Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuererstattung im Zusammenhang mit der Gewährung von Beihilfen, Vorsteuerabzug, Beihilfe, Subvention, Erstattung unionsrechtswidriger Abgaben

 

Leitsatz (amtlich)

Der Grundsatz, wonach Abgaben, die in einem Mitgliedstaat unter Verstoß gegen die Vorschriften des Unionsrechts erhoben wurden, zu erstatten sind, ist dahin auszulegen, dass er es diesem Staat nicht verbietet, die Erstattung des Teils der Mehrwertsteuer, dessen Abzug durch eine gegen das Unionsrecht verstoßende nationale Maßnahme verhindert wurde, mit der Begründung abzulehnen, dieser Teil der Steuer sei mit einer dem Steuerpflichtigen gewährten und sowohl von der Europäischen Union als auch von diesem Staat finanzierten Beihilfe subventioniert worden, sofern die mit der Ablehnung des Vorsteuerabzugs verbundene wirtschaftliche Belastung vollständig neutralisiert wurde; dies zu prüfen ist Sache des nationalen Gerichts.

 

Normenkette

AEUV; EGRL 112/2006

 

Beteiligte

Alakor Gabonatermelö és Forgalmazó Kft

Alakor Gabonatermelö és Forgalmazó Kft

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Észak-alföldi Regionális Adó Foigazgatósága

 

Verfahrensgang

Kuria (Ungarn) (Urteil vom 14.03.2012; ABl. EU 2012, Nr. C 243/2)

 

Tatbestand

„Unvollständige Erstattung der ohne Rechtsgrund gezahlten Mehrwertsteuer ‐ Nationale Regelung, wonach die Erstattung der Mehrwertsteuer aufgrund ihrer Abwälzung auf einen Dritten ausgeschlossen ist ‐ Ausgleich in Form einer Beihilfe, die einen Teil der nicht abzugsfähigen Mehrwertsteuer umfasst ‐ Ungerechtfertigte Bereicherung“

In der Rechtssache C-191/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Kúria (Ungarn) mit Entscheidung vom 14. März 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 23. April 2012, in dem Verfahren

Alakor Gabonatermelő és Forgalmazó Kft.

gegen

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Észak-alföldi Regionális Adó Főigazgatósága

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten G. Arestis sowie der Richter J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Alakor Gabonatermelő és Forgalmazó Kft., vertreten durch A. Nacsa, ügyvéd,

‐ Ungarns, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Soulay und A. Sipos als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Unionsrechts im Bereich der Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Alakor Gabonatermelő és Forgalmazó Kft. (im Folgenden: Alakor) und der Nemzeti Adó- és Vámhivatal Észak-alföldi Regionális Adó Főigazgatósága (Regionale Finanzdirektion Észak-alföld, die zur Nationalen Steuer- und Zollverwaltung gehört, im Folgenden: Főigazgatósága) wegen deren Weigerung, die Vorsteuer, deren Abzug unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt wurde, in vollem Umfang zu erstatten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In Regel Nr. 7 der Verordnung (EG) Nr. 448/2004 der Kommission vom 10. März 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1685/2000 der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates hinsichtlich der Zuschussfähigkeit der Ausgaben für von den Strukturfonds kofinanzierte Operationen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1145/2003 (ABl. L 72, S. 66) heißt es:

„Regel Nr. 7: Mehrwertsteuer und andere Steuern und Gebühren

1. Die Mehrwertsteuer ist keine zuschussfähige Ausgabe, es sei denn, sie wird tatsächlich und endgültig von dem Endbegünstigten oder dem Einzelempfänger im Rahmen der Beihilferegelungen gemäß Artikel 87 EG-Vertrag und im Fall der Gewährung von Beihilfen durch die von den Mitgliedstaaten benannten Stellen getragen. Rückforderbare Mehrwertsteuer ‐ auf welche Weise auch immer ‐ kann nicht als zuschussfähig angesehen werden, auch wenn der Endbegünstigte oder der Einzelempfänger sie nicht tatsächlich zurückerhält. Der öffentliche oder private Status des Endbegünstigten oder Einzelempfängers spielt keine Rolle für die Entscheidung, ob die Mehrwertsteuer nach den Bestimmungen dieser Regel eine zuschussfähige Ausgabe ist.

2. Mehrwertsteuer, die aufgrund spezifischer einzelstaatlicher Bestimmungen durch den Endbegünstigten oder Einzelempfänger nicht rückforderbar ist, ist nur dann eine zuschussfähige Ausgabe, wenn diese Bestimmungen mit der Sechsten … Richtlinie 77/388/EWG des Rates [vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie)] voll im Einklang stehen.“

Ungarisches Recht

Rz. 4

§ 38 Abs. 1 des Gesetzes LXXIV von 1992 über die Mehrwertsteuer (az...

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