Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss von Erbschaftsteuerbefreiung für Familienunternehmen, Beschäftigung von Arbeitnehmern in einem anderen Mitgliedstaat

 

Leitsatz (amtlich)

In Ermangelung einer stichhaltigen Rechtfertigung steht Art. 43 EG einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats im Bereich der Erbschaftsteuern entgegen, die von der für Familienunternehmen vorgesehenen Befreiung von diesen Steuern Unternehmen ausschließt, die in den drei dem Tod des Erblassers vorausgehenden Jahren mindestens fünf Arbeitnehmer in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigt haben, während sie eine solche Befreiung dann gewährt, wenn die Arbeitnehmer in einer Region des erstgenannten Mitgliedstaats beschäftigt worden sind.

 

Normenkette

EGVtr Art. 43

 

Beteiligte

Geurts und Vogten

Dennis Vogten

Maria Geurts

Belgischer Staat

Administratie van de BTW, registratie en domeinen

 

Verfahrensgang

Rechtbank van eerste aanleg te Hasselt (Belgien) (Urteil vom 21.12.2005; Abl.EU 2006, Nr. C 74/3)

 

Tatbestand

„Art. 43 EG und 56 EG ‐ Nationale Steuerregelung ‐ Erbschaftsteuern ‐ Familiengesellschaft ‐ Befreiung ‐ Voraussetzungen ‐ Beschäftigung einer bestimmten Zahl von Arbeitnehmern in einer Region eines Mitgliedstaats“

In der Rechtssache C-464/05

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Rechtbank van eerste aanleg te Hasselt (Belgien) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Dezember 2005, in dem Verfahren

Maria Geurts,

Dennis Vogten

gegen

Administratie van de BTW, registratie en domeinen,

Belgische Staat

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), J. Malenovský und T. von Danwitz,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2006,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von Frau M. Geurts und Herrn D. Vogten, vertreten durch A. van Zantbeek, A. Nijs und A. Verbeke, advocaten,

‐ der belgischen Regierung, vertreten durch M. Wimmer und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte im Beistand von R. Deblauwe, C. Docclo und N. Labeeuw, advocaten,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und A. Weimar als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 15. Februar 2007

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 43 EG und 56 EG, von denen der erste die Niederlassungsfreiheit und der zweite den freien Kapitalverkehr betrifft.

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits von Frau M. Geurts und Herrn D. Vogten als gesetzliche Erben von Herrn J. Vogten gegen die Administratie van de BTW, registratie en domeinen (Verwaltung für Mehrwertsteuer, Register und Domänen, im Folgenden: belgische Steuerbehörden) wegen deren Weigerung, den Klägern eine Befreiung von der Erbschaftsteuer zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Nationales Recht

3

Nach Art. 3 der belgischen Verfassung umfasst Belgien drei Regionen: die Wallonische Region, die Flämische Region und die Brüsseler Region.

4

Nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 des Sondergesetzes über die Finanzierung der Gemeinschaften und der Regionen vom 16. Januar 1989 (Belgisch Staatsblad vom 17. Januar 1989, S. 850) in der durch das Sondergesetz über die Refinanzierung der Gemeinschaften und die Ausweitung der steuerlichen Zuständigkeiten der Regionen vom 13. Juli 2001 (Belgisch Staatsblad vom 3. August 2001, S. 26646) geänderten Fassung ist die Erbschaftsteuer der Einwohner des Königreichs Belgien eine Regionalabgabe. Gemäß Art. 4 Abs. 2 des Sondergesetzes vom 16. Januar 1989 sind die Regionen für die Festsetzung der Steuersätze und die Regelung der Befreiungen von der Erbschaftsteuer zuständig.

5

Nach Art. 1 Nr. 1 des durch die Königliche Verordnung Nr. 308 vom 31. März 1936 eingeführten Wetboek der Successierechten (Erbschaftsteuergesetzbuch) (Belgisch Staatsblad vom 7. April 1936, S. 2403), bestätigt durch das Gesetz vom 4. Mai 1936 (Belgisch Staatsblad vom 7. Mai 1936, S. 3426, im Folgenden: Erbschaftsteuergesetzbuch), wird von den Erben Erbschaftsteuer auf den gesamten Nachlass des Erblassers erhoben, der nach Abzug der Schulden verbleibt.

6

Art. 60bis des Erbschaftsteuergesetzbuchs, wie er für in der Flämischen Region angefallene Erbschaften gilt, in der durch das Decreet van het Vlaamse Parlament houdende bepalingen tot begeleiding van de begroting 1997 (Dekret des Flämischen Parlaments mit verschiedenen Begleitmaßnahmen zum Haushalt 1997) vom 20. Dezember 1996 (Belgisch Staatsblad vom 31. Dezember 1996, S. 32555) eingefügten und durch das Decreet van het Vlaamse Parlament houdende bepalingen tot begeleiding van de begroting 2000 (Dekret des Flämischen Parlaments mit verschiedenen Begleitmaßnahmen zum Haushalt 2000) vom 22. Dezember 1999 (Belgisch Staatsblad vom 30. Dezember 1999, S. 50232) geänderten Fassung bestimmt:

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