Entscheidungsstichwort (Thema)

Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs bei Finanzgeschäften

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei diesem Verfahren ging es um die Frage. ob Einnahmen aus Finanzanlagen bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzug nach Artikel 19 der 6. EG-Richtlinie außer Betracht bleiben können.

In dem Fall hatte die französische Finanzverwaltung festgestellt, die klagende Firma, die hauptsächlich als Grundstücksverwalterin tätig war und daneben Immobiliengeschäfte betrieb, habe Einnahmen aus Finanzgeschäften erzielt, die etwa 14 % der Gesamteinnahmen der Firma ausmachten. Da diese Einnahmen 5 % der Gesamteinnahmen des Unternehmens überstiegen, müßten sie – nach französischem Recht – bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs im Nenner berücksichtigt werden.

Nach dem Urteil sind Gelderträge, die ein Unternehmen der Immobilienverwaltung als Entgelt für die auf eigene Rechnung erfolgte Anlage von Mitteln erhält, die es von den Eigentümer oder Mietern erhalten hat, nach Artikel 19 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie in den Nenner des für die Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs verwendeten Bruchs einzubeziehen. Dies führt im Ergebnis zu einer Kürzung des Vorsteuerabzugs. Der EuGH begründet dies damit, daß Zinsen, die für die Überlassung von Kapital an ein Kreditinstitut gewährt werden, Entgelt für eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit sein können. Da diese Umsätze steuerfrei sind, müssen sie zu einer Kürzung des Vorsteuerabzugs führen.

 

Beteiligte

Régiedauphinoise – Cabinet A. Forest SARL

Ministre du Budget

 

Gründe

Urteil des Gerichtshofes

(Fünfte Kammer)

„Mehrwertsteuer – Auslegung von Artikel 19 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG – Vorsteuerabzug – Hilfsumsätze im Bereich der Finanzgeschäfte – Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs”

In der Rechtssache C-306/94

betreffend ein dem Gerichtshof gemaß Artikel 177 EG-Vertrag von der Cour administrative d'appel Lyon (Frankreich) in dem bei dieser anhängigen Rechtsstreit

Régie dauphinoise – Cabinet A. Forest SARL[1]

gegen

Ministre du Budget

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 19 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige BemessungsgrundIage (ABI. L 145, S. 1)

erläßt

Der Gerichtshof

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. A. O. Edward sowie der Richter J.-P. Puissochet, J. C. Moitinho de Almeida (Berichterstatter), C. Gulmann und M. Wathelet,

Generalanwalt: C. O. Lenz

Kanzler: L Hewlett, Verwaltungsrätin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

der Régie Dauphinoise – Cabinet A. Forest SARL, vertreten durch RechtsanwaIt J.-C. Cavaillé, Lyon,

der französischen Regierung, vertreten durch E. Belliard, Directeur adjoint bei der Direktion für rechtliche Angelegenheiten des Außenministeriums, und J.-L. Falconi, Secrétaire des affaires étrangères bei derselben Direktion, als Bevollmächtigte,

der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kontolaimos, beigeordneter Rechtsberater im Juristischen Dienst des Staates, und A. Rokofyllou, Sonderberaterin des stellvertretenden Außenministers, als Bevollmächtigte,

der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Michard und E. Traversa, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Régie Dauphinoise – Cabinet A. Forest SARL, vertreten durch die Rechtsanwälte J.-C. Cavaillé und J.-C. Bouchard, Hauts-de-Seine, der französischen Regierung, vertreten durch F. Pascal, Chargé de mission bei der Direktion für rechtliche Angelegenheiten des Außenministeriums, als Bevollmächtigter, der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kontolaimos und A. Rokofyllou, und der Kommission, vertreten durch H. Michard, in der Sitzung vom 11. Januar 1996,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Februar 1996,

folgendes

Urteil

1 Die Cour administrative d'appel Lyon hat mit Urteil vom 26. Oktober 1994, beim Gerichtshof eingegangen am 21. November 1994, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 19 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Firma Régie dauphinoise – Cabinet A. Forest (Klägerin) und dem Ministre du Budget (Finanzminister), in dem es um die Berücksichtigung von Gelderträgen aus der Geldanlagetätigkeit der Klägerin bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs geht.

3 Das Recht auf Vorsteuerabzug ist in Artikel 17 der Sechsten Richtlinie geregelt. Nach Artikel 17 A...

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