aus, da die ernsthafte Möglichkeit einer Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Vorschriften bestehe. Denn das zitierte Finanzgericht habe sicher sorgfältig die Frage der Vorlage an das BVerfG geprüft.

Der Darlegung eines besonderen Interesse an der Aussetzung bedürfe es dabei nicht. Auch ein behauptetes besonderes öffentliches Interesse an einer geordneten Haushaltsführung gebiete nicht die ablehnende Bescheidung des Aussetzungsantrages. Es sei nicht abzusehen, wie das BVerfG entscheiden werde, insbesondere sei nicht abzusehen, ob dieses eine nur für die Zukunft wirksame Unvereinbarkeitserklärung ausspreche. Außerdem sei es aus rechtsstaatlicher und gesetzessystematischer Sicht nicht vertretbar, wenn bei einem Verstoß gegen einfachgesetzliche Regelungen eine Aussetzung der Vollziehung gewährt würde, wohingegen bei einem sehr viel schwereren Verstoß, nämlich gegen das Grundgesetz, Aussetzung der Vollziehung nicht gewährt würde.

Außerdem drohten ihnen, den ASt, möglicherweise irreparable Schäden in nicht unbeträchtlicher Höhe, wenn sie bei Vollziehung der GrESt-Bescheide gezwungen seien, trotz erkannter Verfassungswidrigkeit aufgrund der vorliegenden Mehrfachbesteuerung desselben Vermögens die festgesetzten Steuern zu entrichten.

Die ASt beantragen,

1. unter Aufhebung der ablehnenden Verwaltungsakte vom 5. September 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 29. Oktober 1997 die Vollziehung der Grunderwerbsteuer vom 7. August 1997 (St. Nr. 52616/75610 und 52616/75628) auszusetzen sowie hilfsweise

2. die Beschwerde zuzulassen.

Der Ag beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidungen und trägt ergänzend vor, daß, wenn eine Aussetzung der Vollziehung mit Hinweis auf die Verfassungswidrigkeit einer Norm begründet werde, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) von den Betroffenen zusätzlich ein berechtigtes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung dargetan werden müsse, da andererseits wegen der Breitenwirkung und den damit verbundenen möglichen Steuerausfällen ein öffentliches Interesse an einer geordneten Haushaltsführung bestehe, das es rechtfertige, den Rechtsschutzanspruch des Bürgers einstweilen zurückzustellen. Den ASt drohten bei Vollziehung der GrESt-Bescheide auch keine irreparablen Nachteile. Es entstünde allenfalls ein Zinsverlust, wenn es zu einer späteren Rückerstattung der GrESt käme.

Darüber hinaus bestünden auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der GrESt-Bescheide. Soweit sich der Vorlagebeschluß an das BVerfG, auf den sich die ASt berufen würden, auf bereits ergangene Entscheidungen des BVerfG beziehe, sei anzumerken, daß sich diese nur auf die steuerliche Gesamtbelas...

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