Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuer auf den Verkehrswert von in Frankreich belegenen Immobilien im Besitz von juristischen Personen, Gebot der Gleichbehandlung unabhängig von der Ansässigkeit des Immobilieneigentümers, Anwendbarkeit der Amtshilferichtlinie

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Steuer auf den Verkehrswert von in Frankreich belegenen Immobilien im Besitz von juristischen Personen ist eine Steuer ähnlicher Art wie die in Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern in der durch die Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 geänderten Fassung genannten Steuern, die auf Teile des Vermögens im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie erhoben wird.

2. Die Richtlinie 77/799 in der durch die Richtlinie 92/12 geänderten Fassung, insbesondere Art. 8 Abs. 1, verbietet es nicht, dass für zwei Mitgliedstaaten ein völkerrechtliches Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Festlegung von Regeln der gegenseitigen Amtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen gilt, das für einen Mitgliedstaat eine Kategorie von Steuerpflichtigen, die einer unter diese Richtlinie fallenden Steuer unterliegen, von seinem Anwendungsbereich ausnimmt, wenn der Beschaffung oder Verwertung dieser Auskünfte durch die zuständige Behörde des auskunftgebenden Staates für ihre eigenen steuerlichen Zwecke gesetzliche Vorschriften oder ihre Verwaltungspraxis entgegenstünden, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

3. Art. 73b EG-Vertrag (jetzt Art. 56 EG) ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die in Frankreich ansässige Gesellschaften von der Steuer auf den Verkaufswert von in Frankreich belegenen Immobilien im Besitz von juristischen Personen befreien, während diese Befreiung für in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften vom Bestehen eines zwischen der Französischen Republik und diesem Staat zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht geschlossenen Amtshilfeabkommens oder davon abhängig ist, dass diese Gesellschaften aufgrund eines Staatsvertrags, der eine Bestimmung über ein Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit enthält, keiner höheren Besteuerung unterworfen werden dürfen als in Frankreich ansässige Gesellschaften, und die es der in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft nicht erlauben, Beweise vorzulegen, aus denen hervorgeht, welche natürlichen Personen ihre Anteilseigner sind.

 

Normenkette

EWGRL 799/77 Art. 1 Abs. 3, Art. 8 Abs. 1; EGV Art. 56

 

Beteiligte

Elisa

Européenne et Luxembourgeoise d’investissements SA (ELISA)

Ministère public

Directeur général des impôts

 

Verfahrensgang

Cour de Cassation (Frankreich) (Urteil vom 13.12.2005; Abl.EU 2006, Nr. C 60/19)

 

Tatbestand

„Direkte Besteuerung ‐ Steuer auf den Verkehrswert von in Frankreich belegenen Immobilien im Besitz von juristischen Personen ‐ Holdinggesellschaften luxemburgischen Rechts ‐ Ablehnung der Befreiung von der Steuer ‐ Richtlinie 77/799/EWG ‐ Nicht abschließende Aufzählung der aufgeführten Steuern und Abgaben ‐ Steuer ähnlicher Art ‐ Grenzen des Austauschs von Auskünften ‐ Zweiseitiges Abkommen ‐ Art. 73b EG-Vertrag (jetzt Art. 56 EG) ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Bekämpfung von Steuerhinterziehung“

In der Rechtssache C-451/05

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Cour de cassation (Frankreich) mit Entscheidung vom 13. Dezember 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Dezember 2005, in dem Verfahren

Européenne et Luxembourgeoise d’investissements SA (ELISA)

gegen

Directeur général des impôts,

Ministère public

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter G. Arestis (Berichterstatter), E. Juhász, J. Malenovský und T. von Danwitz,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2007,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Européenne et Luxembourgeoise d’investissements SA, vertreten durch J.-J. Gatineau, avocat,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und J.-C. Gracia als Bevollmächtigte,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch S. Spyropoulos, Z. Chatzipavlou und K. Boskovits als Bevollmächtigte,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. De Bellis, avvocato dello Stato,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und M. de Grave als Bevollmächtigte,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch V. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von T. Ward, Barrister,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und J.-P. Keppenne als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Si...

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