Entscheidungsstichwort (Thema)

Fusion, Spaltung, Einbringung von Unternehmensteilen, Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, Besteuerung des Wertzuwachses bei der einbringenden Gesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Die Art. 2, 4 und 9 der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sind dahin auszulegen, dass sie es in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens nicht verbieten, dass bei einer Einbringung von Unternehmensteilen bei der einbringenden Gesellschaft der Wertzuwachs aufgrund der Einbringung besteuert wird, sofern die einbringende Gesellschaft keine Rücklage in Höhe des Mehrwerts aufgrund der Einbringung in ihre Bilanz aufnimmt.

 

Normenkette

EWGRL 434/90 Art. 2, 4, 9

 

Beteiligte

3D I

3D I Srl

Agenzia delle Entrate - Ufficio di Cremona

 

Verfahrensgang

Commissione Tributaria di Milano (Urteil vom 07.04.2011; ABl. EU 2011, Nr. C 211/14)

 

Tatbestand

„Steuerrecht ‐ Richtlinie 90/434/EWG ‐ Gemeinsames Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen ‐ Art. 2, 4 und 9 ‐ Einbringung von Unternehmensteilen ‐ Besteuerung der durch die einbringende Gesellschaft anlässlich der Einbringung von Unternehmensteilen realisierten Wertzuwächse ‐ Aufschub der Besteuerung ‐ Voraussetzung, nach der zum Aufschub der Besteuerung in der Bilanz der einbringenden Gesellschaft eine dem realisierten Wertzuwachs entsprechende Rücklage auszuweisen ist“

In der Rechtssache C-207/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Commissione tributaria regionale di Milano (Italien) mit Entscheidung vom 7. April 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Mai 2011, in dem Verfahren

3D I Srl

gegen

Agenzia delle Entrate ‐ Ufficio di Cremona

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter M. Ilešič (Berichterstatter), E. Levits, J.-J. Kasel und M. Safjan,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der 3D I Srl, vertreten durch A. Fantozzi, R. Esposito und G. Mameli, avvocati,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Rossi und W. Roels als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. Juli 2012,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2, 4 und 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen (ABl. L 225, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der 3D I Srl (im Folgenden: 3D I), vormals 3D FIN Srl, und der Agenzia delle Entrate ‐ Ufficio di Cremona (im Folgenden: Agenzia delle Entrate) über deren Weigerung, die von dieser Gesellschaft infolge einer innergemeinschaftlichen Einbringung eines ihrer Teilbetriebe gezahlte Ersatzsteuer („imposta sostitutiva“) zu erstatten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 1 bis 6 der Richtlinie 90/434 heißt es:

„Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensanteilen und der Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen … dürfen nicht durch besondere Beschränkungen, Benachteiligungen oder Verfälschungen aufgrund von steuerlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten behindert werden. Demzufolge müssen wettbewerbsneutrale steuerliche Regelungen für diese Vorgänge geschaffen werden, um die Anpassung von Unternehmen an die Erfordernisse des Gemeinsamen Marktes, eine Erhöhung ihrer Produktivität und eine Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene zu ermöglichen.

Gegenwärtig werden diese Vorgänge im Vergleich zu entsprechenden Vorgängen bei Gesellschaften desselben Mitgliedstaats durch Bestimmungen steuerlicher Art benachteiligt. Diese Benachteiligung muss beseitigt werden.

Dieses Ziel lässt sich nicht dadurch erreichen, dass man die in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden nationalen Systeme auf Gemeinschaftsebene ausdehnt, da die Unterschiede zwischen diesen Systemen Wettbewerbsverzerrungen verursachen können. Nur eine gemeinsame steuerliche Regelung kann deshalb eine befriedigende Lösung darstellen.

Die gemeinsame steuerliche Regelung muss eine Besteuerung anlässlich einer Fusion, Spaltung, Einbringung von Unternehmensteilen oder eines Austauschs von Anteilen vermeiden, unter gleichzeitiger Wahrung...

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