Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Gemeinsames Mehrwertsteuersystem. Vorsteuerabzug. Gegenstände und Dienstleistungen, die vom Steuerpflichtigen zur Herstellung von Investitionsgütern verwendet werden. Berichtigung der Vorsteuerabzüge. Pflicht zur Berichtigung der Vorsteuerabzüge, wenn dieser Steuerpflichtige in Liquidation versetzt und aus dem Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen gestrichen wird

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 184-187

 

Beteiligte

Vittamed technologijos

UAB Vittamed technologijos

Valstybinė mokesčių inspekcija

 

Verfahrensgang

Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Litauen) (Beschluss vom 28.04.2021; ABl. EU 2021, Nr. C 289/29)

 

Tenor

Die Art. 184 bis 187 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem

sind dahin auszulegen, dass

ein Steuerpflichtiger verpflichtet ist, die Vorsteuerabzüge für den Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen, die zur Herstellung von Investitionsgütern bestimmt sind, in dem Fall zu berichtigen, dass die hergestellten Investitionsgüter nicht im Rahmen steuerpflichtiger wirtschaftlicher Tätigkeiten verwendet wurden und es auch nie werden, weil der Eigentümer oder Alleingesellschafter dieses Steuerpflichtigen entschieden hat, ihn in Liquidation zu versetzen, und die Streichung dieses Steuerpflichtigen aus dem Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen beantragt wurde und erfolgt ist.Die Gründe – wie stetig zunehmende Verluste, fehlende Aufträge und Zweifel des Anteilseigners des Steuerpflichtigen an der Rentabilität der beabsichtigten wirtschaftlichen Tätigkeit –, die die Entscheidung, diesen Steuerpflichtigen in Liquidation zu versetzen, und folglich die Einstellung der beabsichtigten steuerpflichtigen wirtschaftlichen Tätigkeit rechtfertigen können, wirken sich nicht auf die Verpflichtung dieses Steuerpflichtigen aus, die betreffenden Vorsteuerabzüge zu berichtigen, sofern dieser Steuerpflichtige endgültig nicht mehr die Absicht hat, diese Investitionsgüter für steuerpflichtige Umsätze zu verwenden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Oberstes Verwaltungsgericht Litauens) mit Entscheidung vom 28. April 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Mai 2021, in dem Verfahren

UAB „Vittamed technologijos”, in Liquidation,

gegen

Valstybinė mokesčių inspekcija,

Beteiligte:

Kauno apskrities valstybinė mokesčių inspekcija,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten I. Jarukaitis sowie der Richter D. Gratsias und Z. Csehi (Berichterstatter),

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der litauischen Regierung, vertreten durch K. Dieninis und V. Kazlauskaitė-Švenčionienė als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Jokubauskaitė und L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 184 bis 187 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der UAB „Vittamed technologijos”, in Liquidation (im Folgenden: Vittamed), und der Valstybinė mokesčių inspekcija prie Lietuvos Respublikos finansų ministerijos (Staatliche Steuerinspektion beim Finanzministerium der Republik Litauen) über die Pflicht, den Vorsteuerabzug für Gegenstände und Dienstleistungen zu berichtigen, für die das Recht auf Vorsteuerabzug ausgeübt worden war und die zur Herstellung von Investitionsgütern erworben worden waren, die aber letztlich nicht für die beabsichtigte steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit genutzt wurden und auch nie dafür genutzt werden, weil der Steuerpflichtige in Liquidation versetzt und aus dem Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen gestrichen wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 167 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.”

Rz. 4

Art. 168 Buchst. a dieser Richtlinie sieht vor:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden”.

Rz. 5

Titel X Kapitel 5 („Berichtigung des Vorsteuerabzugs”) dieser Richtlinie umfasst u. a. die Art. 184, 185 und 187.

Rz....

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