Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitlichkeit der Leistung, Hauptleistung, Nebenleistung, Unterstützung der Erzeugertätigkeit von Landwirten, Lieferung unter Darlehensgewährung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass

‐ ein Umsatz der integrierten landwirtschaftlichen Zusammenarbeit, wonach ein Wirtschaftsteilnehmer einem Landwirt Gegenstände liefert und ihm ein zum Kauf dieser Gegenstände bestimmtes Darlehen gewährt, einen einheitlichen Umsatz im Sinne dieser Richtlinie darstellt, bei dem die Lieferung der Gegenstände die Hauptleistung bildet. Die Steuerbemessungsgrundlage für diesen einheitlichen Umsatz besteht sowohl im Preis dieser Gegenstände als auch in den auf die den Landwirten gewährten Darlehen gezahlten Zinsen;

‐ der Umstand, dass ein Integrator gegenüber den Landwirten zusätzliche Dienstleistungen erbringen oder ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse käuflich erwerben kann, hat auf die Einstufung des in Rede stehenden Umsatzes als einheitlichen Umsatz im Sinne der Richtlinie 2006/112 keine Auswirkung.

 

Normenkette

EGRL 112/2006

 

Beteiligte

Stock 94

Stock ‘94 Szolgáltató Zrt

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Dél-dunántúli Regionális Adó Foigazgatósága

 

Verfahrensgang

Kúria (Ungarn) (Beschluss vom 26.03.2015; Abl.EU 2015, Nr. C 236/27)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Integrierte Zusammenarbeit ‐ Kapitalbereitstellung und Lieferung von Gegenständen des Umlaufvermögens, die für die landwirtschaftliche Erzeugung erforderlich sind ‐ Einheitliche und komplexe Leistung ‐ Unterschiedliche und unabhängige Leistungen ‐ Nebenleistung und Hauptleistung“

In der Rechtssache C-208/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Kúria (Oberster Gerichtshof, Ungarn) mit Entscheidung vom 26. März 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Mai 2015, in dem Verfahren

Stock ‘94 Szolgáltató Zrt.

gegen

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Dél-dunántúli Regionális Adó Főigazgatósága

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter), der Richterin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet, E. Levits und F. Biltgen,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Stock ‘94 Szolgáltató Zrt., vertreten durch Z. Várszegi und A. Kis, ügyvédek,

‐ der ungarischen Regierung, vertreten durch Z. Fehér, G. Koós und M. Bóra als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Havas, R. Lyal und C. Soulay als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c, Art. 14 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1, Art. 73, Art. 78 Buchst. b sowie Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Stock ‘94 Szolgáltató Zrt. und der Nemzeti Adó- és Vámhivatal Dél-dunántúli Regionális Adó Főigazgatósága (Oberfinanzdirektion der nationalen Steuer- und Zollverwaltung für die Region Südtransdanubien, Ungarn, im Folgenden: Oberfinanzdirektion) über die auf einen Umsatz der sogenannten „integrierten Zusammenarbeit“ anwendbare Mehrwertsteuerregelung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt

„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist.

Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.“

Rz. 4

Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c dieser Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer „Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt“, sowie „Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“.

Rz. 5

Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie definiert die Lieferung von Gegenständen als „die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“.

Rz. 6

Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:

„Als ‚Dienstleistung‘ gilt je...

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