Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessungsgrundlage, Nettopreisvereinbarung, Bruttopreisvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, insbesondere ihre Art. 73 und 78, ist dahin auszulegen, dass, wenn der Preis eines Gegenstands von den Vertragsparteien ohne jeglichen Hinweis auf die Mehrwertsteuer festgelegt wurde und der Lieferer dieses Gegenstands für den besteuerten Umsatz Steuerschuldner der Mehrwertsteuer ist, der vereinbarte Preis in dem Fall, dass der Lieferer nicht die Möglichkeit hat, die von der Steuerbehörde verlangte Mehrwertsteuer vom Erwerber wiederzuerlangen, so anzusehen ist, dass er die Mehrwertsteuer bereits enthält.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 73, 78

 

Beteiligte

Tulica

Corina-Hrisi Tulica und Calin Ion Plavosin

Directia Generala a Finantelor Publice Timis ¿ Serviciul Solutionare Contestatii

Agentia Nationala de Administrare Fiscala - Directia Generala de Solutionare a Contestatiilor und Directia Generala a Finantelor Publice Timis

Activitatea de Inspectie Fiscala ¿ Serviciul de Inspectie Fiscala Timis

 

Verfahrensgang

Înalta Curte de Casatie si Justitie (Rumänien) (Urteil vom 15.03.2012; ABl. EU 2012, Nr. C 243/7)

 

Tatbestand

„Steuerwesen ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 73 und 78 ‐ Von natürlichen Personen getätigte Immobiliengeschäfte ‐ Einstufung dieser Geschäfte als steuerbare Umsätze ‐ Ermittlung der geschuldeten Mehrwertsteuer, wenn die Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrags hinsichtlich dieser Steuer keinerlei Regelung getroffen haben ‐ Bestehen oder Nichtbestehen einer Möglichkeit für den Lieferer, die Mehrwertsteuer vom Erwerber wiederzuerlangen ‐ Folgen“

In den verbundenen Rechtssachen C-249/12 und C-250/12

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie (Rumänien) mit Entscheidungen vom 15. März 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Mai 2012, in den Verfahren

Corina-Hrisi Tulică

gegen

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală ‐ Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor (C-249/12)

und

Călin Ion Plavoşin

gegen

Direcţia Generală a Finanţelor Publice Timiş ‐ Serviciul Soluţionare Contestaţii,

Activitatea de Inspecţie Fiscală ‐ Serviciul de Inspecţie Fiscală Timiş (C-250/12)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der rumänischen Regierung, vertreten durch R.-H. Radu, R.-M. Giurescu und A.-L. Crişan als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Bouyon und C. Soulay als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie), insbesondere von deren Art. 73 und 78.

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen Frau Tulică und der Agenţia Naţională de Administrare Fiscală ‐ Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor (Staatliche Steuerverwaltungsagentur ‐ Generaldirektion für Rechtsbehelfsentscheidungen) sowie Herrn Plavoşin und der Direcţia Generală a Finanţelor Publice Timiş ‐ Serviciul Soluţionare Contestaţii (Generaldirektion für öffentliche Finanzen Timiş ‐ Rechtsbehelfsstelle) über die Ermittlung der geschuldeten Mehrwertsteuer, wenn die Vertragsparteien bei der Festlegung des Preises des verschafften Gegenstands hinsichtlich dieser Steuer keinerlei Regelung getroffen haben.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der siebte Erwägungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sollte, selbst wenn die Sätze und Befreiungen nicht völlig harmonisiert werden, eine Wettbewerbsneutralität in dem Sinne bewirken, dass gleichartige Gegenstände und Dienstleistungen innerhalb des Gebiets der einzelnen Mitgliedstaaten ungeachtet der Länge des Produktions- und Vertriebswegs steuerlich gleich belastet werden.“

Rz. 4

Art. 1 der Richtlinie sieht vor:

„(1) Diese Richtlinie legt das gemeinsame Mehrwertsteuersystem fest.

(2) Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist.

Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistun...

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