Bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens muss für die 6-Jahresfrist des §6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG auf die Besitzzeit der einzelnen Gesellschafter abgestellt werden, denen der Veräußerungsgewinn zugerechnet wird. Im Falle des entgeltlichen Gesellschafterwechsels ist danach ein Gewinn aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts nicht begünstigt, soweit er auf einen Gesellschafter entfällt, der noch nicht mindestens 6 Jahre Gesellschafter gewesen ist[1]. Erfüllt z. B. nur ein Gesellschafter der Personengesellschaft die Voraussetzungen für eine personenbezogene Steuervergünstigung, z. B. nach § 6b EStG, kann durch Aufstellung einer positiven oder negativen Ergänzungsbilanz die Steuervergünstigung für jeden einzelnen Gesellschafter zutreffend berücksichtigt werden.

 
Praxis-Beispiel

Reinvestitionsrücklage

Fall 1: An der X-KG sind A als Komplementär zu 80 % und B als Kommanditist zu 20 % beteiligt. Die KG erzielt im Jahr 2022 aus dem Verkauf eines Grundstücks einen Veräußerungsgewinn von 100.000 EUR, von dem anteilig 20.000 EUR auf B entfallen. Der Veräußerungsgewinn soll auf ein in 2022 für 300.000 EUR angeschafftes Ersatzgrundstück übertragen werden. B ist erst seit 3 Jahren Gesellschafter der KG und erfüllt somit nicht die Voraussetzung der 6-Jahresfrist (§ 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG).

Lösung a): Die KG setzt das neue Grundstück in ihrer Steuerbilanz nach Übertragung des Veräußerungsgewinns mit (300.000 EUR ./. 100.000 EUR =) 200.000 EUR an.

Hinsichtlich des Mitunternehmers B wird die Gewinnübertragung in einer positiven Ergänzungsbilanz i. H. v. (20 % von 100.000 EUR =) 20.000 EUR rückgängig gemacht:

 
Aktiva Positive Ergänzungsbilanz B Passiva
Ersatzgrundstück 20.000 EUR Mehreigenkapital 20.000 EUR
  20.000 EUR   20.000 EUR

Lösung b): Die KG setzt das neue Grundstück in ihrer Bilanz mit 300.000 EUR an, überträgt also den Veräußerungsgewinn nicht. Der Komplementär A führt die Übertragung des auf ihn entfallenden Gewinns von (80 % von 100.000 EUR =) 80.000 EUR in einer negativen Ergänzungsbilanz durch:

 
Aktiva Negative Ergänzungsbilanz A Passiva
Mindereigenkapital 80.000 EUR Ersatzgrundstück 80.000 EUR
  80.000 EUR   80.000 EUR

Fall 2: A, B und C sind zu je ⅓ Gesellschafter der X-KG. Diese veräußert ein Grundstück mit einem Buchwert von 150.000 EUR für 300.000 EUR. I. H. d. aufgelösten stillen Reserven von 150.000 EUR wird in der Steuerbilanz der Gesellschaft eine § 6b-Rücklage gebildet. Gesellschafter C erfüllt die 6-Jahresfrist nicht.

Für C ist eine positive Ergänzungsbilanz aufzustellen, was dazu führt, dass C im Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung den auf ihn entfallenden Veräußerungsgewinn versteuern muss:

 
Aktiva Positive Ergänzungsbilanz C Passiva
Rücklage nach § 6b EStG 50.000 EUR Mehreigenkapital 50.000 EUR
  50.000 EUR   50.000 EUR

Die weitere buchmäßige Behandlung, d. h. die Fortentwicklung der positiven Ergänzungsbilanz des C, hängt davon ab, was mit der § 6b-Rücklage bei der KG geschieht.

Ist die in der Gesamthandsbilanz ausgewiesene § 6b-Rücklage wegen Zeitablaufs gewinnerhöhend aufzulösen, entsteht für jeden Gesellschafter ein Gesamthandsgewinn von ⅓ von 150.000 EUR = 50.000 EUR. In diesem Fall ist die in der Ergänzungsbilanz des C ausgewiesene § 6b-Rücklage gewinnmindernd aufzulösen, woraus sich für C eine Minderung seines anteiligen Gesamthandsgewinns von 50.000 EUR ergibt. Im Auflösungszeitpunkt hat C damit keinen Gesamthandsgewinn zu versteuern. Seinen anteiligen Veräußerungsgewinn von 50.000 EUR hat er ja bereits im Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung versteuert, da er die Voraussetzungen zur Bildung einer § 6b-Rücklage nicht erfüllte.

Überträgt die KG die § 6b-Rücklage auf ein neu angeschafftes begünstigtes Reinvestitionsgut, tritt an die Stelle der § 6b-Rücklage in der positiven Ergänzungsbilanz des C der nur auf C entfallende Mehrwert des neu angeschafften Wirtschaftsguts. Über die Fortentwicklung des Mehrwerts werden dem C im Vergleich zu A und B höhere AfA-Beträge oder ein niedrigerer Veräußerungsgewinn zugewiesen.

 
Praxis-Tipp

Gewinnabzug nach § 6b EStG und Kapitalkonto i. S. d. § 15a EStG

Wird das Kapitalkonto eines Kommanditisten unter Berücksichtigung einer negativen Ergänzungsbilanz, welche in Folge der Wahlrechtsausübung nach § 6b EStG aufzustellen war, negativ, sind Verluste, die zu einer Erhöhung des Negativsaldos führen, nicht ausgleichsfähig.[2]

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